Der aufrichtige Schreiner
“Nun, Gott zum Grub, Frau Liebermann!
Da kann man freilich sagen:
Schnell tritt der Tod den Menschen an,
Da hilft einmal kein Klagen.
So woll’n wir denn zu Werke gehn –
Wie es uns auch mag gramen –
Und wollen hier dem Seligen
Das Mab zum Sarge nehmen.
Ei, ei, funf Schuh und ein’ge Zoll,
Das heib ich eine Lange!
Und auch der Brustkorb, sieht man wohl,
Der war gerad nicht enge,
Und Knochen, wie kein Tagedieb,
Die mochten wohl nicht rosten.
Was sagt Ihr? Oefter als Euch lieb,
Bekamt Ihr die zu kosten?
Je nun, man mub dem sel’gen Mann
Nicht Uebles drum nachsagen;
Wenn ‘s Weib das Maul nicht halten kann,
Mub man ihr d’Red’ verschlagen.
Na, nehmt mir’s nur nicht ubel gar
Und heibt mich keinen Flegel;
Wenn, was bei andern Ausnahm’ war,
Bei ihm zuletzt die Regel,
Dann habt Ihr recht, nun freilich auch,
Kein Arzt wurd’ anders raten:
Was heilt bei mabigem Gebrauch,
Das mub bei hauf’gem schaden.
Ihr meint: sein Unrecht habe er
Im Sterbebett empfunden
Und ‘s hatte ihn beschweret sehr
In seinen letzten Stunden?
Nun, dieserwegen braucht Ihr Euch
Gerade nicht zu kranken.
Frau Liebermann, wer wird denn gleich
Das Allerargste denken?
Euch freilich ruhrte es sofort,
Dab er Euch da gegeben –
Als Sterbender – ein gutes Wort,
Wie nie in seinem Leben;
Doch dab er auch hierbei gedacht,
Was er Euch lieb erleiden
Und dies das End’ ihm schwer gemacht,
Das mocht’ ich doch bestreiten.
Ich setze Haus und Hof zum Pfand,
Er fuhr in Fried’ von hinnen,
Denn als er ›Engel‹ Euch genannt,
War er schon nicht bei Sinnen!”