Ballade in g-Moll
Nach einer wilden, wustdurchzechten Nacht,
Schon randerte das erste Rot die Wolken,
Stahl ich mich aus dem Saale, die Genossen
Im Streite, lachend, lallend, unterm Tische,
Im weinerlichen Elend, schwer betrunken
Zuruck in ihrem Durcheinander lassend.
Doch eh’ ich ging, bat einen meiner Runde
Ich mitzugehn, um frische Luft zu schopfen.
Im Nebenzimmer, das wir nun durchschritten,
Stand ein Klavier, und wie dort hingezogen,
Setzt’ an die Tasten sich mein junger Freund
Und spielte die Ballade g-Moll Chopins.
Und wie vom Geist des Weines nur befeuert,
Begeistert nur zu hoherem Seelenflug,
Erwuchs zu machtigem Wesen jenes Stuck.
Nie hatt’ ich herrlicher sie spielen horen.
Ich unterdessen schlich zum Fenster hin
Und schlug die Flugel auf, so weit ich konnte.
Der Sommermorgen friedet keusch vor mir,
Das Gras, die Blumen schlafen noch im Tau,
Kein Luftchen regte sich, kein Vogel zwitschert.
Doch da, in dieser leidenlosen Ruhe,
Entdeckt’ an einem schmachtigen Ahornstamm
Ein blasses Madchen ich. Die rechte Schlafe
Lehnt an den Baum; und aus den groben Augen
Tropft Tran’ auf Trane langsam auf die Hande,
Die schwach das Taschentuchlein drehn und zupfen
Und zitternd auseinanderzerren…