Ueber eine Hochzeit
Ein Kenner, dessen Einsicht ich mehr als der meinigen zutraue, hat mich bewogen, dieses verworfene Gedicht wieder hervorzusuchen. Andere erfahrene Richter hatten es zur Vergessenheit verurtheilt, und in eignen Dingen traut man billig einem fremden Geschmack mehr als dem seinigen. Die vornehmen Personen, die darin besungen werden, hatten allerdings in Ansehung der beiderseitigen Geburt und Verwandtschaft viele Vorzuge, und die scharfsinnige Klugheit des Brautigams ist nachwarts in den Unglucksfallen, aus welchen ihn sein Verstand emporgehoben hat, in seinem Vaterlande jedermann bekannt worden.
Entweicht! ihr unberufnen Dichter,
Singt auf den Banken Bauren vor!
Ist vor euch Larmer dann kein Richter?
Sorgt niemand fur ein kennend Ohr?
Die Gasse schnarrt von feilen Leiern,
Ganz Teutschland quillt mit nuchtren Schreiern,
Auch Frosche sind nicht so gemein.
Ihr Unterkaufler falscher Ehre,
Eh ich mich von euch ruhmen hore,
Eh wollt ich noch gescholten sein!
Zwar Dichter sind sonst nicht zu hohnen,
Die Reime leiden auch Verstand,
Sie dienen Tugenden zu kronen,
Kein Witz ist besser angewandt:
Doch wann, noch matt vom Bucher-Schranke,
Nur ein erhascheter Gedanke
Durch die geflickten Reime hinkt,
Da wird sich billig jeder schamen,
Ein unacht Rauchwerk anzunehmen,
Wovon der beste Name stinkt.
Wie glucklich waren jene Zeiten,
Da Ruhm und Tugend stund im Bund!
Die Helden wurden grob im streiten,
Noch grober in der Dichter Mund.
Auf starker Geister Adler-Schwingen
Hub sich der Ruhm, den Thaten bringen,
Nach der verdienten Ewigkeit:
Viel fester als auf Marmor-Saulen
Trotzt, auf Homers geweihten Zeilen,
Achilles der Vergessenheit.
Vertrautes Paar! dem heut zur Liebe
Des Hymens holde Fackel brennt,
O dab fur euch ein Dichter bliebe
Von jenen, die Apollo kennt!
War Thebens Sanger noch auf Erde,
Der oft den Ruhm geschwinder Pferde
Mit schlechtem Recht verewigt hat;
Die letzte Nachwelt wurde lesen,
Dab ihr der euren Zier gewesen
Und die Verwundrung eurer Stadt.
Zwar sind die Dichter euch missgonnet,
So ists der wahre Nachruhm nicht:
Die Ehrfurcht jedes, der euch kennet,
Ist doch das beste Lob-Gedicht.
Ein armer Dichter zahlt mit Ruhme,
Der Tugend Sold und Eigenthume,
Den Zins von eignen Schulden ab.
Das Lob, das feile Lieder geben,
Hat niemals ein beredend Leben,
Wie das, das euer Volk euch gab.
Doch meine Freundschaft wird zur Plage,
Genub und Wonne sind euch nah,
Lebt lang und wohl, der Himmel sage
Zu meinem Wunsch sein wurkend Ja!
Ihr aber eilt, vertraute beide,
Zu der entzuckten Art der Freude,
Die nur vergnugte Liebe giebt.
In eures Stammes edlen Gaben
Wird einst die Welt ein Abbild haben
Von dem, was wir in euch geliebt!