Dein Engel
Glaube nicht, du seist verlassen,
wenn dir kein Mensch zur Seite steht.
Lern nur den leisen Hauch erfassen,
der, wenn du klagst, dich lind umweht.
Es zieht ein sinnenfremdes Mahnen
dein geistig Wesen zu sich hin:
“Willst du, willst du denn gar nicht ahnen,
dab ich, dein Engel, bei dir bin?”
O wolle nicht daruber trauern,
dab dich kein Mensch im Herzen tragt.
Dort, jenseits unsrer Kirchhofsmauern,
gibt’s einen Puls, der fur dich schlagt.
Er hat fur dich schon hier geschlagen,
und fuhlst du ihn, so sagt er dir:
“Du wirst auf Flugeln stets getragen;
ich bin dein Engel; glaub es mir!”
O lab dir nicht ins Auge steigen
des Leides stille Tranenflut.
Wib, dab grad in den schmerzensreichen
Geschicken tiefe Weisheit ruht.
Grad in des Lebens schwersten Stunden
spricht trostend dir dein Engel zu:
“Durchs Leiden hast du mich gefunden;
ich bin getrost; nun sei’s auch du!”
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