Die Vorstadt
In ihrem Viertel, in dem Gassenkot,
Wo sich der grobe Mond durch Dunste drangt,
Und sinkend an dem niedern Himmel hangt,
Ein ungeheurer Schadel, weib und tot,
Da sitzen sie die warme Sommernacht
Vor ihrer Hohlen schwarzer Unterwelt,
Im Lumpenzeuge, das vor Staub zerfallt
Und aufgeblahte Leiber sehen macht.
Hier klafft ein Maul, das zahnlos auf sich reibt.
Hier hebt sich zweier Arme schwarzer Stumpf
Ein Irrer lallt die hohlen Lieder dumpf,
Wo hockt ein Greis, des Schadel Aussatz weibt.
Es spielen Kinder, denen fruh man brach
Die Gliederchen. Sie springen an den Krucken
Wie Flohe weit und humpeln voll Entzucken
Um einen Pfennig einem Fremden nach.
Aus einem Keller kommt ein Fischgeruch,
Wo Bettler starren auf die Graten bose.
Sie futtern einen Blinden mit Gekrose.
Er speit es auf das schwarze Hemdentuch.
Bei alten Weibern loschen ihre Lust
Die Greise unten, trub im Lampenschimmer,
Aus morschen Wiegen schallt das Schreien immer
Der magren Kinder nach der welken Brust.
Ein Blinder dreht auf schwarzem, grobem Bette
Den Leierkasten zu der Carmagnole,
Die tanzt ein Lahmer mit verbundener Sohle.
Hell klappert in der Hand die Kastagnette.
Uraltes Volk schwankt aus den tiefen Lochern,
An ihre Stirn Laternen vorgebunden.
Bergmannern gleich, die alten Vagabunden.
Um einen Stock die Hande, durr und knochern.
Auf Morgen geht’s. Die hellen Glockchen wimmern
Zur Armesundermette durch die Nacht.
Ein Tor geht auf. In seinem Dunkel schimmern
Eunuchenkopfe, faltig und verwacht.
Vor steilen Stufen schwankt des Wirtes Fahne,
Ein Totenkopf mit zwei gekreuzten Knochen.
Man sieht die Schlafer ruhn, wo sie gebrochen
Um sich herum die hollischen Arkane.
Am Mauertor, in Kruppeleitelkeit
Blaht sich ein Zwerg in rotem Seidenrocke,
Er schaut hinauf zur grunen Himmelsglocke,
Wo lautlos ziehn die Meteore weit.