Українська та зарубіжна поезія

Вірші на українській мові






Der Trompeter von Sakkingen 12. Stuck

In der Schlobkapelle brennt ein
Einsam flackernd Lampenlichtlein,
Leuchtet mild auf das Altarbild,
Draus die Konigin des Himmels
Gnadiglich herniederschaut.
Vor dem Bilde stehen frische
Rosen und Geranienstraube,
Betend kniet dort Margareta:
“Schmerzgeprufte, Gnadenreiche,
Die du unser Haus beschirmtest,
Schirm auch ihn, den bose Wunde
Krank aufs Krankenlager fesselt,
Und verzeihe, so es etwan
Unrecht ware, dab ich selber
Unablassig sein gedenke.”

Hoffnung und Vertrauen senkten
Sich ins Herz mit dem Gebet.
Heiter stieg der Treppen Stufen
Margareta aufwarts; – an des
Kranken Schwelle stand der graue
Hausarzt, und er winkt’ ihr, dab sie
Leisen Schrittes vorwarts gehe.
Ungefahr auch wubt’ er, welche
Frag’ an ihn gerichtet wurde,
Sprach deshalb gedampfter Stimme:
“Seid getrost, mein gnadig Fraulein,
Frisches Blut und starke Jugend
Krankt nicht lang an solchen Schmarren.
Schon halt der Genesung Bote,
Milder Schlummer ihn umfangen,
Heut noch darf er wieder ausgehn.”
Sprach’s und ging; es harrte manche
Schub – und Hiebwund’ seiner Pflege,
Und er mied unnutzes Plaudern.

Leise in jung Werners Stube
Eintrat jetzo Margareta,
Scheu, neugierig schauend, ob der
Arzt ihr wahre Kunde gab.
Sanft entschlummert lag jung Werner,
Blab und jugendschon, gleich einem
Marmorbildnis. Wie im Traume
Hielt er ob der Stirn’ und ob der
Frischvernarbten Wund’ die Rechte,
So wie einer, der das Aug’ vor
Blendend lichter Sonne deckt;
Um die Lippen spielt ein Lacheln.

Lange schaut’ ihn Margareta –
Lang und langer – also mocht’ einst
In des Ida Waldern auf den
Suben Schlafer, den Endymion,
Niederschaun die Gotterjungfrau.
Mitleid hielt ihr Aug’ gebannet,
Ach! Und Mitleid ist ein fruchtbar
Erdreich fur das Pflanzlein Liebe.
Sie entsprobt aus unsichtbarem
Saarkorn diesem reichen Boden
Und durchzieht ihn bald mit tausend
Feinen festen Wurzelfasern.

Dreimal hatte Margareta
Schon den Schritt zur Tur gelenket,
Dreimal kehrte sie zuruck, und
Leise trat sie an sein Lager.
Auf dem Tischlein stand ein kuhler
Heiltrank, standen Arzeneien.
Doch sie mischte nicht den kuhlen
Heiltrank, nicht die Arzeneien:
Beugte scheu sich zu ihm nieder,
Scheu, – sie wagte kaum zu atmen,
Dab kein Hauch den Schlumm’rer store,
Schaute lang auf das geschlossne
Aug’, und unwillkurlich neigten
Sich die Lippen, – doch wer deutet
Mir das seltsam sonderbare
Spiel der ersten Liebesneigung?
Schier vermuten darf der Sang, sie
Wollt’ ihn kussen: nein sie tat’s nicht,
Schreckte jah zusammen, – seufzte, –
Schnell sich wendend, einem scheuen
Reh gleich, floh sie aus der Stube.

Wie der Mann, der lang in finstrer
Kerkernacht auf feuchtem Stroh lag,
Schier verwundert auf dem ersten
Freien Gang jetzt in die Welt schaut:
Sonne, scheinst du nicht viel heiber?
Himmel, bist du nicht tiefblauer?
Und sein Aug’ zuckt, ungewohnt des
Langentbehrten Tagesscheins,
Also schreitet der Genesne
Wieder ins gesunde Leben.
Frischer, warmer, zukunftfreud’ger
Liegt’s vor dem erstaunten Blicke
Als zuvor, und jubelnd grubt er’s. –
“Welt, wie bist du schon!” so klang es
Auch von Werners Munde, als er
Langsam von des Schlosses Treppe
Zu dem Garten niederstieg.
An den Stab gelehnet stand er
Lange still und sog der Sonne
Strahlen, sog der Bluten Dufte
Hochaufatmend ein, dann schritt er
Langsam vor nach der Terrasse.
Setzt’ sich dort in warmen Sonnschein
Auf die Steinbank, – Bienen summten,
Schmetterlinge flogen in den
Bluhenden Kastanienzweigen
Aus und ein, als war’s ein Wirtshaus.
Grun durchsichtig, leise rauschend
Trug der Rhein die Fluten weiter,
Wohlbemannet schwamm ein Tannflob
Schlangengleich stromab gen Basel.
An dem Ufer bis zum Knie im
Wasser stand ein Fischersmann und
Summt’s sein Liedel vor sich hin:
“Bauer kommt mit Spieb und Flinten,
Bauer will die Waldstadt sturmen,
Bauer will mit Östreich kriegen:
Bauer, das gibt insgemein
Teure Rechnung hinterdrein,
Greif in Sack und zahl den Spab!
Sieben Gulden war zuviel dir,
Sind jetzt einundzwanzig worden;
Einquartierung, teure Gaste,
Und das Pflaster beim Chirurgus:
Bauer, das gibt insgemein
Teure Rechnung hinterdrein,
Greif in Sack und zahl den Spab!”

Freudig sah jung Werner in die
Landschaft und zum Rhein hinunter,
Doch er hemmte die Betrachtung;
An der sonnumglanzten Mauer
Sah er einen Schatten huschen,
Schatten wie von Locken, wie von
Fraungewand, und Werner kannt’ ihn.
Durch den Laubgang kam mit Lachen
Margareta, sie besah des
Katers grazioses Spielen:
Der hatt’ in dem Gartenhauslein
Eine weibe Maus gefangen,
Frab sie nicht, nur mit den Pfoten
Hielt er sie und schaut’ mit gnad’gem
Herrscherblick auf die Gefangne.
Von dem Sitz erhob sich Werner,
Ehrerbietig grubend, und es
Flog ein fluchtiges Erroten
Über Margaretas Wangen.
“Gott zum Grub, Herr Werner,” sprach sie,
“Und wie geht’s Euch? lang war Euer
Mund verstummt, mit Freuden hor’ ich
Kunde von ihm selber jetzt.”

“Seit die Stirne mit des Feindes
Hellebard’ Bekanntschaft machte,
Weib ich kaum” – erwidert’ Werner,
“Wo mein Denken und mein Leben
Hingeflogen, dunkle Wolken
Lagen uberm Haupt, doch heute
Stieg im Traum ein lichter Engel
Zu mir nieder, und er neigte
Sich zu mir. Steh auf und freue
Dich des jungen Lebens, sprach er.
Und so war es; festen Schrittes
Konnt’ ich heute schon hier gehn.”
Abermals auf Margaretas
Wangen flammt’s wie Morgenrote,
Als jung Werner von dem Traum sprach,
Und sie schaute ruckwarts, – scherzend
Fiel sie dann ihm in die Rede:
“Und Ihr mustert jetzo wohl das
Schlachtfeld. Ja, es war ein heiber
Tag, noch brummt’s wie Flintenschub und
Sturmgetos durch die Erinn’rung.
Wibt Ihr’s noch: dort an dem Baume
Standet Ihr, – dort, wo der Flieder
Lustig aufbluht, lag ein Toter,
Hier, wo jetzt der Sommerfaden
Leichtes Spinnweb durch die Luft fliegt,
Blitzten Spieb und Feindeswaffen,
Dort, wo noch den frischen weiben
Kalk die Mauersteine tragen,
Brach die wilde Flut sich Durchgang.
Da, Herr Werner, – und am Schlob dort
Hat der Vater bos gescholten,
Dab man sich so ubermutig
Keck in die Gefahr gesturzt.”
“Tod und – doch verzeiht, mein Fraulein,
Dab ich schier geflucht,” sprach Werner.
“Jene haben uns gehohnet,
Und da bleib’ ein andrer ruhig.
Wenn ich solch ein giftig Wort hor’,
Flammt das Herz und zuckt die Faust mir,
Kampf, kein ander Mittel weib ich,
Kampf! und mag die Welt daruber
Krachend auch in Trummer gehn.
Hab’ kein Fischblut in den Adern,
Heute, – jetzt – ein matter Kriegsmann –
Stund’ ich in dem gleichen Falle
Wieder am Kastanienbaum.”

“Boser Mann,” schalt Margareta,
“Dab ein zweiter Hellebardhieb
Euch die erste Narb’ durchkreuzte,
Dab – und wibt Ihr auch, wem Euer
Wagnis schweres Herzleid brachte?
Wibt Ihr, wer um Euch geweint hat?
Rief’t Ihr wied’rum: Zugbruck nieder!
Wenn ich flehentlich Euch bate:
Werner bleibt – Herr Werner, denkt auch
An die arme Margareta? –
Wenn ich -” doch nicht weiter spann sich
Der bewegten Rede Faden,
Was der Mund schwieg, sprach das Auge;
Was das Aug’ schwieg, sprach das Herze;
Fragend, traumend hob jung Werner
Seinen Blick empor zu ihr:
“Sterb’ ich oder find’ ich heute
Zwiefach hier mein junges Leben?”
Und sie flog in seine Arme,
Und sie hing an seinen Lippen,
Und es flammte drauf der erste
Schwere, sube Kub der Liebe.
Purpurgolden durch der dunkeln
Baume Wipfel fiel der Sonne
Streiflicht auf zwei sel’ge Menschen,
Auf jung Werners blasses Antlitz,
Auf die holdergluhte Jungfrau.

Erster suber Kub der Liebe!
Dein gedenkend, uberschleicht mich
Freud’ und Wehmut: Freude, dab auch
Ich ihn einstmals kussen durfte,
Weh mir, dab er schon gekubt ist!
Dein gedenkend, wollt’ ich heut der
Worte schonste Blumen pflucken,
Dir zum Kranz und Ehrenstraub,
Doch statt Worten traten Bilder
Vor mich hin, anschauend flog die
Seele uber Zeit und Raum.
Fern in alten Schopfungsgarten
Sah ich; jung lag dort die Welt im
Zarten Hauch des Erst-Gewordnen,
Noch nach Tagen zahlt’ ihr Alter;
Abend war’s, feinduft’ge Rote
Glanzt’ am Himmel, in des Stromes
Fluten taucht’ die Sonne nieder,
An dem Ufer, spielend, scherzend
Tummelten sich die Getiere,
Durch der Palmen Schattengange
Kam das erste Menschenpaar,
Schauten stumm ins Weite, in der
Jungen Schopfung Abendfrieden,
Schauten stumm dann sich ins Auge,
Und sie kubten sich -.
Wieder sah ich, und es stieg ein
Duster Bild vor meinem Blick auf:
Nacht am Himmel, Sturm und Wetter,
Berge bersten, aus den Tiefen
Schaumen die Gewasser aufwarts;
Überflutet ist die alte
Erde, und sie geht zu sterben.
Nach der Klippe zischt die Brandung,
Nach dem Greis und nach der Greisin,
Nach den beiden letzten Menschen.
Jetzt ein Blitz: ich sah sie lachelnd
Sich umarmen und sich kussen,
Stumm sich kussen; – Nacht dann, – brausend
Rib zur Tiefe sie die Sturmflut.
So ersah ich’s, und ich weib jetzt,
Kub ist mehr als Sprache, ist das
Stumme hohe Lied der Liebe.
Und wo Wort nicht ausreicht, ziemt dem
Sanger schweigen, darum schweigend
Kehrt der Sang zuruck zum Garten.
Dort an der Terrasse Stufen
Lag der wurd’ge Hiddigeigei.
Mit gerechtem Staunen sah er,
Wie die Herrin dem Trompeter
In den Arm flog und ihn kubte.
Murrend sprach er zu sich selber:
“Manch ein schwer Problema hab’ ich
Prufend in dem Katerherzen
Schon erwogen und ergrundet,
Aber eins bleibt ungelost mir,
Ungelost und unbegriffen:
Warum kussen sich die Menschen?
‘s ist nicht Hab, sie beiben sich nicht,
Hunger nicht, sie fressen sich nicht,
‘s kann auch kein zweckloser blinder
Unverstand sein, denn sie sind sonst
Klug und selbstbewubt im Handeln;
Warum also, frag’ umsonst ich,
Warum kussen sich die Menschen;
Warum meistens nur die jungern?
Warum diese meist im Fruhling?
Über diese Punkte werd’ ich
Morgen auf des Daches Giebel
Etwas naher meditieren.”

Rosen brach sich Margareta,
Scherzend nahm sie Werners Hut und
Schmuckt’ ihn mit den roten Bluten:
“Blasser Mann, bis dab auf Euern
Eignen Wangen sie erbluhen,
Mubt Ihr sie am Hute tragen.
Aber sagt mir auch, wie kam es,
Dab Ihr mir so lieb, so lieb seid?
Habt mir nie ein einzig Wortlein
Anvertraut, dab Ihr mich liebet,
Habt nur manchmal schuchtern Euer
Aug’ zu mir emporgehoben,
Habt auch etwas musiziert;
Ist’s in Eurer Heimat Brauch, dab
Man sich sonder Worte in der
Frauen Herz hineintrompetet?”
“Margareta, subes Leben,”
Sprach jung Werner, “konnt’ ich reden?
Wie ein Heil’genbild erschient Ihr
Mir im weiben Festgewande
Am Sankt Fridolinitag;
Euer Blick hat mich in Eures
Edlen Vaters Dienst gefuhrt,
Eure Huld, sie war die Sonne,
Die mir durch mein Leben strahlte
Ach, – Ihr habt mir einst am See draub’
Einen Kranz aufs Haupt gesetzt:
‘s war der Liebe Dornenkrone.
Schweigend hab’ ich sie getragen.
Durft’ ich reden? durft’ des armen
Heimatlosen Spielmanns Sehnen
Keck vor Margareta treten?
Wie den Engel, der dem Menschen
Schirmend zu der Seite steht,
Wollt’ ich Euch verehren, wollte
Dankend hier in Eurem Dienste
Sterben im Kastanienschatten.
Doch Ihr wolltet’s nicht, Ihr habt auch
Hier das Leben mir bewahrt,
Schenkt mir’s zwiefach, schenkt geschmuckt mit
Eurer Liebe mir es wieder.
Nehmt mich denn! seit Euer Kub mir
Auf den Lippen brannte, leb’ ich
Nur durch Euch, bin Euer eigen,
Margareta, – ewig dein!”
“Dein, ja dein!” sprach Margareta.
“Wie baut doch das Wort den Menschen
Dumme Schranken! Euer eigen,
Wie das kalt und fei’rlich klinget.
Dein fur immer! so spricht Liebe,
Du und du, und Herz zum Herzen,
Mund zum Mund, das ist die Sprache.
Drum Herr Werner, gib mir einen
Kub noch!” – und sie neigt sich zu ihm.
Strahlt der Mond erst an dem Himmel,
Kommen bald der Stern’ unzahl’ge,
Also nach dem ersten Kusse
Schwirret bald ein ganzes Heer.
Doch wie viel derselben spielend
Dort geraubt und ruckerstattet
Wurden, mub der Sang verschweigen,
Dichtung und Statistik stehen
Leider auf gespanntem Fub.

Auch kam durch den Garten schleunigst
Anton, grubt’ und meldet’ ernsthaft:
“Die drei Damen aus dem Stifte,
Die am ersten Mai zum Fischfang
Mitgefahren, lassen sich dem
Gnad’gen Fraulein schon empfehlen,
Und sie lassen sich erkund’gen,
Wie Herr Werner sich befinde,
Wunschen gute Besserung.”

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Der Trompeter von Sakkingen 12. Stuck - JOSEPH VICTOR VON SCHEFFEL