Українська та зарубіжна поезія

Вірші на українській мові






Der neue Amadis, 13. Gesang 1

Inzwischen hatte der Neger vom Rausch der letzten Nacht
Sich wieder hergestellt, und grobe Anstalt gemacht,
Den Damen und Rittern, mit denen er Spab zu haben gedenket,
Die Zeit zu vertreiben. Man wurde diesesmal,
Nach einem entsetzlichen DINER im groben Spiegelsaal,
Mit einer OPERA-BUFFA von seiner Erfindung beschenket.
Denn unser Mann war alles was ihr wollt;
Er hatte ein grobes Talent zu Gastereyen und Festen,
Er machte auch Verse, so, so; sie klangen nicht zum Besten,
Doch desto besser klang sein Gold.
Man lobte an seinem Schauspiel – Verzierung und Maschinen;
Ihm kostete alles dieb nur einen Zauberschlag.
Und dab der letzte der Negern, wenn Sylphen und Gnomen ihm dienen,
Den groben Neguz selbst hierinn verdunkeln mag,
Ist keine Kunst. Die Damen und Herren erhoben
Auch seine Musik; Allein, was dies betrifft,
So konnen wir seinen Geschmack am Schwehren und Bunten nicht loben;
Uns ist er wahres Ohrengift.
Es lebe Galuppi und Hasse, und du, erzogen am Busen
Der Grazien, Sohn der Natur, mein Pergolese, du!
Dir horen, wenn du scherzest,1) entzuckt die Griechischen Musen,
Es horen, wenn du das Schwerdt im tiefzerribnen Busen
Der gottlichen Mutter beweinst,2) mitweinende Engel dir zu!
Dir, ihrem Liebling, entdeckte das grobe Geheimnib, die Herzen
Allmachtig zu ruhren, die Gottin Harmonie,
Der Einfalt hohe Kunst! Wir fuhlen wahre Schmerzen
Tief in der Brust, und wunschen ewig sie
Zu fuhlen. Dem Wilden selbst, von dessen rauher Wange
Nie sanfte Thranen gerollt, wird warm in seiner Brust;
Erstaunt erfahret er bey deinem hohen Gesange
Zum erstenmal der Thranen gottliche Lust.
Und o! wem wallet nicht, von neuen Gefuhlen umfangen,
Das Herz im Busen vor Verlangen,
Zu sterben den sussen Tod, in den dein himmlisches Lied
Den sanft entschlummernden Geist, von Engelsharfen umgeben,
Hinuber in Elysium zieht,3)
Des Weisen Uebergang zu einem bessern Leben!
In ihm, ihr Amphionen, studiert
Den hohen Geschmack, das Wahre zum ungefarbten Schonen
In edler Einfalt gepaart; die Kunst zu mahlen mit Tonen,
Die Kunst, mit starken Gefuhlen den Busen auszudehnen,
Die Kunst, die Steine beseelt, und Seelen den Leibern entfuhrt.
Seyd stolz genug, den neuen Marsyassen4)
Die eitle Kunst zu uberlassen,
Die, ahnlich einem Zauberfest,
Bey ihrem schalen Geton das Herz verhungern labt,
Die mit den Tonen spielt, wie Gaukler aus der Taschen,
Und immer blenden will und immer uberraschen.

Nach diesem Seitensprung – zu billigem Verdrub
Von jedem achten Zoilus!
Wiewohl ein solcher dafur in seinem Exemplare
(Falls er ein eignes vermag) die beleidigten Regeln und sich
Mit einem langen rachenden Strich
Versohnen kann – Sehn wir uns um nach unserm zartlichen Paare,
Das, eh der Morgen erwacht, ungleicher Erwartungen voll,
In einem Gartensaal zusammen kommen soll.

Das Schauspiel, die Abendtafel, und alles war voruber.
Auch unser Neger (der einer schonen Madam
Und vollen Flaschen gegenuber,
Zerstreut durch jene, gern von diesen zuviel bekam)
War, zwischen Seyn und Nichtseyn, nach seiner Gewohnheit, verlohren,
Zur Freude der Damen zu Bette gebracht,
Kurz, alles im Hause schlief, und lag noch auf den Ohren;
Als eine Stunde vor Auroren
Die keusche Wittwe des Tritons, mit gutem Vorbedacht
In sieben Schleyer verhullt, nach dem bestimmten Orte
Beym hellen Glanz der SPICA VIRGINIS5)
Sich ihre Fube tragen lieb.
Sie fand, wie billig, an der Pforte
Des Saals, Don Caramellen schon,
So schmuck, als weiland Seladon,
Mit offnen Armen ihrer warten.
Sie spricht: Ich dachte, mein Herr, weil’s noch in diesem Saal
Sehr dunckel ist, wir giengen hier im Garten,
Beym Sternenlicht. – Madam, ein andermal,
Wenn’s Ihnen beliebt, versetzt der Ritter; ich bitte,
Bemuhen Sie Sich in meine kleine Hutte;
Sie ist mit einem Sopha meubliert.
“Mit einem Sopha, mein Herr?” – Auf dem sich’s herrlich lieget!
Man wird so sanft darauf gewieget;
“Mein Herr, Sie haben mich zu einem Schritte verfuhrt,
Wobey ich Muhe habe, mich fur mich selbst zu halten.
Sie sehen, wie weit mein Vertrauen auf ihre Weisheit geht!”
Ich kenne (versetzt der Ritter) und ehre die Majestat
Von Ihrer Tugend, Madam, sie soll bey Ihrem alten
Blaubartigen Triton nicht besser versorgt gewesen seyn!
Geruhen Sie alle Scrupel fur uberflubig zu halten.
Ein anders war es vielleicht bey Ihrem Boreas;
Da mochte sie in Gefahr bruskiert zu werden schweben;
Allein – “dieb, spricht sie, ist es eben
Was, Ihnen den wahren Schlussel zu meinem Betragen zu geben,
Dieb TÊTE-À-TÊTE mir abgenothigt hat.”
Ich bitte Sie, schonste Prinzessin, kein Wort hievon zu verliehren!
Wo niemand klagt, findt keine Vertheidigung statt.
Sie sind in dem Alter, Madam, sich selber zu regieren,
Wer hat ein Recht zu fragen: was machen Sie da?
Und konnt’ ich allenfalls, durch das, was jungst geschah,
Beleidigt scheinen, – so ist, ich schwor es bey allen Kreisen
Des Ptolemaischen Himmels,6) ein einzig Mittel nur,
Mir ihre Unschuld zu beweisen.
“Und welches?” – fragt die sanfte Creatur
Mit lispelndem Ton – Madam, mich kurz zu fassen,
Es ist, auf diesen Sopha sich gnadigst niederzulassen;
“Ich sehe nicht, mein Herr, was dieb beweisen kann;
Doch, Ihnen gefallig zu seyn, da bin ich,” – Reizende Gute!
Wie sehr verbinden Sie mich! In diesem Augenblick
Wird alles Vergangne zum Traum. Der must’ ein doppelter Scythe,
Ein Caraibe seyn, aus einem knotichten Stuck
Brasilien-Holz gemacht, der sich, so nah bey Ihnen
Auf einem elastischen Sopha, vom Morgenstern beschienen,
Nicht sehnte, den leisesten Wunsch gereizter Rachbegier
Zu Ihren Fuben auszuhauchen.
“Wie, Caramell! (spricht die Dame) Sie sprechen so mit mir?
Vergessen Sie nicht, mein Herr, in ihren Reden hinfur
Ein wenig mehr Respect zu gebrauchen!”
Allein Herr Caramell, wenig durch diese Grimasse geschreckt,
Erwiedert: die seltsame Fordrung! Sie scherzen, Princessin! Respect?
Respect von einem Verehrer, der, auf die Folter gestreckt,
Zu ihren Fuben liegt? – Sie wissen am besten, wie brunstig
Wie lange Sie Caramell liebt! Itzt ist das Gluck ihm gunstig;
Was war’ er, Schonste? Sie Selbst, was dachten Sie von ihm,
Wofern er, wie ein Thor, die schonste der Morgenstunden
Entschlupfen liebe? – “Mein Herr, Sie werden ungestum!
Verwegner, was haben Sie je in meinem Betragen gefunden,
Das eine Sprache wie diese” – Princessin, fallt er ein,
Ich bitte, zwingen Sie mich nicht, indiscret zu seyn:
Nichts vom Vergangnen zu sagen (ich will Sie Boreassen,
Und Ihren Wassermann selbst ganz gern vergessen lassen)
Allein, ich weib es, Sie lieben den schonen Amadis;
Sie haben sich ihm zur Dankbarkeit verbunden;
Der Stand, worinn Sie ihn gefunden,
Ein Stand, der blodern Nymphen die Augen schliessen hieb,
Die Gunst, die ihre Hand ihn damals fuhlen lieb,
Dieb nennt man Proben, die keinen Zweifel erlauben.
Sie sehen, Erlautrungen waren bey mir nicht angewandt.
Was brauchen Sie das? Ist Ihnen mein Herz nicht langst bekannt?
Ich will von Allem nichts zu Ihrem Nachtheil glauben,
Doch, sprechen Sie Selbst, verdient so viel Ergebenheit
An ihrer Seite nicht ein wenig Dankbarkeit?

Die Dame seufzt, und schwieg, und fiel in tiefe Gedanken,
Ihr labt, um Kleinigkeiten zu zanken,
Ja, nur zu sich selber zu kommen, der Grausame keine Zeit;
Doch endlich erkennt er es fur seine Schuldigkeit,
Wir wissen nicht wofur Sich bey ihr zu bedanken.

Zum Ungluck stieb unmittelbar
An eben diesen Saal, worinn wir Schatulliosen
Beschafftigt sehen, die Zweifel des Ritters aufzulosen,
Ein kleines BOUDOIR an, das ihnen unbekannt war,
Und – rathet, wer darinn gewesen?

Wer anders als Amadis selbst? – Das war ein hablicher Streich!
So geht’s wenn man vergibt, dab Wande Ohren haben!
Der naseweise Gnom von einem Edelknaben
War einzig Schuld daran! – Nun denket selbst, wie euch
Bey einer solchen Verhandlung der dritte Mann gefiele?
Sie wubten zwar von nichts, und glucklich war’s fur sie;
Doch Amadis, dessen Rolle bey diesem Freudenspiele
Die angenehmste nicht war; fand desto grossere Muh,
Sich selbst in Fassung zu halten. Schon gab er dem raschen Triebe
Der zornigen Seele Gehor, dem Ruf beleidigter Liebe;
Schon wollt’ er den Degen ziehen, und hatte durch Einen Streich
Zwoo schuldige Seelen zugleich
Dem Orkus zugesendet – –
Allein, erschrecket nicht! die Gefahr ist nicht so grob;
Denn da er ziehen will, so war sein Degen entwendet.
Das hatte der schelmische Gnom aus schlauer Vorsicht gethan,
Den Spab dadurch vollstandiger zu machen.
“Wie lustig wird es seyn (er mubte zum voraus lachen)
Wenn Amadis, schnaubend und roth wie ein gereizter Hahn,
Sein Eisen ziehn will, und nicht kann!”

In Fallen dieser Art kommt einem Bidermann
Sein Seneca vortrefflich zu statten.
Da fangt man mit sich selbst zu raisonnieren an:
“Welch habliches Ding um den Zorn! – Er ist der schonen Natur
Zuwider, ist ungrobmuthig, ist schadlich, ficht mit Schatten,
Haut in die Luft, und trifft sich selber nur.
Unmoglich ist’s, ihn mit der Weisheit zu gatten.
Ein Weiser sollte den Thoren, den Wurm, die Mucke, die ihn
Gestochen hat, mit seinem Zorne beehren?
Ihn sollten Dinge, die nicht zu seinem Wesen gehoren,
In seiner hohen Ruhe storen,
Und aus sich selbst heraus in ihren Wirbel ziehn?”
Dergleichen prachtige Phrasen philosophierte der Ritter
Sich selber vor, so wie sich das Ungewitter
In seinem Blute zertheilte; – und merkten wir’s nicht an,
So dachte wohl kein Mensch daran,
Dab sieben Achtel davon dem kleinen Gnomen gehoren.
Er endigt endlich damit, fur einen Phantasten den Sohn
Von seinem Vater, die Dame und ihren Endymion7)
Unwurdig seines Zorns zu erklaren;
Und da ihn beydes spornt, aus diesem verhabten Schlob
Sich auf der Stelle zu verbannen:
So schleicht er leise sich fort, besteigt sein edles Rob,
Und reitet unmuthsvoll den groben Trott von dannen.

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Der neue Amadis, 13. Gesang 1 - CHRISTOPH MARTIN WIELAND