Українська та зарубіжна поезія

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Das Buch der Bilder. Der Lesende

Ich las schon lang. Seit dieser Nachmittag,
mit Regen rauschend, an den Fenstern lag.
Vom Winde drauben horte ich nichts mehr:
mein Buch war schwer.
Ich sah ihm in die Blatter wie in Mienen,
die dunkel werden von Nachdenklichkeit,
und um mein Lesen staute sich die Zeit. –
Auf einmal sind die Seiten uberschienen,
und statt der bangen Wortverworrenheit
steht: Abend, Abend… uberall auf ihnen.
Ich schau noch nicht hinaus, und doch zerreiben
die langen Zeilen, und die Worte rollen
von ihren Faden fort, wohin sie wollen…
Da weib ich es: uber den ubervollen
glanzenden Garten sind die Himmel weit;
die Sonne hat noch einmal kommen sollen. –
Und jetzt wird Sommernacht, soweit man sieht:
zu wenig Gruppen stellt sich das Verstreute,
dunkel, auf langen Wegen, gehn die Leute,
und seltsam weit, als ob es mehr bedeute,
hort man das Wenige, das noch geschieht.

Und wenn ich jetzt vom Buch die Augen hebe,
wird nichts befremdlich sein und alles grob.
Dort drauben ist, was ich hier drinnen lebe,
und hier und dort ist alles grenzenlos;
nur dab ich mich noch mehr damit verwebe,
wenn meine Blicke an die Dinge passen
und an die ernste Einfachheit der Massen, –
da wachst die Erde uber sich hinaus.
Den ganzen Himmel scheint sie zu umfassen:
der erste Stern ist wie das letzte Haus.

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Das Buch der Bilder. Der Lesende - RAINER MARIA RILKE