Українська та зарубіжна поезія

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Der Trompeter von Sakkingen 13. Stuck

Nacht, wie bist du lang und bange,
Wenn sich auf den muden Mann nicht
Mit dem Schatten auch der Schlummer
Und der Traum herniedersenkt.
Rastlos graben die Gedanken
In dem Schutte des vergangnen,
Alten Lebens Trummer wuhlen
Sie hervor, doch nirgends frohlich
Haftet drauf der Blick, er schaut nur
Dunkle, trubgespenst’ge Bilder,
Ihnen fehlt des Tages Sonnlicht.
Unerquickt dann in die Ferne
Schweift der Geist dess’, dem der Schlaf fehlt,
Schmiedet Plane, fabt Entschlusse,
Baut sich stolze, luft’ge Schlosser,
Doch wie Fledermaus’ und Eulen
Schwirrt um sie der Schwarm der Zweifel
Und verscheucht ihm Mut und Hoffnung.
Mitternacht schlug’s auf der Turmuhr,
Ruhlos sab auf seinem Lager
Werner in der Erkerstube.
Durch die Fenster glanzt in feinem,
Schmalem Streif der Mondesschimmer,
Fernher rauscht des Rheines Flut.
Traumgestalten wogten vor den
Wachen Blicken auf und nieder.
Einmal war’s ihm, ‘s ware Sonntag,
Glockenlauten, Pferdewiehern,
Schwarzwaldaufwarts zieht ein Brautzug!
Er voraus in stolzem Festschmuck,
Ihm zur Seite Margareta,
Myrtenkranz in blonden Locken.
Und im Dorflein oben lauter
Hochzeitsjubel, Pfad und Gassen
Sind mit Blumen uberstreut.
Im Ornate steht sein alter
Pfarrherr an der Kirchenpforte,
Segnend winkt er einzutreten –
Doch das Bild kam nicht zum Schlusse,
Die Gedanken schwenkten; – ‘s war ihm
Drauf, als klopft es an die Ture,
Und herein trat krummen Gangs sein
Heidelberger Freund Perkêo.
Funkelnd durch der Stube Dunkel
Leuchtete die rote Nase,
Und er sprach mit heisrer Stimme:
“Burschlein, Burschlein, lab die Liebe!
Liebe ist ein schlimmes Feuer,
Fribt den, so es angeblasen,
Und du bist kein Kohlenbrenner!
Komm nach Haus zum grunen Neckar,
Komm zu mir zum groben Fasse,
‘s birgt noch Stoffs genug, du magst drin
Loschen deiner Liebe Glut!”

Wied’rum war es ihm, als war’ er
In die Turkenschlacht geritten:
Allah ruft’s, die Sabel sausen,
Einen Pascha haut er von dem
Schimmel, und er bringt den Halbmond
Vor den Feldherrn Prinz Eugen;
Dieser klopft ihm auf die Schulter:
“Brav, mein kaiserlicher Hauptmann!”
Jetzt vom Schlachtfeld flog sein Sinnen
Ruckwarts in der Kindheit Tage,
Und im Garten sang die Amme:
Eichhorn klettern ubern Schlehdorn,
Eichhorn will zum Wipfel steigen,
Eichhorn fallt ins Gras herab.
War’ es nicht so hoch gestiegen,
War’ es nicht so tief gefallen,
Brach’s sein Fublein nicht entzwei.”* * *Also schlaflos sab jung Werner.
Endlich sprang er von dem Lager
Und durchmab mit groben Schritten
Seine Stub’, doch drauend schwer stand
Stets vor ihm die gleiche Frage:
“Werb’ ich um das Kind des Freiherrn?”
‘s war ihm schier, als sei die Lieb’ ein
Unrecht Gut, als sollt’ er eiligst
Wie ein Dieb vor Tagesgrauen
Reibaus nehmen, – aber jetzo
Hob in alter Jugendschone
Sich die Sonne aus der lichten
Dammerung des fruhen Morgens.
“Schame dich, verzagtes Herze,
Ja, ich werbe!” rief jung Werner.

Bei dem Morgenimbib sab der
Freiherr, einen Brief studierend,
Der ihm tags zuvor gebracht war.
Weit aus Schwaben kam der Bote,
Von der Donau, wo in engem
Tal der junge Strom einherfliebt;
Schroffe Kalksteinwande ragen
In die Flut, mit ihnen spiegelt
Drin des Buchwalds lichtes Grun sich;
Dorther kam der Mann geritten.
Doch im Briefe stand geschrieben:

“Alter Kriegsfreund, denkt Ihr auch noch
An den Hans von Wildenstein?
‘s ist schon mancher Tropfen Wasser
Rhein – und Donauab geflossen,
Seit wir draub in der Campagne
An dem Beiwachtfeuer lagen;
Und ich merk’s an meinem Buben.
Hab’ just jetzt so einen Bengel,
Vierundzwanzig Jahre zahlt er,
Page war er an des Herzogs
Hof in Stuttgart, nachher schickt’ ich
Ihn nach Tubingen zur Hochschul’.
Wenn ich nach den Schulden rechne,
Die ich fur ihn zahlen mubte,
Hat er vieles dort gelernt.
Jetzo sitzt er bei mir auf dem
Wildenstein und birscht den Damhirsch,
Birscht den Fuchs und birscht den Hasen.
Doch mitunter jagt der Schlingel
Auch nach schmucken Bauerntochtern,
Und ‘s war’ Zeit, ihn balde durch das
Joch der Ehe zahm zu machen.
Irr’ ich nicht, so habt Ihr just ein
Tochterlein, das fur ihn recht war’:
Unter alten Kameraden
Macht man nicht viel Umschweif, darum
Fall’ ich mit der Tur ins Haus und
Frag’: Wie schien’s Euch, wenn ich meinen
Damian auf die Brautfahrt schickte,
Auf die Brautfahrt nach dem Rhein?
Gebt mir bald Bericht, es grubt Euch
Hans von Wildenstein, der Alte.”
“Nachschrift: Denkt Ihr auch noch an die
Grobe Rauferei zu Augsburg
Mit den bair’schen Kavalieren?
An den Zorn des reichen Fugger,
Und die Ungnad’ seiner Damen?
– ‘s sind jetzt zweiunddreibig Jahr!” –

Muhsam an des Kriegsfreunds krauser
Handschrift zifferte der Freiherr,
‘s mocht wohl eine halbe Stunde
Wahren, eh’ er an den Schlub kam.
Lachelnd sprach er dann: “Es sind doch
Teufelskerle, diese Schwaben.
Ungehobelt sind sie alle
Und von grobem Schrot und Korn.
Aber in den eck’gen Kopfen
Liegt viel Klugheit aufgespeichert,
Mancher geistesdurre Schlucker
Konnt’ sich dran verproviantieren.
Kalkuliert mein wackrer Hans doch
Noch in seinen alten Tagen
Wie ein Diplomatikus:
Seinem pfandbeschwerten, morschen
Eulenneste an der Donau
War’ mit einer reichen Mitgift
Gar nicht ubel aufgeholfen.
Doch, es labt der Plan sich horen,
Guten Klang im deutschen Reiche
Hat der Wildensteiner Name,
Seit sie mit dem Kaiser Rotbart
In das heil’ge Land gezogen.
Mag’s der Junker denn probieren!”

Jetzt zum Freiherr trat jung Werner
Ernsten Gangs, im schwarzen Festkleid,
Schwermut auf dem blassen Antlitz.
Scherzend rief ihm der entgegen:
“Wollt Euch just zu mir bescheiden,
Euch ersuchen, dab Ihr Eure
Feder spitzt und als mein treuer
Sekretarius einen Brief schreibt,
Einen Brief gewicht’gen Inhalts.
‘s fragt im Schwabenland ein Ritter
Nach dem Fraulein, meiner Tochter,
Freit auch unverblumt um sie fur
Seinen Sohn, den Junker Damian.
Schreibt ihm denn, wie Margareta
Grob und schon itzt in die Welt schaut,
Wie sie – doch Ihr wibt das alles, –
Denkt, Ihr seid ein Maler, malt ihm
Schwarz auf weib ein leibhaft treues
Kontrafei, vergebt kein Punktlein.
Schreibt ihm ferner auch, ich hatte
Nichts dagegen einzuwenden,
Wenn der Junge seinen Klepper
Satteln wollt’ und selber kommen.”

– “Satteln wollt’ und selber kommen” –
Sprach jung Werner wie im Traume
Vor sich hin, und brummig sprach der
Freiherr: “Doch was ist, Ihr tragt ja
Ein Gesicht mit Euch herum als
Wie ein protestant’scher Pred’ger
Am Karfreitag; – ist das Fieber
Wie uber Euch gekommen?”
Ernst erwidert ihm jung Werner:
“Herr, den Brief werd’ ich nicht schreiben,
Sucht Euch eine andre Feder,
Denn ich selber komme heut und
Werb’ bei Euch um Eure Tochter.”

“Werb’ – bei Euch – um Eure Tochter?”
Sprach nun seinerseits der Freiherr
Vor sich hin – ein schiefer Zug flog
Um den Mund ihm, so wie einem
Mann, der die Maultrommel spielet,
Und den linken Fub durchfuhr ein
Boser Stich des Zipperleins:
“Junger Freund, Euch brennt wahrhaft noch
Heibe Fieberglut im Kopfe,
Geht hinunter in den Garten,
Dorten steht ein schatt’ger Brunnen,
Dort fliebt klares Quellenwasser,
So man dort das Haupt sich dreimal
Eintaucht, wird man abgekuhlt.”

“Edler Herr” – erwidert’ Werner,
“Spart den Spott, Ihr mogt vielleicht ihn
Besser brauchen, wenn der Junker
Aus dem Schwabenlande kommt:
Klar und sonder Fieber bin ich
Einen schweren Gang gegangen,
Und dem Vater Margaretas
Wiederhol’ ich meine Werbung.”

Finster schauend sprach der Freiherr:
“Drangt’s Euch denn, von mir zu horen,
Was Ihr selbst Euch sagen solltet?
Ungern nur begegn’ ich Euch mit
Rauhem Ernst, ich hab’ die Wunde,
Die Euch, kaum vernarbt, die Stirn ziert,
Nicht vergessen, und ich weib, in
Wessen Dienst Ihr sie geholt.
Doch nach meinem Kinde soll nur
Der die Augen heben, dem ein
Adlig Blut dazu das Recht gibt.
Die Natur hat feste Linien
Weislich um uns all gezogen,
Jedem ist der Kreis gewiesen,
Drin gedeihlich er mag walten.
Seit das heil’ge rom’sche Reich steht,
Steht in ihm der Stande Ordnung:
Adel, Burgersmann und Bauer.
In sich selber abgeschlossen,
Aus sich selber sich erneuend,
Bleiben sie gesund und kraftig,
Jeder ist alsdann ein Pfeiler,
Der das Ganze stutzt, doch nimmer
Frommt ein Durcheinanderschutteln.
Wibt Ihr, was daraus hervorspriebt?
Enkel, die von allem etwas
Haben und im Ganzen nichts sind;
Flaches, inhaltsloses Mischvolk,
Schwankend, losgerissen von der
Überlief’rung festem Boden!
Ganz, scharfkantig mub der Mensch sein,
Seine Lebensrichtung mub ihm
Schon im Blute liegen als ein
Erbteil fruherer Geschlechter.
Drum verlanget fur die Heirat
Standesgleichheit unsre Sitte,
Und die Sitte ist Gesetz mir,
Über seine feste Mauer
Soll kein fremder Mann mir klettern,
Item, drum soll kein Trompeter
Um ein Edelfraulein frei’n!”

So der Freiherr; muhsam hatten
Zu der ernsten, ungewohnten
Theoretischen Entwicklung
Sich die Worte ihm gefugt.
Hinterm Ofen lag der Kater
Hiddigeigei, sorglich lauschend:
Nickt’ auch mit dem Haupte Beifall
An dem Schlub, doch sinnend fuhr er
Mit der Pfote an die Stirn’,
Sinnend dacht’ er bei sich selber:
“Warum kussen sich die Menschen?
Alte Frage, neuer Skrupel!
Dacht’ ich doch, ich hatt’s gefunden:
Dacht’, es sei der Kub ein Mittel,
Schnell des andern Mund zu schlieben,
Dab gewappnet nicht der bittern
Wahrheit Wort daraus hervorspringt’;
Doch auch diese Losung scheint mir
Jetzo eine ganz verfehlte,
Denn sonst hatt’ mein junger Freund hier
Langst den alten Herrn gekubt!”

Zu dem Freiherrn sprach jung Werner,
Sprach’s mit klanglos leiser Stimme:
“Herr, ich dank’ Euch fur die Lehre.
In der Berge Tannendunkel,
An des Stromes grunen Fluten
Und im Schein der Maiensonne
Hat mein Aug’ der Menschensatzung
Starre Mauer ubersehen;
Dank, dab Ihr mich dran erinnert.
Dank auch fur die guten Tage,
Die ich hier am Rhein verlebt.
Meine Zeit ist um; nach Eurem
Letzten Wort heibt das Kommando:
›Rechtsumkehrt!‹ Ich folg’ ihm gerne,
Als ein ebenburt’ger Freier
Oder niemals kehr’ ich wieder,
Lebet wohl und zurnt mir nicht!”
Sprach’s, und aus dem Saale schritt er,
Und er wubte, was zu tun war.
Schier betrubten Blickes schaute
Nach der Tur noch lang der Freiherr.
“‘s geht mir selber nah’,” so brummt er,
“Warum heibt der brave Bursch nicht
Damian von Wildenstein? -“

– Abschied, Abschied, bose Stunde!
Wer hat dich zuerst ersonnen?
Sicher war’s ein boser Mann am
Fernen Eismeer; frierend blies der
Nordpolwind ihm um die Nase,
Zottig eifersuchtig Ehweib
Plagte ihn, es schmeckte nimmer
Ihm des Walfischs suber Tran.
Übers Haupt zog er ein gelbes
Seehundsfell, und mit dem Stock in
Pelzhandschuhgeschutzter Rechte
Seiner Ylalayka winkend,
Sprach zuerst das rauhe Wort er:
“Lebe wohl, ich nehme Abschied!”

Abschied, Abschied, bose Stunde!
In der Erkerstube schnurte
Werner seine sieben Sachen,
Schnurt den leichten Reisebundel;
Grubt zum letztenmal des Stubchens
Weibe Wande, ‘s war ihm schier als
Waren’s alte gute Freunde.
Nur bei ihnen nahm er Abschied,
Margaretas Augen hatt’ er
Nimmermehr begegnen mogen.
Drauf zum Schlobhof stieg er nieder,
Sattelte sein treues Roblein, –
Hufschlag dann, – es ritt ein truber
Reiter aus des Schlosses Frieden.
In der Niederung am Rheine
Steht ein Nubbaum, dort noch einmal
Hielt er an mit seinem Rob,
Nahm noch einmal die Trompete;
Aus geprebter Seele klang sein
Abschiedsgrub zum Schlob hinuber.
Klang – kennt ihr das Lied des Schwanen,
Der, im Herz die Todesahnung,
Einmal noch zum See hinausschwimmt?
Durch die Rosen, durch die weiben
Wasserlilien tont die Klage:
“Schone Welt, ich mub dich lassen,
Schone Welt, wie sterb’ ich ungern!”

Also blies er; war’s die Trane,
Die auf der Trompete glanzte,
Oder war’s ein Regentropfen?
Vorwarts jetzt; die scharfen Sporen
Prebt er in des Rosses Weichen,
Und in sausendem Galoppe
Flog er um den Waldesrand.

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Der Trompeter von Sakkingen 13. Stuck - JOSEPH VICTOR VON SCHEFFEL