Des Bettlers Lied
Hab’ Flicken nur, kein ganzes Kleid,
Hab’ Sorgen stets, kein halbes Leid,
Doch mag ich nicht zu Grabe gehn,
Die Sonne scheint zu froh und schon,
Wenn sie es gar so ehrlich meint,
Mir auf den breiten Rucken scheint,
Weib nicht, was ich drum gabe,
Weil ich nur lebe!
Sitz’ Sonntags vor der Kirchenthur,
Da spenden Jung’ und Alte mir,
Manch Kinderkopfchen, spielzerzaust,
Druckt mir das Patschchen in die Faust
Und schaut mit grobem frischen Blick
Nach mein’m “Vergelt es Gott” zuruck.
Der Herr viel Gluck ihm gebe,
Weil ich nur lebe!
Dann kehr’ ich in der Schenke ein
Und trink’ mein Glaschen goldnen Wein
Und spielt es durch die Adern leis’,
Da klingt in mir die alte Weis’ –
Da schleich’ ich mich zum Waldeshang,
Vergess all Sorg und jeden Bang;
Mein Lied ich froh erhebe,
Weil ich nur lebe!
Da kriecht die Ameis ubers Blatt,
So hurtig, seh’ sie niemals matt,
Da schlagt der Fink, da glitzt der Tau,
Dort druben singt des Forsters Frau, –
Nun blinkt durchs Laub der Abendstern,
Grau winkt das Dorflein in der Fern’,
Wubt’ nicht, dab sich’s begabe,
Wenn ich nicht lebe!