Українська та зарубіжна поезія

Вірші на українській мові






Oberon, 8. Gesang 2

27 Dann hort’ auch wohl sein halb entschlummert Ohr,
Mit schauerlicher Lust, tief aus dem Hain hervor,
Wie Engelsstimmen sanft zu ihm heruber hallen.
Ihm wird als fuhl’ er dann die dunne Scheidwand fallen,
Die ihn noch kaum von seinen Lieben trennt;
Sein Innres schliebt sich auf, die heil’ge Flamme brennt
Aus seiner Brust empor; sein Geist, im reinen Lichte
Der unsichtbaren Welt, sieht himmlische Gesichte.
28 Sie dauern fort, auch wenn die Augen sanft betaubt
Entschlummert sind. Wenn dann die Morgensonne
Den Schauplatz der Natur ihm wieder aufschliebt, bleibt
Die vorige Stimmung noch. Ein Glanz von Himmelswonne
Verklaret Fels und Hain, durchschimmert und erfullt
Sie durch und durch; und uberall, in allen
Geschopfen, sieht er dann des Unerschaffnen Bild,
Als wie in Tropfen Thau’s das Bild der Sonne, wallen.
29 So fliebt zuletzt unmerklich Erd’ und Himmel
In seinem Geist in Eins. Sein Innerstes erwacht.
In dieser tiefen Ferne vom Getummel
Der Leidenschaft, in dieser heil’gen Nacht
Die ihn umschliebt, erwacht der reinste aller Sinne
Doch – wer versiegelt mir mit unsichtbarer Hand
Den kuhnen Mund, dab nichts unnennbars ihm entrinne?
Verstummend bleib’ ich stehn an dieses Abgrunds Rand.
30 So war der fromme Greis, vor dem mit Kindestrieben
Amanda niederfiel. Auch Er, so lang’ entwohnt
Zu sehn, wornach das Herz sich doch im stillen sehnt,
Ein menschlich Angesicht – erlabt nun an dem lieben,
Herzruhrenden, nicht mehr gehofften Anblick sich,
Und druckt die sanfte Hand der Tochter vaterlich,
Umarmt den neuen Sohn zum zweyten Mahl, und blicket
Sprachlosen Dank zu dem, der sie ihm zugeschicket;
31 Und fuhrt sie ungesaumt nach seiner Ruhestatt,
Zu seinem Quell, in seine Gartenlauben,
Bedeckt mit goldnem Obst und groben Purpurtrauben,
Und setzt sie in Besitz von allem was er hat.
Natur, spricht er, bedarf weit minder als wir glauben;
Wem nicht an wenig g’nugt, den macht kein Reichthum satt:
Ihr werdet hier, so lang’ die Prufungstage wahren,
Nichts wunschenswurdiges entbehren.
32 Er sagte dieb, weil ihm der erste Blick gezeigt
Was er nicht fragen will und Huon ihm verschweigt.
Denn beide, hatte gleich das Elend ihre Bluthe
Halb abgestreift, verriethen durch Gestalt
Und Sinnesart, wo nicht ein koniglich Geblute,
Doch sichrer einen Werth, dem selbst die Allgewalt
Des Glucks nichts rauben kann vom reinen Vollgehalt
Der innern angebornen Gute.
33 Schon dreymahl wechselte der Tag sein herbstlich Licht,
Seit diese Freystatt sie in ihrem Schoobe heget,
Und beide konnen noch sich des Gedankens nicht
Entschlagen, dab der Greis, der sie so freundlich pfleget,
Kein wahrer Greis, dab er ein Schutzgeist ist,
Vielleicht ihr Oberon selbst, der ihres Fehls vergibt,
Und, da sie schwer genug (daucht sie) dafur gebubet,
Bald wieder glucklich sie zu machen sich entschliebet.
34 Nun schwindet zwar allmahlich dieser Wahn,
Und ach! mit ihm stirbt auch, nicht ohne Schmerzen,
Die Hoffnung die er nahrt; doch schmiegen ihre Herzen
Sich an ein Menschenherz nur desto starker an.
Es war so sanft das Herz des guten Alten,
So zart sein Mitgefuhl, sein innrer Sinn so rein,
Unmoglich konnten sie sechs Tage um ihn seyn
Und langer sich vor ihm verborgen halten.
35 Der junge Mann, im Drang der Dankbarkeit
Und des Vertrau’ns, (zumahl da ihn zu fragen
Sein Wirth noch immer saumt) eroffnet ungescheut
Ihm seinen Nahmen, Stand, und was, seit jener Zeit,
Da er zu Montlery des Kaisers Sohn erschlagen,
Bis diesen Tag mit ihm sich zugetragen;
Durch welchen Auftrag Karl den Tod ihm zugedacht,
Und wie er glucklich ihn mit Oberons Schutz vollbracht;
36 Und wie in einem Traum die Liebe sich entsponnen,
Die ihn beym ersten Blick mit Rezia vereint;
Wie er mit ihr aus Babylon entronnen,
Und das Verbot, das sein erhabner Freund
Ihm auferlegt, und wie, so bald er dessen
In einem Augenblick von Liebesdrang vergessen,
Die ganze Natur sich gegen sie emport
Und ihres Schutzers Huld in Rache sich verkehrt.
37 Wohl, spricht der edle Greis, wohl dem, den sein Geschick
So liebreich, und zugleich so streng, als dich, erziehet,
Den kleinsten Fehltritt ihm nicht straflos ubersiehet,
Wohl ihm! denn ganz gewib, das reinste Erdengluck
Erwartet ihn. Auf Herzen wie die euern
Zurnt Oberon nicht ewig. Glaube mir,
Mein Sohn, sein Auge schwebt unsichtbar uber dir;
Verdiene seine Huld, so wird sie sich erneuern!
38 Und wie verdien’ ich sie? mit welchem Opfer still’
Ich seinen Zorn? fragt Huon rasch den Alten;
Ich bin bereit, es sey so schwer es will!
Was kann ich thun? – Freywillig dich enthalten,
Antwortet ihm Alfons; was du gesundigt hast
Wird dadurch nur gebubt. – Der junge Mann erblabt.
Ich fuhl’ es, spricht der Greis mit sanft errothender Wange;
Allein, ich weib von wem ich es verlange!
39 Ein edles Selbstgefuhl ergreift den jungen Mann:
“Hier hast du meine Hand!” Mehr ward kein Wort gesprochen.
Und wohl ihm, der, nach mehr als hundert Wochen,
Sich selbst das Zeugnib geben kann,
Er habe sein Gelubde nicht gebrochen!
Es war der schonste Sieg den Huon je gewann.
Doch hat er oft die Furcht vorm Alten zu errothen,
Oft Rezia’s standhaftem Ernst vonnothen.
40 Nichts unterhalt so gut (versichert ihn der Greis)
Die Sinne mit der Pflicht im Frieden,
Als fleibig sie durch Arbeit zu ermuden;
Nichts bringt sie leichter aus dem Gleis
Als mub’ge Traumerey. Um der zuvor zu kommen,
Wird ungesaumt, so bald der Tag erwacht,
Die scharfe Axt zur Hand genommen,
Und Holz im Hain gefallt bis in die dunkle Nacht.
41 Noch eine Hutte fur Amanden aufzurichten,
Und Dach und Wande wohl mit Leim und Moos zu dichten,
Dann zum Kamin, der immer lodern mub,
Und fur den Herd, den nothigen Überflub
Von fettem Kien und klein gespaltnen Fichten
Hoch an den Wanden aufzuschichten,
Dieb und viel andres giebt dem Prinzen viel zu thun:
Allein es hilft ihm Nachts auch desto besser ruhn.
42 Zwar Anfangs will es ihm nicht gleich nach Wunsch gelingen,
Die Holzaxt statt des Ritterschwerts zu schwingen;
Die ungewohnte Hand greift alles schwerer an,
Und in der halben Zeit hatt’ es ein Knecht gethan.
Doch taglich nimmt er zu, denn Übung macht den Meister;
Und fuhlt er dann und wann sich dem Erliegen nah,
So wehet der Gedank’, es ist fur Rezia,
Sein Feuer wieder an, und starkt die matten Geister.
43 Indessen Huon sich im Wald ermudet, pflegt
Der edle Greis, der mit noch festem Tritte
Die schwere Last von achtzig Jahren tragt,
Der Ruhe nicht; nur dab er von der Hutte
Sich selten weit entfernt. Kein heitrer Tag entflieht,
Der nicht in seinem lieben Garten
Ihn dieb und das zu thun beschaftigt sieht.
Amandens Sorge ist des kleinen Herds zu warten.
44 Da sahe man (wiewohl, wenn Engel nicht
Mit stillem Blick ihr Ebenbild umweben,
Wer sieht sie hier?) mit heiterm Angesicht,
Auf dem die Sorgen nur wie leichte Wolkchen schweben,
Die Konigstochter gern sich jeder niedern Pflicht
Der kleinen Wirthschaft untergeben:
Auch was sie nie gekannt, viel minder je gethan,
Wie schnell ergreift sie es, wie steht ihr alles an!
45 Oft schurzt sie, ohne mindsten Harm
Dab ihre zarte Haut den schonen Schmelz verliere,
Beym Wassertrog, vor ihrer Huttenthure,
Den schlanken schwanenweiben Arm.
Die Freud’ (ihr suber Lohn) den vaterlichen Alten
Und den geliebten Mann in einem Stand zu halten,
Der von dem Druckendsten der Armuth sie befreyt,
Veredelt, wurdigt ihr des Tagwerks Niedrigkeit.
46 Und sieht sie dann (auch Er ist jener Engel einer)
Der heil’ge Greis, der von der Arbeit kehrt,
Und segnet sie: o dann ist ihre Freude reiner
Und inniger, als wurd’ ihr dreymahl mehr verehrt
Als sie zu Bagdad lieb. Wenn dann bey Sternenlichte
Die Nacht sie alle drey am Feuerherd vereint,
Und auf Amandens lieblichem Gesichte,
Das halb im Schatten steht, die Flamme wiederscheint:
47 Dann ruht, mit stillem liebevollen
Entzuckten Blick, der junge Mann auf ihr,
Und seine Seele schwillt, und sube Thranen rollen
Die dunkle Wang’ herab. Tief schweiget die Begier!
Sie ist ein uberirdisch Wesen
Das ihm zum Trost erscheint – er ist begluckt genug
Dab er sie lieben darf, und o! in jedem Zug,
In jedem keuschen Blick, dab er geliebt ist, lesen!
48 Oft sitzen sie, der fromme freundliche Greis
In ihrer Mitt’, Amanda seine rechte
In ihrer linken Hand, und horen halbe Nachte
Ihm zu, von seiner langen Lebensreis’
Ein Stuck, das ihm lebendig wird, erzahlen.
Vom Antheil, den die warmen jungen Seelen
An allem nehmen, wird’s ihm selber warm dabey,
Dann werden unvermerkt aus zwey Geschichten drey.
49 Zuweilen, um den Geist des Trubsinns zu beschworen,
Der, wenn die Flur in dumpfer Stille trau’rt,
Im Schneegewolk mit Eulenflugeln lau’rt,
Labt Huon seine Kunst auf einer Harfe horen,
Die er von ungefahr in einem Winkel fand,
Lang’ ungebraucht, verstimmt, und kaum noch halb bespannt:
Doch scheint das schnarrende Holz von Orfeus Geist beseelet,
So bald sich Rezia’s Gesang mit ihm vermahlet.
50 Oft lockte sie ein heller Wintertag,
Wenn fern die See von strenger Kalte rauchte,
Der blendend weibe Schnee dicht auf den Bergen lag,
Und itzt die Abendsonn’ ihn wie in Purpur tauchte,
Dann lockte sie der wunderschone Glanz
Im reinen Strom der kalten Luft zu baden.
Wie machtig fuhlten sie sich dann gestarkt! wie ganz
Durchheitert, neu belebt, und alles Grams entladen!
51 Unmerklich schlupfte so die Winterzeit vorbey.
Und nun erwacht aus ihrem langen Schlummer
Die Erde, kleidet sich aufs neu
In helles Grun; der Wald, nicht mehr ein stummer
Verodeter Ruin, wo nur die Pfeiler stehn
Der pracht’gen Laubgewolb’ und hohen Schattengange
Des Tempels der Natur, steht wieder voll und schon,
Und Laub druckt sich an Laub in lieblichem Gedrange.
52 Mit Blumen decket sich der Busen der Natur,
Aufbluhend lacht der Garten und die Flur;
Man hort die Luft von Vogelsang erschallen;
Die Felsen stehn bekranzt; die fliebenden Krystallen
Der Quellen rieseln wieder rein
Am frischen Moos herab; den immer dichtern Hain
Durchschmettert schon, im lauen Mondenschein,
Die stille Nacht hindurch, das Lied der Nachtigallen.
53 Amanda, deren Ziel nun immer naher ruckt,
Sucht gern die Einsamkeit, sucht stille dunkle Steige
Im Hain sich aus, und dicht gewolbte Zweige.
Da lehnt sie oft, von Ahnungen gedruckt,
An einem bluh’nden Baum, und freuet sich des Webens
Und Sumsens und Gedrangs und allgemeinen Lebens
In seinem Schoob – und druckt mit vorempfundner Lust
Ein lieblich Kind im Geist an ihre Brust;

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Oberon, 8. Gesang 2 - CHRISTOPH MARTIN WIELAND