Die Libelle
Es tanzt die schone Libelle
Wohl auf des Baches Welle;
Sie tanzt daher, sie tanzt dahin,
Die schimmelnde, flimmernde Gauklerin.
Gar mancher junge Kafertor
Bewundert ihr Kleid von blauem Flor,
Bewundert des Leibchens Emaille
Und auch die schlanke Taille.
Gar mancher junge Kafertor
Sein bibchen Kaferverstand verlor;
Die Buhlen sumsen von Lieb und Treu,
Versprechen Holland und Brabant dabei..
Die schone Libelle lacht und spricht:
“Holland und Brabant brauch ich nicht,
Doch sputet euch, ihr Freier,
Und holt mir ein Funkchen Feuer.
Die Kochin kam in Wochen,
Mub selbst mein Supplein kochen;
Die Kohlen des Herdes erloschen sind –
Holt mir ein Funkchen Feuer geschwind.”
Kaum hat die Falsche gesprochen das Wort,
Die Kafer flatterten eilig fort.
Sie suchen Feuer, und lassen bald
Weit hinter sich den Heimatwald.
Sie sehen Kerzenlicht, ich glaube
In einer erleuchteten Gartenlaube;
Und die Verliebten, mit blindem Mut
Sturzen sie sich in die Kerzenglut.
Knisternd verzehrten die Flammen der Kerzen
Die Kafer und ihre liebenden Herzen;
Die einen bubten das Leben ein,
Die andern nur die Flugelein.
O wehe dem Kafer, welchem verbrannt
Die Flugel sind! Im fremden Land
Mub er wie ein Wurm am Boden kriechen,
Mit feuchten Insekten, die hablich riechen.
Die schlechte Gesellschaft, hort man ihn klagen,
Ist im Exil die schlimmste der Plagen.
Wir mussen verkehren mit einer Schar
Von Ungeziefer, von Wanzen sogar,
Die uns behandeln als Kameraden,
Weil wir im selben Schmutze waten –
Drob klagte schon der Schuler Virgils,
Der Dichter der Holle und des Exils.
Ich denke mit Gram an die bessere Zeit,
Wo ich mit beflugelter Herrlichkeit
Im Heimatather gegaukelt,
Auf Sonnenblumen geschaukelt,
Aus Rosenkelchen Nahrung sog
Und vornehm war, und Umgang pflog
Mit Schmetterlingen von adligem Sinn,
Und mit der Zikade, der Kunstlerin –
Jetzt sind meine armen Flugel verbrannt;
Ich kann nicht zuruck ins Vaterland,
Ich bin ein Wurm, und ich verrecke
Und ich verfaule im fremden Drecke.
Oh, dab ich nie gesehen hatt
Die Wasserfliege, die blaue Kokett
Mit ihrer feinen Taille –
Die schone, falsche Canaille!