Українська та зарубіжна поезія

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Oberon, 9. Gesang 1

1 Es ist nun Zeit, uns auch nach Fatmen umzuschauen,
Die wir, seit Rezia mit Huon sich ins Meer
Gesturzt, im Schiff, allein und alles Trostes leer
Gelassen, Tag und Nacht das Schicksal ihrer Frauen
Beweinend, und ihr eignes freylich auch.
Denn ach! sie weint, sie schreyt, sie rauft ihr Haar vergebens;
Er ist verweht, mit einem einzigen Hauch
Verweht, der ganze Bau der Ruhe ihres Lebens.
2 Was soll nun aus ihr werden, so allein
In einem Schiff, von zugellosen Sohnen
Des rauhen Meers umringt, die ihren Jammer hohnen,
Mit frechen Augen schon, berauscht in feurigem Wein,
Verschlingen ihren Raub – was wird ihr Schicksal seyn?
Zum Gluck erbarmet sich der schutzberaubten Schonen
Ein unverhoffter Sturm, der in der zweyten Nacht
Die See zum Tummelplatz emporter Wogen macht.
3 Die Pinke treibt, indeb ein allgemeines Zagen
Das Volk entnervt, auf ungewissem Meer
Herum gejagt, bald west – bald sudwarts hin und her;
Bis, da der Winde Wuth in sieben schrecklichen Tagen
Erschopft ist, an den Strand von Tunis sich verschlagen
Der Hauptmann sieht. Den Zufall, der ihn sehr
Zur Unzeit uberrascht, in Vortheil zu verwandeln,
Beschliebt er Fatmen hier als Sklavin zu verhandeln.
4 Denn Fatme, die kaum vier und dreybigmahl
Den May sein Blumenkleid entfalten
Gesehn, war eine aus der Zahl
Der lange bluhenden Gestalten,
Die nicht so leicht verwittern noch veralten,
Und die mit Reitzen von Gewicht,
Viel Feu’r im Blick, viel Grubchen im Gesicht,
Euch fur den Rosenglanz der Jugend schadlos halten.
5 Des Konigs Gartner kam durch Zufall auf den Platz,
Wo alles das um hundert Sultaninen
Zu kaufen war. Es schien Bemerkung zu verdienen.
Er trat hinzu, besah’s und fand es sey ein Schatz.
Sein grauer Kopf ward nicht zu Rath gezogen.
Es fehlte, dunkt ihn, nichts in seinem Gulistan
Als eben dieb. Das Gold wird hurtig vorgewogen,
Und Fatme duldet still was sie nicht andern kann.
6 Indeb verfolgt mit stets gewognem Winde
Der treue Scherasmin den anbefohlnen Lauf.
Kaum nahm Massiliens Port ihn wohlbehalten auf,
So setzt er sich zu Pferd, und eilt so schnell, als stunde
Sein Leben drauf, zum Kaiser nach Paris.
Er hatte schon den Mart’rerberg erstiegen
Und sah im Morgenroth die Stadt noch schlummernd liegen,
Als plotzlich sich sein Kopf an einen Zweifel stieb.
7 “Halt, sprach sein Geist zu ihm, und eh’ wir weiter traben,
Bedenke wohl was du beginnst, mein Sohn!
Zwar sollte das dein weiser Schadel schon
Zu Askalon erwogen haben,
Obgleich der Wind, der dort in Huons Segel blies,
Dir wenig Zeit zum Überlegen lieb.
Doch, wenn wir ehrlich mit einander sprechen wollen,
Du hattest damahls dich ganz anders strauben sollen.
8 “Denn, unter uns gesagt, es ist doch offenbar
Kein Menschensinn in dieser Ambassade.
Den Kaiser, der vorhin uns nie gewogen war,
Erbittert sie gewib im hochsten Grade.
Am Ende war’ es nur ums reiche Kastchen Schade!
Denn, wahrlich, mit der Hand voll Ziegenhaar,
Und mit den Zahnen da, Gott weib aus welchem Rachen,
Wird deine Excellenz sehr wenig Eindruck machen.
9 “Ja, wenn Herr Huon selbst, mit stattlichem Geleite
Von Reisigen, Trabanten und so fort,
Und mit der Tochter des Kalifen an der Seite
Herein geschritten war’, und hatte selbst das Wort
Gefuhrt, und mit gehorigen Grimassen,
Wie einem Ritter, Duc und Pair
Geziemt, auf rothem Sammt, von goldnen Quasten schwer,
Die Sachen uberreicht – da wollt’ ich’s gelten lassen!
10 “Da kommt des Aufzugs Pracht, die Fei’rlichkeit, der Glanz
Der Sultanstochter, an der Hand des stolzen Gatten,
Kurz, jeder Umstand kommt dem andern da zu Statten,
Und tragt das Seine bey, die Sache rund und ganz
Zu machen. Karlen bleibt nichts weiter einzuwenden,
Er hat den Glauben in den Augen und in Handen;
Der Ritter hat sein Wort gehalten als ein Mann,
Und fordert frey was ihm kein Recht versagen kann.
11 “Das alles geht auf einmahl in die Bruche,
Freund Scherasmin, wenn du nicht kluger bist
Als der dich abgeschickt. Wohlan, was Raths? was ist
Zu thun? – Das beste war’, auf allen Fall, er schliche
Mit seinem Kastchen sich ganz sachte wieder ab
Eh’ jemand ihn bemerkt, und ritt’ im groben Trab
Geraden Wegs nach Rom, dem Freyport aller Frommen,
Wo hoffentlich sein Herr inzwischen angekommen.”
12 So sprach zu Scherasmin sein bebrer Genius:
Und da er ihm nach langem Überlegen
Nichts klugers, wie ihn dunkt, entgegen
Zu setzen hatte, war sein endlicher Entschlub,
Der guten Stadt Paris das Schulterblatt zu weisen,
Und sporenstreichs nach Rom zu seinem Herrn zu reisen.
Er ubersteigt die Alpen, langet an,
Und gleich sein erster Gang ist – nach dem Lateran.
13 Allein, umsonst ermudet er mit Fragen
Nach seinem Herrn den Schweizer, der die Wach’
Am Thore hat, umsonst das ganze Vorgemach,
Kein Mensch kann ihm ein Wort von Ritter Huon sagen.
Vergebens rennet er die Stadt von Haus zu Haus
Und alle Kirchen und Spitaler fragend aus,
Und schildert ihn vom Fersen bis zur Scheitel
Den Leuten vor, – all’ seine Muh ist eitel.
14 Vier ewige Wochen lang, und dann noch zwey dazu,
Verweilt er sich in stets betrognem Hoffen,
Labt keinen Tag sich selbst noch andern Ruh
Mit Forschen, ob sein Prinz denn noch nicht eingetroffen;
Und, da kein Warten hilft, beginnt er uberlaut
Den groben Schwur des Baskenvolks zu fluchen,
Und schwort, so weit der Himmel blaut,
In einem Pilgerkleid den Ritter aufzusuchen.
15 Was konnt’ er anders thun? Sein Geld war aufgezehrt,
Und eine Perle nur vom Kastchen anzugreifen,
(Das billig hundertfachen Werth
In Huons Augen hat, weil’s Oberon ihm verehrt)
Eh lieb er sich den Balg vom Leibe streifen!
Von einem Pilgersmann wird weder Gold begehrt
Noch Silbergeld; er kann mit Muschelschalen
Und Litaney’n die halbe Welt bezahlen.
16 So bettelt nun zwey Jahre lang und mehr
Der treue unverdrobne Alte
Sich durch die Welt, die Lange und die Quer’,
Und macht an jedem Port, auf jeder Insel Halte,
Fragt uberall vergebens seinem Herrn
Und seiner Dame nach – bis ihn zuletzt sein Stern,
Und ein geheimer Trieb, der seine Hoffnung schuret,
Nach Tunis vor die Thur des alten Gartners fuhret.
17 Er setzt sich dort auf eine Bank von Stein,
Um, mud’ und schwach von langem Fasten,
Im Schatten da ein wenig auszurasten,
Und eine Sklavin bringt ihm etwas Brot und Wein.
Sie sieht dem Mann im braunen Pilgerkleide
Erstaunt ins Aug’, und er der Sklavin ebenfalls,
Und, sich mit einem Schrey des Schreckens und der Freude
Erkennend, fallen sie einander um den Hals.
18 Bist du es, Fatme? ruft an ihrer nassen Wange
Der Pilger freudig aus; ist’s moglich? – Ach! schon lange
Lieb Scherasmin die Hoffnung sich vergehn!
Ist’s moglich dab wir uns zu Tunis wieder sehn?
Was fur ein Wind hat euch in diese Heidenlande
Verweht? Und wo ist Huon und Amande?
Ach, Scherasmin, schreyt Fatme laut, und bricht
In Thranen aus – Sie sind – Ich Arme! – Frage nicht!
19 Was sagst du? ruft der Alte – Gott verhute!
Was sind sie? Sprich! – “Ach, Scherasmin, sie sind -!”
Mehr bringt sie nicht heraus! Das stockende Geblute
Erstickt die Red’ in ihrer Brust – Sie sind? –
O Gott! schluchzt Scherasmin, und weinet wie ein Kind
An Fatmens Hals – In ihrer vollen Bluthe!
Das ist zu hart! Allein mir schwante lang’ vorher
Nichts gutes! Fatme – ach, die Probe war zu schwer!
20 So bald die gute Frau zum klaglichen Berichte
Nur wieder Athem hat, erzahlt sie Stuck fur Stuck,
Von seiner Abreis’ an bis auf den Augenblick
Der Schreckensnacht – da, beym auffackelnden Lichte
Der Blitze, Rezia durch alles Volk, das dichte
Auf Huon drangt, sich sturzt, den Arm in Liebeswuth
Um den Geliebten schlingt und in die wilde Flut
Ihn mit sich reibt, – die traurige Geschichte.
21 Drauf sitzen sie wohl eine Stunde lang
Beysammen, sich recht satt zu klagen und zu weinen,
Und beide sich, aus treuem Liebesdrang,
Zum Preis des schonsten Paares zu vereinen,
Das je die Welt geziert. Nein, ruft sie vielmahls, nie,
Nie werd’ ich eine Frau, wie diese, wieder sehen!
Noch ich, ruft Scherasmin in gleicher Melodie,
Je einem Furstensohn wie Er zur Seite stehen!

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Oberon, 9. Gesang 1 - CHRISTOPH MARTIN WIELAND