Українська та зарубіжна поезія

Вірші на українській мові






An meine Dame

Die in den Sternen strahlt, auf Meeren ruht,
Im Schmetterling von Blum’ zu Blume schwebt
Und heib aufatmet in des Ätna Glut!

Die wagend mit dem Aar zur Sonne strebt,
Die feurig in des Junglings Adern wallt
Und sehnend in der Jungfrau Busen bebt!

Von meiner Heimat Bergen freudig schallt,
Wie auch im Tal der bose Feind mag toben;
In Deutschlands Eichen leise widerhallt!

Die unablassig alle Volker loben
Und schmahlich doch verraten jeden Tag,
Jedoch von Gott getreulich aufgehoben,

Bis dich einst jeglich Herz erfassen mag,
O schonste Dame, die ich nicht will nennen,
Doch der da zittert meines Blutes Schlag:

Ich will vor dir ein Myrtenreis verbrennen,
Ein abgedorrtes aus der Jugendzeit,
Dir meinen zarten Morgentraum bekennen!

Wem hatt ich besser auch dies Lied geweiht
Als dir, du Gotteskind, das man mit Recht
Dem Lieblichsten, den Frauen, angereiht?

Nicht weib ich wahrlich, ob der Fraun Geschlecht
Dich zieret oder du ihm Zierde bist:
Doch immer bin ich euer beider Knecht,
Und euch vereint mein Lied gesungen ist!

1

Ich will spiegeln mich in jenen Tagen,
Die wie Lindenwipfelwehn entflohn,
Wo die Silbersaite, angeschlagen,
Klar, doch bebend, gab den ersten Ton,
Der mein Leben lang,
Erst heut noch, widerklang,
Ob die Saite langst zerrissen schon!

Wo ich ohne Tugend, ohne Sunde,
Blank wie Schnee, rein vor der Sonne lag;
Wo dem Kinderauge noch die Binde
Lind verbarg den blendend hellen Tag!
Du entschwundne Welt,
Klingst uber Wald und Feld
Hinter mir, wie ferner Wachtelschlag!

Wie so fabelhaft ist hingegangen
Jene Zeit voll zarter Fruhlingspracht,
Wo, von Mutterliebe noch umfangen,
Schon die Jugendliebe leis erwacht’,
Wie, vom Sonnenschein
Durchspielt, ein Edelstein,
Den ein Glucklicher ans Licht gebracht.

Und die weibe Rose in der Mitte,
Tat sich auf der ganze Blumenflor,
Bluhte und erstarkte jede Sitte,
Und die Hoffnung stand am Lebenstor.
Alles wundert’ sich,
Ich aber freute mich,
Bis den Talisman ich selbst verlor!

Wenn ich scheidend einst mub uberspringen
Jene Kluft, die keine Brucke tragt,
Wird mir nicht ein Lied entgegenklingen,
Das bekannt und ahnend mich erregt?
O die Welt ist weit!
Ob nicht die Jugendzeit
Irgendwo noch an das Herz mir schlagt?

Traumerei! Was sollten jene hoffen,
Die nicht sahn der Jugend Herrlichkeit?
Die ein unnaturlich Los getroffen,
Frucht zu bringen ohne Blutenzeit!
Ach, was man nicht kennt,
Darnach das Herz nicht brennt
Und bleibt kalt dafur in Ewigkeit!

In den Waldeskronen meines Lebens
Sausle fort, du kuhles Morgenwehn!
Leuchte hell, o Sonne meines Strebens,
Ich will treu in deinem Scheine gehn!
Rankend Immergrun
Soll meinen Stab umbluhn,
Doch noch einmal will ich ruckwarts sehn!

2

Durchs Fruhrot zog das Wolkenschiff
vor einem hellen Fruhlingstag,
Als ich, ein traumend Schulerkind,
im morgenstillen Felde lag;
Ein Falter streifte meine Stirn,
und vor mir eine Lilie stand;
Ich aber schaute druber hin
ins tiefe blaue Morgenland.

Das ganze Erdreich schwoll empor
in tausendfacher Blutenlust;
Doch machtiger schwoll Traum an Traum
und Bild an Bild aus meiner Brust:
Das war die duftige Kinderwelt,
an deren Scheide ich mich fand,
Die wie die erste Blute sich,
am Lebensbaume, mir entwand!

Sie baute sich noch einmal auf,
mit letztem Glanz, im letzten Flor;
Ein lieblich wunderlicher Bau,
ein Feentempel stieg empor
Von hundert Saulchen, zart wie Glas,
Altarlein, Nischen – Bildchen drin,
Bepriestert war das Wunderhaus
nach mystisch heil’gem Kindersinn.

Und mitten in dem Tempel stand,
durchsichtig, ein kristallner Sarg,
Der eine rosenrote Frau,
auf Feuerlilien schlafend, barg.
Vier Riesen lagen um den Schrein
mit schlummernden Falken auf der Faust;
Sie nickten oft im Morgenwind,
der ihnen um die Schlafe braust’.

Da ging die Sonne flammend auf
und schmolz den Tempel auf den Grund,
Nur in der wehenden Asche noch
der Schrein mit seinen Hutern stund;
Worauf der warmste Sonnenstrahl
den Deckel von Kristall erschlob,
So dab der rosigen Schlaferin
der Tag sich in die Augen gob.

Und auch die Riesen wachten auf
die sandten ihre Falkenzucht
Aus in den goldenen Morgenschein
nach aller Winde frohlicher Flucht.
Sie stiegen auf ins Ätherblau
und brachten in einem Augenblick
Der Dame im kristallnen Sarg
eine scheue weibe Taube zuruck.

Halb Kind, halb Jungling, traumend noch,
fand ich die Liebe im Morgentau;
Ich trug sie singend in der Brust,
heimkehrend von der funkelnden Au.
Ein neuer Mensch, trat ich ins Haus
und fand das lockige Madchen da,
Das schuchtern mir und ungewohnt,
wegfliehend in die Augen sah.

O sube Stunde, die das Herz
vom Herzen voller Sehnsucht reibt!
O Trennung, die schon im Entstehn
auf schrankenlos Vereinen weist!
Zieht ein mit eurem ganzen Hof,
o Liebesweh, o Seligkeit!
Zieht klingend ein, hier ist fur euch
ein offnes Feld und gute Zeit!

3

Sitzt man mit geschlobnen Augen
Einsam in dem dunklen Zimmer,
Blitzt oft durch die zarten Lider
Plotzlich roter Kerzenschimmer;
Weib ich doch, dab Sonnenstrahlen
Durch die Augendeckel dringen
Und in flimmernden Gebilden
Sich um unsre Seele schlingen.

Also sab ich in der Dammrung,
Mud von Erdenlarm und Staube,
Eingelullt vom Abendrote,
Schlummernd in der grunen Laube:
Da begann von Licht und Blumen
Gar ein seltsam schimmernd Weben
Und ein Ranken um die Augen
Wie von goldnen Zauberreben.

Rote Rosen, weibe Rosen,
Primeln, Tulpen und Narzissen,
Dahlien von hundert Farben
Sah ich durcheinander sprieben!
Purpur, Gold, Azur und Silber
Flimmerten in Wechseltonen,
Lila, Rosa, heitres Meergrun
Mubten Glanz mit Glanz versohnen!

O das war ein pracht’ger Reigen,
Wie die Farben all ihn tanzten,
Wie die Btutenstern’ und – glocken
Ringelnd sich in Beete pflanzten! –
Aber in den Wundergarten
Senkte eine Jakobsleiter
Von zwei Strahlen sanft sich nieder
Aus zwei Sternen, blaulich heiter!

Kleine blonde Liebesengel
Schwebten daran auf und nieder,
Stiegen in den Sternenhimmel,
Kehrten in mein Herze wieder;
Weckten andre hubsche Knaben,
Die darinnen traumend schliefen
Und darauf mit ihnen spielend,
Kosend durch die Blumen liefen.

Und die aus dem Himmel kamen,
Wollten meines Herzens Kinder
Ringend mit sich aufwarts ziehen;
Aber diese auch nicht minder
Hielten stand und kampften wacker,
Als sie jene dicht umschlangen,
Hielten sie in meines Herzens
Tiefstem Grunde bald gefangen!

Oben an der Himmelsleiter
Eine klare Seele schwebte,
Die halb zornig, halb mit Lacheln
Sie zuruckzulocken strebte;
Doch es schien mir im Gefangnis
Ihnen leidlich zu gefallen;
Denn ich sah, der Herrin trotzend,
Bunt sie durcheinanderwallen!

Und sie mubte sich bequemen,
Endlich selbst herabzusteigen,
Sah sich plotzlich dann gefangen
Mitten in dem frohen Reigen.
Doch fur all den Liebesjubel
Ward mein Herz zu eng und nieder:
Klingend sprangen auf die Pforten,
Sprangen auf die Augenlider!

Sieh! da standest du, auf meine
Schlaferaugen schweigsam schauend,
Vorgebogen, unbefangen,
Auf den festen Schlaf vertrauend;
Wurdest rot und flohst voruber,
Ungeschickt ein Liedlein summend
Und vergeblich dein Geheimnis
In der Dammerung vermummend!

Fliehe nur, verratne Seele,
Trostlos durch des Gartens Bluten!
Such dir bebre Zauberdrachen,
Deines Busens Schatz zu huten!
Toricht Kind! nun magst du immer
Dreifach mir dein Herz verschlieben:
Unerbittlich seh ich innen
Fur mich rote Rosen sprieben!

4

Nun in dieser Fruhlingszeit
Ist mein Herz ein klarer See,
Drin versank das schwere Leid,
Draus verdampft das leichtre Weh.

Spiegelnd mein Gemute ruht,
Von der Sonne uberhaucht,
Und mit Lieb umgiebt die Flut,
Was sich in dieselbe taucht.

Aber aus dem Grunde spruht
Überdies ein Quell hervor,
Welcher heib lebendig gluht
Durch die stille Flut empor.

Und im Quelle badest du,
Eine Nix mit goldnem Haar!
Oben deckt den Zauber zu
Das Gewasser, glatt und klar.

5

Viele Wochen sind entflohn,
Seit ich dich gesehen;
Hab auch lange Tage schon
Keine Blum’ gesehen!

Keine Blumen und kein Lieb –
Ach was soll das werden?
Was soll aus dem Fruhlingstrieb
In mir innen werden?

Zwar noch stets der Lenz erschien,
Seiner bin ich sicher;
Wubt ich nur, was ich dir bin,
War ich doppelt sicher!

Eine Rose und ein Blick
Deiner lieben Augen
Ware wohl ein zartes Gluck
Mir fur Herz und Augen!

6

Wohl ist die Lilie wunderbar,
Wenn stolz sie sich im Garten wiegt,
In ihrem Kelche sonnenklar
Langsam der Morgentau versiegt;
Doch mag ich gehn und wandern,
So weit nur Lilien stehn:
Ist keine vor der andern
Mit hoherm Schmuck versehn!

Von Glanz und Lust und Klarheit voll
Ist alle diese reiche Welt;
Weib nicht, wo ich mich wenden soll,
Dab Schonheit nicht sich vor mich stellt.
Nur du, nur du alleine
In all der Zier und Pracht
Gleichst noch dem Mondenscheine
In heitrer Sternennacht!

O lieblichste Vollkommenheit,
Die niemand, als mein Herz, erkennt!
Wer hat dies stille Licht geweiht,
Das nur fur mich im Weltall brennt?
Ich fuhl es starker immer,
Dab dieser reine Strahl,
Dab dieser eigne Schimmer
Nicht ist zum zweiten Mal!

Das ist nicht Zufall, nicht Natur,
Was aus den blauen Augen strahlt!
Das ist der Gottheit Sonnenspur,
Die sich in dieser Seele malt!
Ich ahn es licht und lichter,
Mein Herz, nun gib es zu:
Hier ist ein andrer Dichter
Und machtiger als du!

7

Von heiber Lebenslust entgluht,
Hab ich das Sommerland durchstreift;
Drob ist der Tag schon abgebluht
Und zu der schonsten Nacht gereift.
Ich trete auf des Berges Rucken
Einsam ins offne Waldestor
Und beuge mich mit trunknen Blicken
Hoch in die stille Landschaft vor.

Am andern Hugel druben steht
Im Sternenschein das liebe Haus;
Aus seinem offnen Fenster weht
Ein Vorhang in die Nacht hinaus.
Das ist furwahr ein luftig Gitter,
Das mir mein Fraulein dort verschliebt!
Nur schade, dab mir armem Ritter
Der Talstrom noch dazwischen fliebt!

Zieh du fur mich, mein leichter Sang,
Hinuber an der Liebsten Brust!
Vielleicht tragt ihr dein ferner Klang
Zu Herzen meine Dichterlust!
Ja, ich will ihr ein Standchen bringen,
Das weithin durch die Lufte schallt:
So spiele du zu meinem Singen,
O Sommernacht, auf Tal und Wald!

Dein Saitenspiel im Tale liegt,
Die feinen Silberbrunnlein all;
Den Tann, der auf den Hohn sich wiegt,
Lab rauschen drein, wie Orgelschall!
Das Elfensummen und das Kosen,
Das schwellend alle Kelche regt,
Vereine mit des Stromes Tosen,
Der seine Wogen talwarts tragt!

Im Suden zieht ein Wetter auf,
Schnell werb ich’s fur mein Standchen an;
Doch nehm es fernhin seinen Lauf,
Dab ich es ubertonen kann!
Die Muhlen sind die Hackbrettschlager
Zuhinterst in des Tales Grund,
Die Sterne meine Fackeltrager,
Sie leuchten mir im weiten Rund!

Nun will ich singen uberlaut
Vor allem Land, das grunt und bluht!
Es ist kein Baum so hoch gebaut,
Daruberhin mein Sang nicht zieht;
Will eine Liederbrucke schlagen
Aus meiner Brust in ihre Brust:
Herz! wandle drauf, bis es will tagen,
Und wecke sie zu gleicher Lust!

8

O Leib meiner Dame, du kostlicher Schrein,
Wo Gott seine kostlichste Perl’ legt’ hinein!
Nun ruhst du und schlafst du, doch in dir erstrahlt
Die traumende Perle im sonnigsten Schein!
Den zartesten Liliengeist bergender Kelch,
Des reinsten Gedankens still bluhendes Sein:
O war ich, du Kleinod, dein Schatzmeister nur,
Durft ich mich, du Blume, zum Gartner dir weihn!
Mit Liebe umschlieben dich innig und fest,
Wie treu schutzend Gold einen funkelnden Stein!
Dann trug ich die Erde, den Himmel, die Welt
Beisammen als Herzschmuck, gelautert und rein;
Dann trank ich die klareste Seele aus dir,
Du zierlicher Becher, wie perlenden Wein!
Schlaf sanft und schlaf selig, du kostlicher Leib,
Indessen ist traumend die Seele ja mein!

9

Es bricht aus mir ein bunter Faschingszug
Und zieht dahin mit tonendem Geprange;
Taluber wallt im luftigen Gedrange
Ein Bilderreigen, mein Gedankenflug!

Wie spielend sie die Luft hinubertrug,
So ranken sich, ein uppig Laubgehange,
Bis auf zum Giebel, meine Nachtgesange
Rings um ihr Haus, ein zauberischer Trug!

Es rauscht und schwillt und bricht ins Schlafgemach
Und singt und klingt die reine Seele wach,
Betaubt tritt sie in meine Blumenschlingen!

Nun ist es Zeit, mein Herz! mach dich hinzu!
Nachtwandelnd weib sie’s nicht und lauscht in Ruh:
Kannst alles, alles ihr zu Ohren bringen!

10

Hor an, mein Kind, was ich dir kosend sage,
Wie mich ein Traum betrog so wunderbar:
Es war an einem stillen Feiertage,
Als ich mit dir bei Gott im Himmel war.
Er schaute eben noch vom Taubenschlage
Aus in die Sonntagswelt, so weit und klar,
Und ob dem fernen Glockenklang allmahlich
Entschlief er auf ein Stundchen sanft und selig.

Man horte kaum die Menschen unten singen,
Im Himmel aber war es still und leer;
Nur an der Sternenuhr das Pendelschwingen
Klang langsam und gemessen hin und her,
Und mauschenstill, in seligem Umschlingen,
Sah ich in deines Augs urtiefes Meer;
Da hatte plotzlich ich den Mut gefunden:
Bat um den ersten Kub dich unumwunden!

“Um dreie von den Sternen, die dort schweben,
Geb ich dir, Lieber, meinen ersten Kub!”
So sagtest lachelnd du, mein subes Leben;
Ich aber eilte, schon im Vorgenub,
Die Goldnen aus den Angeln zu erheben,
Und brachte sechse dir zum Überflub;
Du aber drauf: “Wie mich die Dinger laben!
Um noch zwolf andre sollst den Kub du haben!”

So ging es fort; verdoppelt immer wieder
Erhohtest du den teuren Liebespreis;
Und zwiefach durstend holte ich hernieder
Dir Stern um Stern aus ihrer Bruder Kreis.
Du schmucktest emsig deine schonen Glieder,
Verlachend heimlich meinen heiben Fleib;
Und zu erkaufen meine hochste Wonne,
Blieb mir am Ende nur noch Mond und Sonne!

Ich brachte sie; und um die Stirne hingest
Die helle Sonne du mit stolzer Lust,
Mit Sternen du den Schwanenhals umfingest,
Der Mond erstrahlte mild an deiner Brust;
Dann himmelauf und – ab du dich ergingest,
All deiner Schonheit siegreich dir bewubt!
Von dir allein nun stromte alle Helle,
Ich lag vor dir als vor des Lichtes Quelle!

Der Himmel ruhte noch im tiefsten Schweigen,
Wie vor dem Jungsten Tag ein stilles Grab;
Und eben wolltest du dich selig neigen,
Geruhrt, bezwungen, sanft auf mich herab,
Die sube Gunst mir endlich zu erzeigen,
Wofur ich Sterne, Sonn und Mond dir gab:
Da brach ein Angstschrei durch des Himmels Hallen,
Als wollt die Welt aus ihren Fugen fallen.

Indem ich dir den Sternenschmuck errungen,
Hatt ich die Welt um Licht und Zeit gebracht;
Des hatte sich die Klage aufgeschwungen,
Und schreiend lag die Erde in der Nacht.
Der erst so friedlich in den Schlaf gesungen,
Gott Vater ist da zornig aufgewacht,
Verweisend mich an meiner Schulter ruttelnd;
Du flohst davon, den Schimmer von dir schuttelnd!

Du flohst davon und lachtest mit Behagen,
Indessen ich mit saurem Schweib begann,
Die Sterne wieder alle fortzutragen,
Und sie zu ordnen muhsam mich besann.
So hatte sich der Handel schon zerschlagen,
Von welchem ich so bosen Lohn gewann!
Heut ist an dir das Traumen und das Dichten:
Willst du mir nun die sube Schuld entrichten?

11

Ich ging am grunen Berge hin,
wo sich der Weih im Äther wiegt
Und reisemud der Sonnenstrahl
ausruhend auf der Quelle liegt,
Wo wilde Rosen einsam bluhn,
die Fohre hoch den Gipfel kranzt
Und druberhin noch eine Burg
von weiben Sommerwolken glanzt.

Ich dacht an dich, mein subes Kind!
an unsrer Herzen stillen Schlag,
An unser heimlich Liebesband
und was daraus noch werden mag.
Ich dachte noch gar mancherlei,
was sehnend mir die Brust bewegt
Und was auch jetzt im Traum vielleicht
dein spiegelklar Gemut erregt!

Und wie in solcher Weihezeit
mein Gott schon manchmal zu mir trat,
Erschien er jetzo in des Bergs
frisch jugendgruner Eichensaat.
Der jungen Stamme schlanke Schar
umschwankte sauselnd seine Knie:
So grob und herrlich ging er her
vor meiner regen Phantasie!

Sein Haupthaar war wie Morgengold
und wallte gar so reich und schwer,
Und in den klaren Augen ruht’
ein atherblaues Liebemeer;
Ein Regenbogen zog um ihn
als Gurt die edle Farbenlust;
Er trug ‘nen weiben Blutenstraub
von jungen Linden an der Brust.

Es traf mich seines Auges Strahl
wie warmer Sonnenschein im Mai,
Und als er meinen Namen sprach,
erhob mein Haupt ich stolz und frei:
Ich wuchs und bluhte rasch empor,
dab ich mir selbst ein Wunder schien,
Und wandelte mit leichtem Schritt
an Gottes hoher Seite hin.

Und plaudernd nun erzahlte ich
Gott all mein irdisch Tun und Sein:
Doch alles dies besteht ja nur
aus dir, du feines Kind, allein!
Aus vollem Herzen sprach ich drum
von dir; von dir die ganze Zeit.
Er aber spiegelt’ lachelnd sich
in meiner frohen Seligkeit.

Dann trug ich ihm auch klagend vor,
wie ich so gar ein armes Blut,
Und bat darauf um Haus und Hof,
um Bett und Schrein, um Geld und Gut,
Um Garten, Feld und Rebenland,
um eine ganze Heimat traut,
Darin ich dich empfangen konnt
als reichgeschmuckte werte Braut.

Es mubte doch einmal geschehn,
drum schilt mich nicht und werd nicht rot!
Hor an, wie mir der Herr fur dich
gar eine schone Mitgift bot!
Er sprach: “Zuwenig und zuviel
hast du verlangt, mein lieber Sohn,
Drum tu ich dir noch viel dazu
und nehm ein wenig auch davon!

Ich gebe euch nicht Haus und Hof,
doch meine ganze reiche Welt,
Darinnen ihr euch lieben konnt,
wie’s euren Herzen wohlgefallt!
Zwei jungen Seelen ist zu eng
das grobte Haus, sei’s noch so weit:
Doch finden sie noch eben Raum
in meiner Schopfung Herrlichkeit!

Der ganze Lenz soll euer sein,
so weit nur eine Blume bluht,
Doch nicht das allerkleinste Beet,
um das sich eine Hecke zieht!
Ich gebe euch kein Prunkgemach,
kein Silberzeug, kein Kerzenlicht,
Weil sich ob silbernem Bronnenschall
euch Stern an Stern zum Kranze flicht.

Und alles soll besonders bluhn
und schoner fur euch, wo ihr geht,
Dieweil euch in mein Paradies
ein eigen Pfortlein offensteht.
So fuhre deine junge Braut
getrost in deine Heimat ein;
Brautfuhrer soll mein lieblichster
und allerschonster Fruhling sein!

Die Armut sei die Ehrendam’
bei deines Herzens Konigin,
Ihr hubscher, zarter Page sei
ein immergruner Jugendsinn!
Zum Haushofmeister geb ich euch
ein leicht und frohlich Gottvertraun,
Es ist ein klug erfahrner Mann,
durft auf ihn wie auf Felsen baun!”

Ist unser Haus nicht gut bestellt
und auserlesen das Gesind?
So zaudre nun nicht langer mehr
und folge mir, du blodes Kind!
Ich glaub, auf deinen Wangen spielt
vom Morgenrot ein Widerschein:
Sobald die Sonn am Himmel steht,
will ich als Freier bei dir sein!

12

Die Sonne fahrt durchs Morgentor
Goldfunkelnd uber den Bergen,
Und, wie zwei Veilchen im fruhen Mai,
Zwei blaue Augen, klar und frei,
Die lachen auf ihren Wegen
Geoffnet ihr entgegen!

Gluck auf! mein Liebchen ist erwacht
Mit purpurroten Wangen!
Ihr Fenster glitzert im Morgenstrahl,
Und alle Blumen in Garten und Tal
Erwarten sie mit Sehnen,
Die Äuglein voller Tranen.

Es ist nichts Schoneres in der Welt
Als diese grune Erde:
Wenn man darauf ein Schatzlein hat,
Das still und innig, fruh und spat
Fur einen lebt und bluhet,
Ein heimlich Feuerlein, gluhet!

Hallo, du schlafriger Jagersmann,
Wie reibst du deine Augen!
Ich hab die ganze Nacht durchschwarmt
Und mich am Mondenschein gewarmt
Und steige frisch und munter
Von meinem Berg herunter!

Mein Madchen durch den Garten geht
Und singt halblaute Weisen;
Mich dunkt, ich kenne der Lieder Ton:
Was gilt’s, ich habe sie alle schon
Heut nacht dort oben gesungen?
Sie sind herubergeklungen!

13

Du willst dich freventlich emanzipieren
Und aufstehn wider mich mit keckem Sinn,
Aufs eigne Faustchen deine Wirtschaft fuhren,
Du schone kleine Jakobinerin?

Zur Politik nun auch dein Wortlein sagen,
Aus trauter Kammer in den Ratsaal fliehn?
Wohl gar mit weicher Hand die Trommel schlagen,
Wann einst wir gegen die Tyrannen ziehn?

Berufest dich auf meine eignen Lehren
Von Freiheit, Gleichheit und von Menschenrecht?
O lab, mein Kind, mit Kussen dich bekehren,
Dies eine Mal errietest du mich schlecht!

Mir, mir, mein Schatz! mubt du dich nun verpflichten,
Dein Liebster und dein Herr ist fur dich frei!
Auf ihn sollst du die blauen Augen richten,
Dab er allein dein siegreich Banner sei!

Die Ketten all, von denen ich entbinden
Die Volker mochte, o Geliebte mein!
Als Blumenketten eng dir umzuwinden
Soll einzig dann mein Tun und Trachten sein!

Ein fest Gefangnis will ich dir erbauen
Von Rosen, Lilien, Myrten, duftend, weich;
Draus sollst du nur des Himmels Sterne schauen
Und mich, den Kerkermeister, froh und reich.

Ich will zur Kurzweil sube Lieder singen,
Darinnen du dich lachend spiegeln magst;
In Liedern dir die Welt zu Fuben bringen,
Wenn uber Einsamkeit du dich beklagst.

Doch wann die lieben Nachtigallen schlagen
Und wann das Abendrot verglommen ist:
Sollst du als Konigin die Krone tragen,
Solange Luna ihre Bahn durchmibt!

14

Gestern eine Aventur’
Hatt ich, die mir weh getan;
Allerliebste, denke dir!
Einen Burschen traf ich an,
Jung und fein und glattgestrichen,
Der dir auf ein Haar geglichen,
Wie der Tulp’ die Tulipan!

Ja, dein Antlitz trug er dreist,
Deine Zuge frech zur Schau;
Doch, was mich noch allermeist
Ärgerte, o zarte Frau!
War das dunkle Gold der Haare
Und dein Rot, das wunderbare,
War der Augen subes Blau.

Aber was mir stets an dir
War von unschatzbarem Wert,
Ward mir unertraglich hier
In das Gegenteil verkehrt.
Jede Zierde deiner Zuge
Schien hier eine schnode Luge,
Ja verspottet und entehrt!

Weibisch war der Haare Licht;
Deine Linien, zart und fein,
Sind zum Schneiderangesicht
Worden, unbedeutend, klein.
Deiner Augen Sternenschimmer
Ward zum wasserigen Flimmer,
Bloden Geistes Widerschein.

Seines Mundes Freundlichkeit
War beleidigend fur mich:
Was mich freute jederzeit,
Gestern war’s mir widerlich;
Schier hatt ich dein Bild geschlagen,
Ja! ihn aus der Welt zu jagen,
Wunscht ich angelegentlich.

15

Wie ein Fischlein in dem Netz
Hat der Dom mich eingefangen,
Und da bin ich festgebannt –
Warum bin ich hingegangen?
Ach! wie unter Kurbisbluten
Morgenfeucht ein Roslein blitzt:
Zwischen breiten Burgersfrauen
Dort mein feines Liebchen sitzt!

Die Gemeinde schlaft und schnarcht,
Wie das Laub im Walde rauschet,
Und der Bettler an der Tur
Wie ein Rauber auf sie lauschet.
Doch ein freundlich Wiesenbachlein
Murmelnd durchs Gebusche flieht:
So die lange, dunne Predigt
Schlangelnd um die Pfeiler zieht!

Eichenbaume, alt und schlank,
All die gotischen Pfeiler ragen,
Hoch ein zierlich Blatterdach
Ihre breiten Äste tragen;
Drunter durch spielt hin und wieder
In den Dammer der Sonnenschein –
Wachend sind in dieser Stille
Nur mein Lieb und ich allein.

Zwischen uns spinnt sich ein Netz
Buntgefarbter Sonnenstrahlen,
Die den Taufstein mittendrin
Feenhaft ganz ubermalen.
Rosenketten, Liebesgotter
Flattern um den alten Knauf,
Darob wacht in unsren Herzen
Eine heibe Sehnsucht auf!

Weit hinaus, ins Morgenland,
Komm, mein Schatz, und lab uns fliehen!
Wo die Palmen schwanken am Meer,
Rosen hoch wie Feuer gluhen,
Flutend um die grobe Sonne
Grundlos tief die Himmel blaun:
Angesichts der freien Wogen
Frei und ewig uns zu traun!

16

Schon war die letzte Schwalbe fort
Und langst seit vielen Wochen auch
Die letzte Lilie abgedorrt,
Nach altem Erdenbrauch.

Es flimmerte der Buchenhain
Wie Rauschgold rot im Abendlicht –
Herbstsonne gibt gar sondren Schein,
Der stets ins Herz mir sticht.

Ich traf sie da im Walde an,
Nach der allein mein Herz begehrt,
Mit weiben Kleidern angetan,
Vom goldnen Schein verklart.

Sie war allein; doch grubt ich sie
Nur ehrfurchtsvoll im Weitergehn,
Weil ich sie, seit ich liebte, nie
So still und schon gesehn!

Doch schaut’ aus ihrem Angesicht
Ein fremdes Etwas kalt hervor;
Es lag vor ihrer Augen Licht
Wie leichter, dunkler Flor.

Es war, als ob dicht hinter ihr
Ein Schatten schwebt’ im Abendstrahl,
Der gaukelnd, lachend gegen mir,
Ihr folgte durch das Tal.

“Mir ist ein Rival aufgewacht!”
Sprach ich und sah ins Abendrot,
Bis es erlosch und bis die Nacht
Die kalte Hand mir bot!

17

Ein lustiger Mediziner
War dazumal mein Freund;
Wir saben bei vollem Glase
Um Mitternacht vereint.

Ich sprach ihm von meiner Liebe,
Indessen er zecht’ und sang,
Und meine Worte verhallten
Im wilden Glaserklang.

Doch sprach ich immer und starker
Mit hoherer Liebesglut;
Ich wollte damit dammen
Mein bange wallendes Blut.

Da wurde er ungeduldig
Und sagte mit barschem Ton:
“Ich kenne deine Geliebte
Und rate dir ab davon!

Ich rate dir ab, sonst bist du
Ein Witwer im nachsten Mai,
Denn dann liegt sie im Sarge,
‘ne Leiche frank und frei.

Die Rosen sind eitel Hektik
Auf ihrem schmalen Gesicht;
Ich horte sie heute husten,
Und das gefallt mir nicht!

Wohl ist sie ein feines Wesen,
Doch eben nur allzufein!
Lab fahren den sterblichen Engel,
Sonst trifft dich Kummer und Pein!”

Die rohen Worte schnitten
Mir tief in die Seele ein,
Und darum weil leicht was Wahres
An ihnen konnte sein.

Jedoch mein armes Liebchen
Gewann einen Zauber mehr; –
Nein, nein, sie kann nicht sterben,
Wir lieben uns allzusehr!

Am Morgen ward ich ruhig,
Als die Sonne ins Zimmer fiel;
Ich sah durchs Fenster frohlich
Der jagenden Wolken Spiel.

Ich rief: “Er sprach’s im Rausche,
Und ich war gestern ein Tor!
Es lebe das rosige Leben
Und meine Liebe zuvor!”

18

Es schneit und eist den ganzen Tag,
Der Frost umfangt mich scharf und blank;
Und wie ich mich gebarden mag –
Nun liegt sie wirklich ernsthaft krank!

Verodet ist das Paradies,
Das sonst auf ihrem Angesicht;
Nur zitternd blieb und ungewib
Der Augen mildes Sternenlicht.

Nur wenn ich alle Tag einmal
An ihrem Krankenlager bin,
So fallt ein heitrer, klarer Strahl
Auf meine feuchten Augen hin.

Und wenn wir so beisammen sind,
Dann lieb ich still sie anzuschaun
Und traumend ob dem lieben Kind
Den Fruhling wieder aufzubaun!

Noch ziert den Mund ein leichtes Rot
Und immer eines Kusses wert –
Sie labt’s geschehen, weil die Not
Die Menschenkinder beten lehrt.

“Ich lieb nicht deinen feinen Mund,
Nur deine Seele ganz allein –
Im Fruhling wollen wir gesund
Und beide wieder frohlich sein!”

Und wenn der Arzt kommt, lugen wir
Ihn trostlich voller Hoffnung an;
Doch hab ich heimlich neben ihr
Zu Gott manch heib Gebet getan.

Das ist der erste Kummer, so
Mir schwer und ernst ins Leben bricht;
Wie werd ich wieder leicht und froh,
Wenn ihm der Lenz das Urteil spricht!

19

Unverhofft nach truben Tagen
Ist der heitre Lenz erschienen,
Und die aufgewachte Erde
Überhaucht ein zartes Grunen;
Und mit bunten Sonnenschirmen
Madchen in den Garten gehen,
Wanderer voruberziehend
Nach den schonen Blumen spahen.

Unter all den hellen Fenstern,
Die der Sonne offen stehen,
Ist ein einziges verschlossen
Vor dem lauen Fruhlingswehen.
Eine Hyazinthe duftet
Vor den blendenden Gardinen;
Aber eine kranke Jungfrau
Atmet bange hinter ihnen.

Ihr zu Haupten sitzt die Mutter
Und die Schwester ihr zu Fuben,
So, verhaltend bittre Tranen,
Einen Dritten leis sie gruben.
Und in ihren Blicken liest er,
Dab der Herbst hat wahr gesprochen,
Dab die Hoffnung ist vernichtet
Und die Lilie gebrochen! –

So den stillen Tod zu sehen
In den lichten, himmelblauen
Augen eines kranken Liebchens:
Wahrlich, ‘s ist ein seltsam Schauen,
Wenn die weiben Todesrosen
Gar so stolz und sieghaft prangen
Auf der Liebsten ausgegluhten,
Bleichen, bleichen Marmorwangen!

Bluhe, milde Grabesblume!
Bluhe und verbluhe selig!
Noch ein kurzer, heiber Sommer,
Und auch ich bin uberzahlig!
Wie die linden Maienlufte
Deine Blute sanft entblattern,
So wird meine Krone fallen
In des Herbstes rauhen Wettern!

20

Durch den Garten, in die Felder
Irre ich mit dunkeln Augen,
Achte nicht, wie tausend Kelche
Licht und Äther um mich saugen.
Mub der Mai mit holdem Lachen
Mir denn eine Leiche geben,
Wahrend meine Freunde haschen
Neue Liebe, warmes Leben?

Aber sagt, wie kommt es mir denn,
Dab durch meines Grames Schatten
Doch die Sonnenstrahlen dringen
Und sich mit den Schmerzen gatten?
Dab der Lenz mit seinen Reizen
Mir noch zehnmal upp’ger scheinet
Und mit seinem alten Schmucke
Eine neue Schonheit einet?

Ja, die todeskranke Liebe
Einen Geisterabglanz giebet
Über all die Lenzesfulle,
Die da drangt und bluht und spriebet!
Hunderttausend Blumen wollen
Ihr die letzte Ehre geben,
Und noch viel mehr Knospen eilen,
Solche Feier zu erleben.

Sehet da, die weiben Lilien
Sind vor ihrer Zeit gekommen,
Als sie von der Blumentrauer
Rings im weiten Land vernommen;
Ihre Schwester zu begleiten,
Bluhen sie in langen Reihen,
Wahrend sie aus ihren Kelchen
Weihrauch in die Lufte streuen.

Und die Abendrote schlingt sich
Schon in rosigen Girlanden
Um die hohen Silberberge,
Die noch eben sonnig standen;
Und der Hesperus dort funkelt
Als der Zeremonienmeister,
Rufend in die weiten Spharen
Alle guten Sternengeister!

Alle Silberbronnen klingen,
Alle Nachtigallen schlagen –
Jetzt seh ich die Blumenleiche
Schwankend uber die Auen tragen;
Morgenroten, Abendroten,
Wetterleuchten, Regenbogen,
Alles Schone kommt der Bahre
Trauerfunkelnd nachgezogen!

Sagt, wann wird der Tauschung Schleier
Endlich mir vom Aug gehoben?
Unverwustlich sind die Dichter,
Alles wird zum Traum verwoben;
Selbst der nahe Tod wird spielend
Noch mit Schein und Tand umschlungen –
Oh, ich glaube, er ist eben
Eisig in ein Herz gedrungen!

21

Ich habe sie gesehen
Auf Blumen in einem Sarg;
Das bleiche, traute Antlitz
Ein weibes Tuchlein barg.

Ich hob es in die Hohe
Und legte meine Hand
Auf ihre dunklen Augen,
Auf ihre kalte Hand!

Auf ihre verschlobnen Lippen –
Fahr wohl, du bluhendes Rot! –
O weh mir, ich mubte sagen:
Nun wahrlich ist sie tot!

Da liegt die edle Rose,
Die einst so purpurn gelacht!
Es hat ein fremder Kunstler
Eine weibe aus ihr gemacht.

Da liegt sie so starr und traurig,
Als hatte sie nie gelebt;
Ach Gott, es nimmt mich wunder,
Wo ihre Seele schwebt!

Kein Laut, kein Hauch, kein Ahnen,
Kein Flustern um mich her!
Der Leib und ich in der Kammer –
Sonst alles still und leer!

Ich habe gespielt mit dem Leben
Und habe den Tod verlacht,
Nun ist er uber mich kommen
Ganz hohnisch uber Nacht!

22

Ich fahre mit den Winden,
Die fachelnd vor dem Sommer wehn;
Wo Klang und Duft sich finden,
Kann man mich immer sehn!

Des Lebens subes Schmeicheln
Gewann mich neu in seinen Bund,
Und nimmer mag ich heucheln:
Ich fuhle mich gesund.

Durch fremde Stadt und Auen
Trag ich mein Herz voll Sang und Klang;
Die Blumen und die Frauen
Bluhn mir den Weg entlang.

Die Blumen brech ich gerne,
Sooft mir’s eine angetan;
Doch sicher aus der Ferne
Schau ich die Frauen an.

Ich lieb sie insgemeine
Wie einen vollen Rosenkranz,
‘s war schade, wenn ich eine
Entzoge solchem Glanz!

Doch fallen hin und wieder
Im Wind den Rosen Blatter ab,
Die sinken in mich nieder
Auf ein verborgen Grab.

Da liegt von welkem Schimmer
Und Blutenschutt ein dichter Flor,
Draus ragt das Grabmal immer
Und lieblicher hervor!

23

Ja, das ist der alte Kirchhof,
Der in blauer Flut sich spiegelt,
Und in seiner dunkeln Erde
Liegt mein Heiligstes versiegelt;
Hier das Beet voll roter Rosen,
Dicht und uppig aufgesprossen:
Drunter liegt die weibe Lilie,
Eng im Blumenschrein verschlossen!

Durch die Rosen, durch die Erde,
Durch die Bretter dringt mein Sehnen;
Dort, wie eben erst gestorben,
Will mein Herz sie schlummernd wahnen!
Schlafst du, schlafst du noch, mein Liebchen?
Zuckt kein Strahl durch deine Leiche,
Weil auf deinem stillen Grabe
Nun dein Buhle irrt, der bleiche?

Fahrt kein Stern in deine Augen?
Hebt dein Herz nicht an zu schlagen?
Quellen nicht von deinen Lippen
Frische, sube Liebesklagen?
Zieht kein roter Morgenschimmer
Über deine weiben Wangen,
Weil daran die Lebensgluten
Meiner heiben Blicke hangen?

Eitler Traum! um eine Leiche,
Um den Tod hab ich geworben!
Nun, so sei auch meine Liebe
Furhin tot und abgestorben!
Zitternd reib ich aus dem Busen
Noch die letzten zarten Bluten,
Gebe sie dem toten Liebchen
Bis zum Jungsten Tag zu huten.

Schwarzer Gartner, Totengraber!
Lab, o lab das Grab verwildern!
Seine wermutbittern Schauer
Soll kein Lenz mehr freundlich mildern!
Binde nicht mehr diese Zweige,
Pflege nicht mehr diese Rosen,
Und mit dem verdorrten Kranze
Mag der kalte Nordwind kosen!

24

Fahret wohl, ihr schonen Graber,
Klirre zu, du morsches Gitter!
Lachend kehr ich euch den Rucken,
Lilienstolz und Rosenflitter!
Abgetan ist nun die Liebe –
Hei! wie bin ich nun so munter!
Und in dem befreiten Herzen
Geht es lustig drauf und drunter!

Gegen Morgen, gegen Morgen
Schau ich trotzig in die Sonne;
Wie scheint sie so wild und feurig,
Lachelnd in Gewitterwonne!
Sich gewappnet um die Heldin
Kuhne Wetterwolken scharen,
Wie auf stolzem Ozeane
Drohende Armaden fahren.

Vor mir liegt das reiche Leben,
Schlagt die Zeit die hohen Wogen,
Kreist die Welt mit ihren Sternen:
Frohlich bin ich ausgezogen,
Biete Stirn und Herz den Sturmen,
Lasse meine Wimpel wehen,
Und beim wilden Kreuzen denk ich
Kaum noch an ein Wiedersehen!

25

Wie ich fahr in stiller Nacht
Auf den Silberwellen,
Fangt mein Weh mit aller Macht
Wieder an zu schwellen.

Sieben Jahre sind dahin,
Sind dahingeschwunden –
Und noch immer gluhn und bluhn
Meine alten Wunden!

Fast klingt es wie bittrer Hohn,
Ich sei jung an Jahren:
Da so lang die Liebste schon
Mir dahingefahren!

Wohl ergeh es, Engel, dir!
Werde licht und lichter!
Ach! dein Knabe wurde hier
Unterdes ein Dichter –

Mub nun reimen fruh und spat
Um sein taglich Leben! –
Willst du einen guten Rat
Dann und wann ihm geben?

26

Wie sie sich da drehn im Tanze,
Puppen aus geschnitztem Holz!
Eitles Volk im Kerzenglanze,
Leben heuchelnd, steif und stolz!

Schlusselbeine, Schulterblatter
Stoben schamlos hart mich an;
Alte Tanten, grau vom Wetter,
Klatschen langs der tollen Bahn.

Die dem Tode langst verfallen,
Treibt der Wahnsinn hier im Kreis!
Und ich schleiche durch die Hallen,
Einsam schlagt mein Herz und leis.

Dein gedenkt es, zarte Blute!
O mein rosiger Morgentraum!
Dab dich Gott mir treu behute
Fern am grunen Wogensaum!

Fern am Wogensaum, im Grabe
Schlaft, was Lust und Leben war! –
Dieses Bechers Feuergabe
Bring der Schlaferin ich dar!

Wie ein Schild von frischen Rosen,
Wie ein Schwert von Sonnenstrahl
Schutzt dein Bild mich Freundeslosen
Hier vor dieser oden Qual!

Jung geblieben ist mein Lieben,
Und noch heute rosenrot;
Auch mein Liebchen jung geblieben:
Dank dafur, du milder Tod!

27

Sieh! kaum glimmt des Stromes Spiegel
Silbermatt im Dammerlicht,
Und schon schlagt die Sammetflugel
Mir ein Falter ins Gesicht!

Sieh den Abendstern dort blinken
Ungewohnlich schon und hell!
Lieblich ist und klar zu trinken
Dieser Nachtluft kuhler Quell.

Komm heraus, du junges Leben!
Komm, so leis dein Fub dich tragt!
Recht in Lieb und Traum zu schweben
War ich jetzo aufgelegt.

Und ich habe dir zu Ehren
Einen guten Freund gebracht:
Er will uns die Minne lehren
Durch die kurze Sommernacht.

Liebeslieder sollen schallen,
Die vor siebzig Jahren schon
Unsern Mutterlein gefallen;
Rein klingt ihrer Weise Ton.

Lab uns einmal ruckwarts fliegen
In die Zeit, die still und fern!
Dieser Laune dich zu schmiegen,
Weib ich, tust du zwiefach gern! –

– “Sie kommt nicht?” fragt mein Begleiter,
“Und schon wird es morgenrot!” –
Ach, ‘s ist wahr! so sag ich weiter,
Denn sie ist, wie du, schon tot!

Armer Holty! Du kannst gehen!
Traurig such dein kuhles Haus!
Sieh, das frische Morgenwehen
Lacht uns alte Kinder aus!

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An meine Dame - GOTTFRIED KELLER