Українська та зарубіжна поезія

Вірші на українській мові






Die Stimme

O Mund, der nun spricht, hinschwingend in durchsichtigen Stoben uber die gewolbten Meere.

O Licht im Menschen an allen Orten der Erde, in den Stadten fliegen Stimmen auf wie silberne Speere.

O Tragheit der kreisenden Kugel, du kampftest gegen Gott mit fletschenden Tierlegionen, Urwaldern, Sabeln, Schussen, bosem Mibverstand, Mord, Epidemien:

Aber der Lichtmensch spruht aus der Todeskruste heraus. In den Fabriken heulen Ventile uber die Erde hin. Er hat seine Stimme in tausend Posaunen geschrien

Eine Stimme schnellte hoch, glasschwirrend ein harter Stahlpfeil, der in Glut blank zerknallt.

Eine Stimme uber Amerika, unter schweibigen Negern, die demutig das Weibe der Augen drehen; unter deutschen Fluchtlingen, bartig zerprebten Bettlern, unter hungernden Juden, die das glitschige Ghetto finster zusammenballt.

Eine Stimme unter den entkrafteten Arbeitern, drei Millionen, die alle Jahr einsam absterben nach neuen Fabriksystemen,

Eine Stimme unter zerfressenen Frauen im bunten Hemd, denen die Bordellmeister das Geld abnehmen.

Unter starren Chinesen im Hungergeruch, die Tag und Nacht feine Wasche waschen,

Eine Stimme uber den Broadways, wo Arbeitslose nach fortgeworfenen Speiseresten haschen.

Eine Stimme schwang zart wie der dunne steigende Schrei des Dampfs eh die vieltonigen Wasserblasen aufkochen,

Sie sprang wie Windsand in stumme Munder hinein, sie glitt wie Flotenkraft muden Schleppern uber geduckte Knochen.

Durch steilschwarze Stuben schwebten Sonne und Mond, die Sterne zogen durch stinkende Tapeten aus rissigen Flecken.

O vielleicht geht das himmlische Wunderlicht auf, bevor alle zu Aas verrecken!

Eine Stimme flog und sog sich voll aus schmutziger Werkstattenzeit,

Die Wut und die Hoffnung kreisten wie Blut, und der Hab, der nab bespeit.

Eine Stimme haucht schwarz uber schlechtes Papier aus bankrottierten Druckermaschinen,

Eine Stimme las das Flusterwort: Streik! in den roten Schachten der Coloradominen.

Sie liegt wie heiber Rauch auf schaukelnden Hafen; mibtrauischen Kneipen; im verhungerten Dorf; wenn der geplunderte Bauer sat;

In Stadten schreit sie Signalgeklirr uber wirre Versammlungen hin, wo Polizei die Turen bespaht.

O Munder, daraus die Stimme des Menschen brennt!

O trockene Lippen, sechzigjahrig, trauernd schlaff umstoppelt, die sich flach offnen, weil vor dem Tod Einer bekennt.

O irre rote Zungenglut hinter weiben Negerzahnen, die Stimme gurgelt im Glucksgesang.

O Mund, rundes schallendes Tor, Hall und Lust, Volkschoral, dab der Saal mitschwang.

O bitterer Nahmadchenmund, der nach Gerechtigkeit klagt und schrill Groschen und Wiegpfunde zahlt.

O faltiger Rednermund, der auf und nieder wie Eulenaug geht, und Effekte wahlt.

O Mann im blauen Hemd, der in Fabrikpausen hastig Propaganda treibt.

O sorgfaltiger Beamter, der nach allen Poststationen Briefe und Werbelisten schreibt.

O Demutiger, verlegenes Herz, der nur einmal einem Guten die Hand drucken mocht.

O Stummer, der zum erstenmal spricht, und in einem Satz sich prasselnd verkocht.

Eine Stimme flammt uber Europas gehetzten Menschen, uber krummen schweigsamen Kulis im Australischen Strauch.

O Munder, wie viele warten auf Euch, Ihr schallt, und sie offnen sich auch!

Auf der runden Erde flob das Meer im Wind uber den Strand und zuruck.

Schlapphutredner im Lichtstrahl, hinter Pulten, bei geheimen Zusammenkunften, an nassen Kneiptischen, sprachen gelaufig wirksam immer dasselbe Stuck.

Schwindler warben um Geld. Fastende Heilige schmuggelten verbotene Zeitungen uber die Grenzen,

Gymnasiasten in ihren Aufsatzen wollten zum Zorn der Lehrer mit neuem Wissen glanzen.

Einsame wurden uber die runde Erdkugel hin von Worten getroffen wie Hafenstadte von aufgefischten Flaschenposten.

In allen Hausern drangen Frauenleiber ans Fenster, um das vorbeifliegende Abendlicht zu kosten.

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Die Stimme - LUDWIG RUBINER