Abschied von der Zeit
Konnt’ ich doch sonst mich auferbauen,
Den lustigen Lauf der Welt beschauen,
Nun hor ich die politischen Schellen
Mir ewig vor den Ohren gellen,
Das Kleinste seh ich zuhochst sich schwingen,
Als wolle der Staat die Welt verschlingen!
Wie fuhl ich frei mich und begluckt,
Dab man noch Blumen auf Wiesen pfluckt,
(In Garten will sich’s nicht mehr schicken,
Auch nur ein Blattchen zu zerknicken),
Dab jedem, welcher geht spazieren,
Man nicht den Pab erst labt visieren,
Und nicht ihm, dab man ihn erkennt,
Die Hausnummer auf die Nase brennt.
Zwar dachte man an all das nie
Zur Zeit der alten Despotie,
Doch sind wir, sonstige Sklavenhorden,
Auf einmal liberal geworden
Und wissen in unserm Volksverein
Vor Freiheit weder wo aus noch ein!
O wurde, was da lebt und handelt
In eine Papierfabrik verwandelt,
Und der Vogel, der in den Luften segelt,
Nach Theorieen des Staats geregelt!
Doch, was die Zeit uns auch verspricht,
Natur! versiege du nur nicht!
Du Machtige, Mannigfaltige, Reiche,
Versinke nicht ins flache Gleiche!
Doch du hast niemals mitbeschworen
Den Aberwitz beschrankter Toren,
Du strebtest nie, dab eins wie’s andre,
Und gonnst, dab jeder in Frieden wandre;
Den Weisen hullst du in dein Licht
Und gibst dem Schaf ein Schafsgesicht;
Der Mittelmabigkeit Gewuhle
Reibst du zu Staub in deiner Muhle
Und rufst, zu schalten weit und breit,
Das Grobe hervor von Zeit zu Zeit.
Erzieht nur, bildet unverdrossen,
Es spielt Natur euch allen den Possen!
Doch wird ein Esel euch geboren,
So kultiviert ihm ja die Ohren! –
Germania, Weib voll edler Zier,
Dein letzter Dichter steht vor dir;
Er spricht: “O lab dich nicht verfuhren,
Dich nicht in politische Ketten schnuren!
O lab dich langer nicht betreffen,
Auslandischem Dunkel nachzuaffen,
Um anzustaunen, um einzuholen,
Was abgeschliffen du an den Sohlen!
Du wubtest das Grobe sonst zu nahren
Und liebest einzelnes gern gewahren;
Es war dir Kraft und Fulle verliehen
Und wubtest nichts von Theorieen
Und zogst auf mannigfaltiger Spur,
Ein Bild der ewigen Natur!
Nun schlagen sie dich uber einen Leisten,
Dab du seist, wie da sind die meisten.
Gescheh’s denn, was du willig erkoren!
Und lebe wohl! du bist verloren;
Auf ewig schworst du nun Vernichtung
Der alten Liebe, der alten Dichtung;
Und ach! dein Sanger kann allein
Auf Trummern ein Jeremia sein.”