Dieser Nachmittag
An diesem Nachmittag standen alle Kellerfenster offen, das faule Stroh wurde hinter den Polizeitritten auf die Strabe geschmissen und zersank.
Die Fabriken stieben spinnwebene Fenster auf, Sauseluft um eiligen Ölgestank.
Unter den dumpfen Bruckenbogen rakelten sich Geschwure und blabnacktes Fleisch, Fetzen, Lauslocher, Wunden mit Maden.
Hinter den Banken in grell durren Parks, aus bestaubten Buschen krochen Beine hervor auf die feinen Promenaden.
In Paris, rauschend in Hell, in dem Hammerschlag New York, in Frisco voll Strabenbahndampf, dem harten, schattenlosen Madrid, London, dem gasflammengelben,
Im Leierkastengeklirr Berlins unter Springbrunnen sonnenstaub geklopfter Teppiche, im Neuen Heil Berlin, vorbei an den fetten Riesenbrotreihen der Straben
Brachen bleiche Kopfe empor, Aufbruch unterirdischer Riesenpusteln,
Faserhaare dunn uber gequetschten Wurmmaulern; brauenlos runde Augen wie von ertranktem Aas messen die Straben ab, Fliegen steigen klebrig auf vom Geruch,
Die Erde erhebt das Haupt der Bleichen,
O unsichrer Marsch der Halbtoten, Nachtigen, ewig Versteckten. Blabweibe Wurzelmienen, o Letzte, Unterste, Sarglose, ewig Halbeingegraben in kalten saugenden Dreck, tastender Zug in spahender Unsicherheit, die Nacht ist nicht da, sie durfen sehen. Sie sehen.
Sie sehen.
Der Himmel lief ihnen wie ein dunner Faden blau uber die Erde hin. Aber in der Strabe sahen sie den langen aufschiebend flammenden Finger des Lichts.
O gab es noch Hauser, schwere Straben, Schutzleute mit halten Stiefeln? Das himmlische Licht bergan schmolz mild zur rotlichen Kugel halb hinter Dachern auf.
Es war eine Orange, wie in dem vornehmen, betteln verboten, Ebwarenverkauf,
Es war ein wildes Zehnmarkstuck wie hinter dem Fenster der Wechselbank,
Ein rotes rundes Glas Bier aus einem Aschingerschank,
Ein Schinken, ein Mund, Weiberbrust, ein Hut mit ‘nem Band, ein Loch das rot klafft,
Ein weiches buntes Kissen. Ein Vogel im Kafig. Eine Tabakpfeife pafft.
Eine Tur offen zu ‘nem menschenleeren Kleiderladen,
Ein rotes Boot am lauen Flub zum Baden.
An diesem Nachmittag sah der arme Mob das Licht. Es lief vor ihm her. Die anderen sahen es nicht.
Sie schwankten unsicher hinein in den Strahl, wie ein bleiches Rubenfeld kraftlos von schlechtem Dung.
Aus zerschlissenen Winkeln in den Stadten der Welt brach gottlicher Glockenschwung.
O seliges Fliegen: Pustblumen im Hauch, die Stengel gefesselt und kahl,
Die zitternden Heere zerlumpten Leibs reckten gedunsene Kopfe zum himmlischen Strahl.
Um die ganze Erdkugel schwang tief durch die Winkel wie ein Klingelblitz das Licht.
Der Mob auf dem bewachsenen Ball hob hoch sein Kellergesicht.
Sie hatten wie sterbende Asseln wimmelnd im fauligen Dunkel gelegen,
Sie sturzten heraus, als gàbs Kinderfest, gelbe Luftballons mit buntem Bonbonregen.
Alle morschen Fube uber die Meere hin stiegen zum Marsch, schmutzige Tucher wehten, da dehnten sich Arme, schwach und zerknullt.
Sie schluchzten faltig und heiser, Riesenstimmen schrien uber die Erde: die Zeit ist erfullt!
Sie hatten wie Tote am Dunkel gesogen, sie warteten auf das Wunder und waren stinkend verreckt.
Aber heut hatte ihnen das Licht sub bis in den Magen geleckt.
Sie drangten eng durch die Straben zum Himmel. Über Omnibushohen lief das Wunder auf die Kopfe hin. Die vollen Strabenbahnen schoben in schallenden Scherbendeich.
Sie marschierten rund uber die Erde. Nun gab es ewig Musik und warmes Essen und das tausendjahrige Reich!