Українська та зарубіжна поезія

Вірші на українській мові






Oberon, 9. Gesang 3

Denn, wie sie Hand in Hand nun wieder
Hervor gehn aus der Zell’, und ihre Augenlieder
Erheben – Gott! was fur ein Anblick stellt
Sich ihren Augen dar! In welche fremde Welt
Sind sie versetzt! Verschwunden, ganz verschwunden
Ist ihr Elysium, der Hain, die Blumenflur.
Versteinert stehn sie da. Ist’s moglich? Keine Spur,
Sogar die Statte wird nicht mehr davon gefunden!

Sie stehn an eines Abgrunds Rand,
Umringt, wohin sie schaudernd sehen,
Von uberhangenden gebrochnen Felsenhohen;
Kein Graschen mehr, wo einst ihr Garten stand!
Vernichtet sind die lieblichen Gebusche,
Der dunkle Nachtigallenwald
Zerstort! Nichts ubrig, als ein grabliches Gemische
Von schroffen Klippen, schwarz, und od’, und ungestalt!

Zu welchen neuen Jammerscenen
Bereitet sie dieb grause Schauspiel vor?
Ach, rufen sie, und heben, schwer von Thranen,
Den kummervollen Blick zum heil’gen Greis empor:
“Ihm wurde dieb Gebirg in Fruhlingsschmuck gekleidet,
Dieb Eden Ihm gepflanzt; um Seinetwillen nur
Genossen wir’s; und Schicksal und Natur
Verfolgen uns aufs neu’, so bald er von uns scheidet!”

Ich bin gefabt, ruft Rezia, und schlingt
Ein Ach zuruck das ihrer Brust entsteiget.
Ungluckliche! der Tag, der all dieb Ungluck bringt,
Hat dir noch nicht das schrecklichste gezeiget!
Sie eilt dem Knaben zu, den sie vor kurzem, sub
Noch schlummernd, (wie sie glaubt) verlieb!
Er ist ihr letzter Trost; des Schicksals hartsten Schlagen
Geht sie getrost, mit ihm auf ihrem Arm, entgegen.

Sie fliegt dem Lager zu, wo er
An ihrer Seite lag, und, wie vom Blitz getroffen,
Schwankt sie zuruck – der Knab’ ist weg, das Lager leer.
“Hat er sich aufgerafft? Fand er die Thure offen
Und suchte sie? O Gott! wenn er verungluckt war’?
Entsetzlich! – Doch vielleicht hat um die Hutte her,
(So denkt sie zwischen Angst und Hoffen)
Vielleicht im Garten nur der Kleine sich verloffen?”

Im Garten? ach! der ist nun felsiger Ruin!
Sie sturzt hinaus, und ruft mit bebenden Lippen
Den Knaben laut beym Nahmen, suchet ihn
Ringsum, mit Todesangst, in Hohlen und in Klippen.
Der Vater, den ihr Schreyn herbey gerufen, spricht
Umsonst den Trost ihr zu, woran’s ihm selbst gebracht:
“Er werde sich gewib in diesen Felsgewinden
Gesund und frisch auf einmahl wieder finden.”

Zwey Stunden schon war alle ihre Muh
Vergeblich. Ach! umsonst, laut rufend, irren sie
Tief im Gebirg umher, besteigen alle Spitzen,
Durchkriechen alle Felsenritzen,
Und lassen sich, um wenigstens sein Grab
Zu finden, kummervoll in jede Kluft hinab:
Ach! keine Spur von ihm entdeckt sich ihrem Blicke,
Und von den Felsen hallt ihr eigner Ton zurucke.

Das Unbegreifliche des Zufalls, dab ein Kind
Von seinem Alter sich verliere,
An einem Ort, wo weder wilde Thiere
Noch Menschen (wilder oft als jene) furchtbar sind,
Mehrt ihre Angst; doch nahrt es auch ihr Hoffen:
“Es kann nicht anders seyn, er hat sich nur verloffen,
Und schlief vielleicht auf irgend einem Stein
Vom Wandern mud’, in seiner Unschuld ein.”

Aufs neue wird der ganze Felsenrucken,
Wird jeder Winkel, jeder Strauch
Der ihn vielleicht versteckt, durchsucht mit Falkenblicken.
Die Unruh treibt sogar, wie unwahrscheinlich auch
Die Hoffnung ist ihn dort lebendig aufzuspuren,
Sie bis zum Strand herab, wo, unter dem Gemisch
Von aufgethurmtem Sand und sumpfigem Gebusch,
Sie endlich unvermerkt einander selbst verlieren.

Auf einmahl schreckt Amandens Ohr
Ein ungewohnter Ton. Ihr daucht, es glich dem Schalle
Von Stimmen. Doch, weil’s wieder sich verlor,
Und sie bey einem Wasserfalle,
Der mit betaubendem Getose ubern Rand
Von einem hohen Felsenbogen
Herunter sturzt, sich ziemlich nah befand,
Glaubt sie, sie habe sich betrogen.

Ihr schwanet nichts von groberer Gefahr,
Ihr einziger Gedank’ ist ihres Sohnes Leben:
Und plotzlich, da sie kaum um einen Hugel, neben
Dem Wasserfall, herum gekommen war,
Sieht sie, besturzt, von einer rohen Schaar
Schwarzgelber Manner sich umgeben,
Und hinter einem hohen Riff
Erblickt sie in der Bucht ein ankernd Ruderschiff.

Sie hatten kurz zuvor, um Wasser einzunehmen,
Vor Anker hier gelegt, und waren noch damit
Beschaftigt: als, mit schnell gehemmtem Schritt,
Auf einmahl eine Frau vor ihre Augen tritt,
Gemacht beym ersten Blick die schonsten zu beschamen.
Erstaunen schien sie alle schier zu lahmen,
An diesem oden Ort, den sonst der Schiffer fleucht,
Ein junges Weib zu sehn, die einer Gottin gleicht.

Der Schonheit Anblick macht sonst rohe Seelen milder,
Und Tieger schmiegen sich zu ihren Fuben hin:
Doch diese fuhlen nichts. Ihr stumpfer Raubersinn
Berechnet sich den Werth der schonsten Frauenbilder
(Von Marmor oder Fleisch, gleich viel!) mit kaltem Blut
Blob nach dem Marktpreis, just wie andres Kaufmannsgut.
Hier, ruft der Hauptmann, sind zehn tausend Sultaninen
Mit Einem Griff, so gut wie hundert, zu verdienen.

Auf, Kinder, greifet zu! So ein Gesicht wie dieb
Gilt uns zu Tunis mehr als zwanzig reiche Ballen:
Der Konig, wie ihr wibt, liebt solche Nachtigallen;
Und dieser wilden hier gleicht von den Schonen allen
In seinem Harem nichts. Ihr reicht Almansaris,
Die Konigin, so schon sie ist, gewib
Das Wasser kaum. Wie wird der Sultan brennen!
Der Zufall hatt’ uns traun! nicht besser fuhren konnen.

Indeb der Hauptmann dieb zu seinem Volke sprach,
Steht Rezia, und denkt zwey Augenblicke nach
Was hier zu wahlen ist. “Sind diese Leute Feinde,
So hilft die Flucht mir nichts, da sie so nahe sind:
Vielleicht dab Edelmuth und Bitten sie gewinnt.
Ich geh’ und rede sie als Freunde,
Als Retter an, die uns der Himmel zugesendet.
Vielleicht ist’s unser Gluck, dab sie hier angelandet.”

Dieb denkend, geht, mit unschuldsvoller Ruh
Im offnen Blick, und mit getrosten Schritten,
Das edle schone Weib auf die Korsaren zu:
Allein sie bleiben taub bey ihren sanften Bitten.
Die Sprache, die zu allen Herzen spricht,
Ruhrt ihre eisernen entmenschten Seelen nicht.
Der Hauptmann winkt; sie wird umringt, ergriffen,
Und alles lauft und rennt, die Beute einzuschiffen.

Auf ihr erbarmliches Geschrey,
Das durch die Felsen hallt, fliegt Huon voller Schrecken
Den Wald herab, zu ihrer Hulf’ herbey.
Ganz auber sich, so bald ihm was es sey
Die Baume langer nicht verstecken,
Ergreift er in der Noth den ersten knot’gen Stecken
Der vor ihm liegt, und sturzt, wie aus der Wolken Schoob
Ein Donnerkeil, auf die Barbaren los.

Sein holdes Weib zu sehn, die mit blutrunst’gen Armen
Sich zwischen Raubertatzen straubt,
Der Anblick, der zu Tiegerwuth ihn treibt,
Macht bald den Eichenstock in seiner Faust erwarmen.
Die Streiche fallen hageldicht
Auf Kopf’ und Schultern ein mit sturzendem Gewicht.
Er scheint kein Sterblicher; sein Auge spritzet Funken,
Und sieben Mohren sind schon vor ihm hingesunken.

Besturzung, Scham und Grimm, von einem einz’gen Mann
Den schonen Raub entrissen sich zu sehen,
Spornt alle andern an, auf Huon los zu gehen,
Der sich, so lang’ er noch die Arme regen kann,
Unbandig wehrt; bis, da ihm im Gedrange
Sein Stock entfallt, die uberlegne Menge
(Wiewohl er rasend schlagt und stobt und um sich beibt)
Ihn endlich ubermannt und ganz zu Boden reibt.

Mit einem Schrey gen Himmel sinkt Amande
In Ohnmacht, da sie ihn erwurgt zu sehen glaubt.
Man schleppt sie nach dem Schiff, indeb das Volk am Strande
Auf den Gefallnen sturmt, und tobt und Rache schnaubt.
Ihm einen schnellen Tod zu geben,
War’s auch der blutigste, daucht sie Gelindigkeit:
Nein, ruft der Hauptmann aus, um desto langre Zeit
Der Tode grausamsten zu sterben, soll er leben!

Sie schleppen ihn tief in den Wald hinein,
So weit vom Strand, dab auch sein lautstes Schreyn
Kein Ohr erreichen kann, und binden ihn mit Stricken
Um Arm und Bein, um Hals und Rucken,
An einen Baum. Der Unglucksel’ge blickt
Zum Himmel auf, verstummend und erdruckt
Von seines Elends Last; und laut frohlockend fahren
Mit ihrem schonen Raub nach Tunis die Barbaren.

1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (1 votes, average: 5,00 out of 5)

Oberon, 9. Gesang 3 - CHRISTOPH MARTIN WIELAND