Der Trompeter von Sakkingen 14. Stuck – 1
Werner ritt hinaus ins Weite,
Margareta blieb in Trauern,
Bis sich beide wiederfinden,
Wird’s wohl ein paar Jahre dauern.
I.
Als ich zum erstenmal dich sah,
Verstummten meine Worte,
Es loste all mein Denken sich
In schwellende Akkorde.
Drum steh’ ich arm Trompeterlein
Musizierend auf dem Rasen,
Kann dir nicht sagen, was ich will,
Kann meine Lieb’ nur blasen. II.
Als ich zum erstenmal dich sah,
Es war am sechsten Marze,
Da fuhr ein Blitz aus blauer Luft
Versengend in mein Herze.
Hat all verbrannt, was drinnen stand,
Es ist mir nichts geblieben.
Doch efeugleich wachst aus dem Schutt
Der Name meiner Lieben. III.
O wende nicht den scheuen Blick
Und fleuch nicht zag und bange,
Kehr zum Balkone keck zuruck
Und lausche meinem Sange.
Vergeblich Muhn, mir zu entfliehn,
Ich blase ruhig weiter,
Da werden meine Melodien
Zur wundersamen Leiter.
Auf der Akkorde Sprossen schwingt
Die Lieb’ empor sich leise,
Durch Schlob und Riegel zu dir klingt
Dann wiederum die Weise:
O wende nicht den scheuen Blick
Und fleuch nicht zag und bange,
Kehr zum Balkone keck zuruck
Und lausche meinem Sange. IV.
Am Ufer blies ich ein lustig Stuck,
Wie klang die alte Trompete
Hell in den Sturm, der das Geton
Zum Herrenschlob verwehte.
Die Wasserfrau im tiefen Grund
Hort Sturm und Tone rauschen,
Sie steigt herauf, neugierig will
Die Klange sie erlauschen.
Und als sie wieder hinabgetaucht,
Erzahlt sie den Fischen mit Lachen:
“O Rheineskinder, man erlebt
Doch sonderbarliche Sachen.
Sitzt oben einer im Regensturm;
Was glaubt ihr, dab er triebe?
– Blast immerzu dasselbe Lied,
Das Lied von seiner Liebe.”V.
Frau Musika, o habet Dank
Und seid mir hoch gepriesen,
Dab Ihr in Sang und Spielmannskunst
Mich loblich unterwiesen.
Die Sprache ist ein edel Ding,
Doch hat sie ihre Schranken;
Ich glaub’, noch immer fehlt’s am Wort
Fur die feinsten und tiefsten Gedanken.
Schad’t nichts, wenn auch ob Dem und Dem
Die Reden all verstummen,
Es hebt sich dann im Herzensgrund
Ein wunderbares Summen.
Es summt und brummt, es tont und weht, –
Schier wird’s dem Herz zu enge,
Bis dab vollendet draus entschwebt
Der Geisterschwarm der Klange.
Und vor der Liebsten stand’ ich oft
Als wie der dummste Geselle,
Hatt’ ich nicht gleich ein frisches Lied
Und die Trompet’ zur Stelle.
Drum habet Dank, Frau Musika,
Und seid mir hoch gepriesen,
Dab Ihr in Sang und Spielmannskunst
Mich loblich unterwiesen. VI.
Die Raben und die Lerchen
Sind gar verschiedner Art,
Ich kann mein’ Freud’ nicht bergen,
Dab ich kein Schreiber ward.
Die Welt ist nicht von Leder,
Im Tannwald wachst kein Stroh,
Als lustiger Trompeter
Blas ich halli, hallo!
Das jubelt, schallt und larmet,
Das ist ein hell’ Geton:
Wer sich des Klanges harmet,
Der mag ins Kloster gehn.
Und regnet’s einmal Tinte,
Und schneit’s mit Streusand drein,
Dann reut mich meine Sunde,
Dann lab ich’s Blasen sein. VII.
Wo an der Bruck’ die Woge schaumt,
Da schwamm die Frau Forelle,
Sie schwamm zum Vetter Lachs hinab:
“Wie geht’s Euch, Stromgeselle?”
“‘s geht gut,” sprach er, “doch denk’ ich g’rad:
Wen nur das Donnerwetter
Erschlug’ den Musikanten, den
Gelbschnabligen Trompeter!
Den ganzen Tag am Ufer geht
Der junge Herr spazieren!
Rheinab, Rheinauf hort nimmer auf
Sein leidig Musizieren.”
Vergnugt die Frau Forelle sagt:
“Herr Vetter, Ihr seid grobe!
Erlaubt, dab ich im Gegenteil
Den Herrn Trompeter lobe:
War’ Euch, wie dem, in Lieb’ geneigt
Die schone Margareta,
Ihr lerntet in alten Tagen noch
Hochstselber die Trompeta!”VIII.
O wolle nicht den Rosenstraub
Huldvoll als Grub mir reichen,
Ein immergrunes Stechpalmreis
Sei unsrer Liebe Zeichen.
Der Blatter Kranz im stillen Glanz
Die reifende Frucht beschutzet,
Und fremde Hand, die ohn’ Verstand
Dran tastet, wird geritzet.
Die Rose prangt, doch kommt der Herbst,
Steht sie verwelkt und trauert,
Des Stechpalmblatts bescheiden Grun
Den Winter uberdauert. IX.
Lind duftig halt die Maiennacht
Jetzt Berg und Tal umfangen!
Da komm’ ich durch die Busche sacht
Zum Herrenschlob gegangen.
Im Garten rauscht der Lindenbaum,
Ich steig in seine Äste
Und singe aus dem grunen Raum
Hinauf zur hohen Feste:
“Jung Werner ist der gluckseligste Mann
Im romischen Reich geworden,
Doch wer sein Gluck ihm angetan,
Das sagt er nicht mit Worten.
Das sagt er nur mit Hei Juhei! –
Wie wunderschon ist doch der Mai,
Feinslieb, ich tu’ dich gruben!”
Im Wipfel hoch die Nachtigall
Stimmt ein mit subem Schlagen,
Durch Berg und Tal wird weit der Schall,
Der Schall des Lieds getragen.
Drob schauen rings die Vogel auf,
Der Sang tat sie erwecken;
Bald schmettert laut der helle Hauf
Aus Busch und Zweig und Hecken:
“Jung Werner ist der gluckseligste Mann
Im romischen Reich geworden,
Doch wer sein Gluck ihm angetan,
Das sagt er nicht mit Worten.
Das sagt er nur mit Hei Juhei! –
Wie wunderschon ist doch der Mai,
Feinslieb, ich tu’ dich gruben!”
Die Welle hort’s, die Welle bringt’s
Stromabwarts an die Hauser,
Aus nebelgrauer Ferne klingt’s
Zuruck mir leis und leiser.
Und oben hoch im Maienduft
Seh’ ich zwei Engel fliegen,
Wie Harfenton kommt durch die Luft
Ihr Sang herabgestiegen:
“Jung Werner ist der gluckseligste Mann
Im romischen Reich geworden,
Doch wer sein Gluck ihm angetan,
Das sagt er nicht mit Worten.
Das sagt er nur mit Hei Juhei! –
Wie wunderschon ist doch der Mai,
Feinslieb, ich tu’ dich gruben!”X.
Wer klappert von dem Turme
Seltsamen Grub mir? horch!
Das ist in seinem Neste
Mein alter Freund, der Storch.
Er rustet sich zur Reise
Weit uber Land und See,
Der Herbst kommt angezogen,
Drum sagt er uns Ade!
Hast recht, dab du verreisest,
Bei uns wird’s kahl und still,
Grub mir das Land Italien
Und auch den Vater Nil.
Es werde dir im Suden
Ein besser Mahl zuteil,
Als deutsche Frosch’ und Kroten,
Maikafer und Langweil’!
Behut’ dich Gott, du Alter,
Mein Segen mit dir zieht,
Du hast in stillen Nachten
Oftmals gehort mein Lied.
Und wenn du nicht zufallig
Im Nest verschlafen bist,
So hast du auch gesehen,
Wie sie mich einst gekubt.
Doch schwatz nicht aus der Schule,
Schweig still, alter Kumpan!
Was geht die Afrikaner
Die Lieb’ am Rheine an? XI.
Ein’ festen Sitz hab’ ich veracht’t,
Fuhr unstet durchs Revier,
Da fand ich sonder Vorbedacht
Ein lobesam Quartier.
Doch wie ich in der Ruhe Schob
Sanftlich zu sitzen wahn’,
Da bricht ein Donnerwetter los,
Mub wieder wandern gehn.
Alljahr wachst eine andre Pflanz’
Im Garten, als vorher;
Das Leben war’ ein Narrentanz,
Wenn’s nicht so ernsthaft war’.XII.
Das ist im Leben hablich eingerichtet,
Dab bei den Rosen gleich die Dornen stehn,
Und was das arme Herz auch sehnt und dichtet,
Zum Schlusse kommt das Voneinandergehn.
In deinen Augen hab’ ich einst gelesen,
Es blitzte drin von Lieb’ und Gluck ein Schein:
Behut’ dich Gott! es war’ zu schon gewesen,
Behut’ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –
Leid, Neid und Hab, auch ich hab’ sie empfunden,
Ein sturmgeprufter muder Wandersmann.
Ich traumt’ von Frieden dann und stillen Stunden,
Da fuhrte mich der Weg zu dir hinan.
In deinen Armen wollt’ ich ganz genesen,
Zum Danke dir mein junges Leben weihn:
Behut’ dich Gott! es war’ zu schon gewesen,
Behut’ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –
Die Wolken fliehn, der Wind saust durch die Blatter,
Ein Regenschauer zieht durch Wald und Feld,
Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter,
Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt.
Doch wend’ es sich zum Guten oder Bosen,
Du schlanke Maid, in Treuen denk’ ich dein!
Behut’ dich Gott! es war’ zu schon gewesen,
Behut’ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –
Der Trompeter von Sakkingen 14. Stuck – 2
I.
Eigner Sang erfreut den Biedern,
Denn die Kunst ging langst ins Breite,
Seinen Hausbedarf an Liedern
Schafft ein jeder selbst sich heute.
Drum der Dichtung leichte Schwingen
Strebt’ auch ich mir anzueignen;
Wer wagt’s, den Beruf zum Singen
Einem Kater abzuleugnen?
Und es kommt nicht minder teuer,
Als zur Buchhandlung zu laufen
Und der andern matt’ Geleier
Fein in Goldschnitt einzukaufen. II.
Wenn im Tal und auf den Bergen
Mitternachtig heult der Sturm,
Klettert uber First und Schornstein
Hiddigeigei auf zum Turm.
Einem Geist gleich steht er oben,
Schoner, als er jemals war.
Feuer spruhen seine Augen,
Feuer sein gestraubtes Haar.
Und er singt in wilden Weisen,
Singt ein altes Katerschlachtlied,
Das wie fern Gewitterrollen
Durch die sturmdurchbrauste Nacht zieht.
Nimmer horen ihn die Menschen,
Jeder schlaft in seinem Haus,
Aber tief im Kellerloche
Hort erblassend ihn die Maus.
Und sie kennt des Alten Stimme,
Und sie zittert, und sie weib:
Furchterlich in seinem Grimme
Ist der Katerheldengreis. III.
Von des Turmes hochster Spitze
Schau’ ich in die Welt herein,
Schaue auf erhab’nem Sitze
In das Treiben der Partein.
Und die Katzenaugen sehen,
Und die Katzenseele lacht,
Wie das Volklein der Pygmaen
Unten dumme Sachen macht.
Doch was nutzt’s? ich kann den Haufen
Nicht auf meinen Standpunkt ziehn,
Und so lab ich ihn denn laufen,
‘s ist wahrhaft nicht schad’ um ihn.
Menschentun ist ein Verkehrtes,
Menschentun ist Ach und Krach;
Im Bewubtsein seines Wertes
Sitzt der Kater auf dem Dach! – IV.
O die Menschen tun uns unrecht,
Und den Dank such’ ich vergebens,
Sie verkennen ganz die feinern
Saiten unsers Katzenlebens.
Und wenn einer schwer und schwankend
Niederfallt in seiner Kammer,
Und ihn morgens Kopfweh qualet,
Nennt er’s einen Katzenjammer.
Katzenjammer, o Injurie!
Wir miauen zart im stillen,
Nur die Menschen hor’ ich oftmals
Graunhaft durch die Straben brullen.
Ja, sie tun uns bitter unrecht,
Und was weib ihr rohes Herze
Von dem wahren, tiefen, schweren,
Ungeheuren Katzenschmerze? V.
Auch Hiddigeigei hat einstmals geschwarmt
Fur das Wahre und Gute und Schone.
Auch Hiddigeigei hat einst sich geharmt
Und geweint manch sehnsuchtige Trane.
Auch Hiddigeigei ist einstmals ergluht
Fur die schonste der Katzenfrauen,
Es klang wie des Troubadours Minnelied
Begeistert sein nachtlich Miauen.
Auch Hiddigeigei hat mutige Streich’
Vollfuhrt einst, wie Roland im Rasen,
Es schlugen die Menschen das Fell ihm weich,
Sie trauften ihm Pech auf die Nasen.
Auch Hiddigeigei hat spat erst erkannt,
Dab die Liebste ihn schandlich betrogen,
Dab mit einem ganz erbarmlichen Fant
Sie verbotenen Umgang gepflogen.
Da ward Hiddigeigei entsetzlich belehrt,
Da lieb er das Schwarmen und Schmachten,
Da ward er trotzig in sich gekehrt,
Da lernt’ er die Welt verachten. VI.
Schoner Monat Mai, wie grablich
Sind dem Kater deine Stunden,
Des Gesanges Hollenqualen
Hab’ ich nie so tief empfunden.
Aus den Zweigen, aus den Buschen
Tont der Vogel Tirilieren,
Weit und breit hor’ ich die Menschheit
Wie im Taglohn musizieren.
In der Kuche singt die Kochin,
Ist auch sie von Lieb’ betoret?
Und sie singet aus der Fistel,
Dab sie Seele sich emporet.
Weiter aufwarts will ich fluchten,
Auf zum luftigen Balkone,
Wehe! – aus dem Garten schallt der
Blonden Nachbarin Kanzone.
Unterm Dache selber find’ ich
Die gestorte Ruh’ nicht wieder,
Nebenan wohnt ein Poet, er
Trillert seine eignen Lieder.
Und verzweifelt will ich jetzo
In des Kellers Tiefen steigen,
Ach! – da tanzt man in der Hausflur,
Tanzt zu Dudelsack und Geigen.
Harmlos Volk! In Selbstbetaubung
Werdet ihr noch lyrisch tollen,
Wenn vernichtend schon des Ostens
Tragisch dumpfe Donner rollen! VII.
Mai ist’s jetzo. Fur den Denker,
Der die Grunde der Erscheinung
Kennt, ist dieses nicht befremdlich.
In dem Mittelpunkt der Dinge
Stehn zwei alte weibe Katzen,
Diese drehn der Erde Achse,
Dieser Drehung Folge ist dann
Das System der Jahreszeiten.
Doch warum im Monat Maie
Ist das Aug’ mir so beweglich,
Ist das Herz mir so erreglich?
Und warum wie festgenagelt
Mub im Tag ich sechzehn Stunden
Zum Balkon hinuberschielen,
Nach der blonden Mullimulli,
Nach der schwarzen Stibizzina? VIII.
In den Sturmen der Versuchung
Hab’ ich lang schon Ruh’ gefunden,
Doch dem Tugenhaftsten selber
Kommen unbewachte Stunden!
Heiber als in heiber Jugend
Überschleicht der alte Traum mich,
Und beflugelt schwingt des Katers
Sehnen uber Zeit und Raum sich.
O Neapel, Land der Wonne,
Unversiegter Nektarbecher!
Nach Sorrent mocht’ ich mich schwingen,
Nach Sorrent, aufs Dach der Dacher.
Der Vesuvius grubt, es grubt vom
Dunkeln Meer das weibe Segel,
Im Olivenwald ertont ein
Sub Konzert der Fruhlingsvogel.
Zu der Loggia schleicht Carmela,
Sie, die schonste aller Katzen,
Und sie streichelt mir den Schnauzbart,
Und sie druckt mir leis die Tatzen,
Und sie schaut mich an sub schmachtend –
Aber horch, es tont ein Knurren.
Ist’s vom Golf der Wellen Rauschen?
Ist es des Vesuvius Murren?
‘s ist nicht des Vesuvius Murren,
Der halt jetzo Feierstunde,
– In dem Hof, Verderben sinnend,
Bellt der schlechtste aller Hunde.
Bellt der schechtste aller Hunde,
Bellt Krakehlo, der Verrater,
Und mein Katertraum zerrinnet
Luftig in den blauen Äther. IX.
Hiddigeigei halt durch strengen
Wandel rein sich das Gewissen,
Doch er druckt ein Auge zu, wenn
Sich die Nebenkatzen kussen.
Hiddigeigei lebt mit Eifer
Dem Beruf der Mausetotung,
Doch er zurnt nicht, wenn ein andrer
Sich vergnugt an Sang und Flotung.
Hiddigeigei spricht, der Alte:
Pfluck’ die Fruchte, eh’ sie platzen;
Wenn die magern Jahre kommen,
Saug an der Erinn’rung Tatzen! X.
Auch ein ernstes gottesfurchtig
Leben nicht vor Alter schutzet,
Mit Entrustung seh’ ich, wie schon
Graues Haar im Pelz mir sitzet.
Ja die Zeit tilgt unbarmherzig,
Was der einzle keck geschaffen –
Gegen diesen scharfgezahnten
Feind gebricht es uns an Waffen.
Und wir fallen ihm zum Opfer,
Unbewundert und vergessen;
– O ich mochte wutend an der
Turmuhr beide Zeiger fressen! XI.
Vorbei ist die Zeit, wo der Mensch noch nicht
Den Erdball unsicher machte,
Wo der Urwald unter dem Vollgewicht
Des Mammutfubtritts erkrachte.
Vergeblich spahst du in unserm Revier
Nach dem Lowen, dem Wustensohne;
Es ist zu bedenken: wir leben allhier
In sehr gemabigter Zone.
In Leben und Dichtung gehort das Feld
Nicht dem Groben und Ungemeinen;
Und immer schwachlicher wird die Welt,
Noch kommen die Kleinsten der Kleinen.
Sind wir Katzen verstummt, so singt die Maus,
Dann schnurt auch die ihren Bundel;
Zuletzt jubiliert noch in Saus und Braus
Das Infusorien-GesindelXII.
An dem Ende seiner Tage
Steht der Kater Hiddigeigei,
Und er denkt mit leiser Klage,
Wie sein Dasein bald vorbei sei.
Mochte gerne aus dem Schatze
Reicher Weisheit Lehren geben,
Dran in Zukunft manche Katze
Haltpunkt fand’ im schwanken Leben.
Ach, der Lebenspfad ist holpernd,
– Liegen dort so manche Steine,
Dran wir Alte, schmahlich stolpernd,
Oftmals uns verrenkt die Beine.
Ach, das Leben birgt viel Hader
Und schlagt viel unnutze Wunden,
Mancher tapfre schwarze Kater
Hat umsonst den Tod gefunden.
Doch wozu der alte Kummer,
Und ich hor’ die Jungen lachen,
Und sie treiben’s noch viel dummer,
Schaden erst wird klug sie machen.
Fruchtlos stets ist die Geschichte;
Mogen sehn sie, wie sie’s treiben!
– Hiddigeigeis Lehrgedichte
Werden ungesungen bleiben. XIII.
Arm wird matter, Stirn wird bleicher,
Balde reibt des Lebens Faden,
Grabt ein Grab mir auf dem Speicher,
Auf der Walstatt meiner Taten!
Fester Kampe, trug die ganze
Wucht ich hitzigen Gefechtes:
Senkt mich ein mit Schild und Lanze
Als den Letzten des Geschlechtes.
Als den letzten, – o die Enkel,
Nimmer gleichen sie den Vatern,
Kennen nicht des Geists Geplankel,
Ehrbar sind sie, steif und ledern.
Ledern sind sie und langweilig,
Kurz und dunn ist ihr Gedachtnis;
Nur sehr wen’ge halten heilig
Ihrer Ahnherrn fromm Vermachtnis.
Aber einst, in fernen Tagen,
Wenn ich langst hinabgesargt bin,
Zieht ein nachtlich Katerklagen
Zurnend uber euren Markt hin.
Zurnend klingt euch in die Ohren
Hiddigeigeis Geisterwarnung:
“Rettet euch, unsel’ge Toren,
Vor der Nuchternheit Umgarnung!”