Das Geheimnis der Schonheit
Was ist es, das an alle deine Schritte
Uns fesselt und das Herz uns schwellt,
Und uns zugleich in diese reine Mitte
Von heil’ger Scheu und suber Neigung stellt?
Zwar scheinst du, wie aus einer lichten Sphare
In unsre Nacht hinabgetaucht,
Als ob der Duft in dir verleiblicht ware,
Den still der Lotos in die Lufte haucht.
Doch ist’s nicht dieser Zauber, der uns bindet,
Uns trifft ein hoherer durch ihn,
Bei dem die Seele schauernd vorempfindet,
Wie alle Welten ihre Bahnen ziehn.
Du magst dein Auge senken oder heben,
Den Reigen fuhren oder ruhn,
So spiegelt sich das allgemeine Leben,
Dir selbst Geheimnis, ab in deinem Tun.
Du bist der Schmetterling, der auf den Flugeln
Den Schlussel zu der Schopfung tragt
Und sie im Gaukeln uber Aun und Hugeln
Vorm Strahl der Sonne auseinander schlagt.
Du folgst nur einem fluchtigen Verlangen,
Nur einer Wallung der Natur,
Wenn wir mit trunknen Blicken an dir hangen,
Als zog’ ein neuer Stern die erste Spur.
Du pfluckst in einer kindlich-leichten Regung
Dir Blute oder Frucht vom Baum
Und weckst durch eine liebliche Bewegung
In uns den fruhsten Paradieses-Traum.
Heil uns, dab du in unbewubtem Walten,
Wenn du auch selbst nur spielen willst,
Durch deiner Schonheit leuchtendes Entfalten
In uns das ewige Bedurfnis stillst.