Der Trompeter von Sakkingen 11. Stuck
Durch den Schwarzwald zieht ein Summen,
Summen wie von Bienenschwarmen,
Summen wie von nahem Sturmwind.
In dem Wirtshaus sitzen wilde
Bursche, – schallend drohnt der Faustschlag
Auf den Tisch: “Schafft neuen Wein her!
Jetzo kommen andre Zeiten
Fur das Hauensteiner Landlein.”
– Auf dem Speicher hebt der Bauer
Dielen auf, holt die vergrabne
Radschlobflint’ herfur, die rost’ge,
Holt die lange Hellebarde.
– Von dem Nubbaum sieht’s der Rabe,
Krachzt: “Hab’ lange Zeit gefastet,
Bald gibt’s Fleisch auf meiner Tafel.
Bauerlein, du sollst mir schmecken!”
Jetzt von allen Bergeshalden
Zieht’s nach Herrischried zum Markt hin,
Dorten ist der Sitz der Einung,
Dort wird Einungstag gehalten.
Aber nicht wie sonst im schwarzen
Sammetwams, im roten Brustlatz,
In der hohen weiben Halskraus’
Kommt der Hauensteiner heute:
Der den Harnisch umgeschnallet,
Jener tragt ein Lederkoller;
In den Luften weht die Landfahn’
Flatternd, und die Morgensonne
Blitzt auf Spieb und Morgenstern.
Vor der Kirche auf dem Marktplatz
Standen die Gemeindealt’sten,
Einungsmeister und Stabhalter;
“Still, ihr Mannen!” rief der Weibel,
Still ward’s – auf der Kirche Stufen
Trat der Hauensteiner Redmann,
Eine Schriftung in den Handen,
Strich den grauen Bart und sprach:
“Sintemal die bose Kriegszeit
Stadt und Land hat schwer geschadigt
Und die Schuldlast hart vermehrt,
Hat zur Deckung dieser Noten
Jetzt die gnad’ge Herrschaft eine
Neue Umlag’ ausgeschrieben,
Jedem Hausstand sieben Gulden
Und den led’gen Mannen zwei.
Nachste Woch’ sie einzutreiben,
Wird der Sackelmeister kommen,
Also schreibt das Waldvogteiamt.”
Schlagt ihn tot, den Sackelmeister!
Gott verdamm’ ihn!” rief’s im Haufen.
“Doch derweil der Krieg uns selber
Sattsam heimgesucht, auch viel’ um
Haus und Hof dabei gekommen,
Und dieweil in unsern Rechten
Es verbrieft steht, dab mit Ausnahm’
Dess’, was Brauch und Herkomm’ heischet,
Steuerfrei das Land verbleibe,
Meinen viel verstand’ge Manner,
Diese Ford’rung sei unbillig,
Und man sollt’ auf unsern alten
Landesrecht’ und Privilegy
Fest beharrn und Nut bezahlen.”
“Nut bezahlen!” rief’s im Haufen.
“Darum hab wir euch berufen,
Um der Einung Spruch zu horen.”
Wie am fernen Meer die Brandung
Schallten wild verworrne Stimmen:
“Vorwarts, Fridli! Mund auf! reden
Soll der Bergalinger Fridli,
Der versteht’s, – wir andern alle
Meinen’s so wie er.” Und jetzo
Sprach der Mann, den sie gerufen,
Sprach’s mit schlau gekniffnen Augen,
Sprach’s auf einem Sagklotz stehend:
“Merkt ihr endlich, dumme Bauern,
Wo’s hinaus will? Eure Vater
Gaben einst den kleinen Finger,
Jetzo packt man schon die Hand euch;
Gebt sie nur! in kurzem ziehen
Sie das Fell euch ganz vom Leib!
Wer hat Recht uns zu befehlen?
Frei im Tannwald haust der Bauer,
Über ihm steht nur die Sonne:
Also ist’s in unsern Rodeln,
Ist’s im Einungsbuch zu lesen;
‘s steht nichts drin von Zins und Fronden
Und leibeigner Dienstbarkeit.
Doch sie kommt, wenn ihr nicht abwehrt.
Wibt ihr, wer dagegen Schutz gibt?
Konnt’ es druben bei den Schwyzern
Und im Appenzell erfragen:
Der da!” – und er schwenkte grimmig
Überm Haupt den Morgenstern –
“Und vom Tannbaum pfiff mir jungst um
Mitternacht ein weiber Vogel:
Alte Zeiten, gute Zeiten,
Freie Bauerschaft im Walde:
So ihr sie mit Spieb und Flinten
Sucht, werd’t ihr sie wiederfinden.
Amen jetzt! Ich hab’ gesprochen.”
Wild Geschrei ertont’ im Haufen.
“Der Mann sagt’s uns,” sprach ein mancher
Und: “Zum Teufel mit der Herrschaft!
Feuer in die Steuerlisten!
Die Herrn Schreiber sollen sehen,
Ob mit ihren Tintenfassern
Sie das Feu’rlein loschen konnen!”
Sprach ein andrer: “Waldvogt, Waldvogt!
Hast mit jungst in Turm geworfen,
Schmale Atzung, Brunnenwasser!
Glaub’, du hast auch Wein im Keller,
Wollen diesen itzt versuchen,
Waldvogt! wollen Rechnung halten!”
Rief ein dritter: “Gut Gewehr, das
Manchen Auerhahn schon birschte,
Freu dich jetzo auf die Hochjagd
Und triff gut, wir schieben balde
Nach dem schwarzen Doppelaar.”
Also summt’ es durch den Haufen,
Und so wie zur Zeit der Seuche
All das gleiche Fieber anpackt,
So rumorte jetzt in aller
Herz ein boser Bauernzorn.
Fruchtlos sprach der vielerfahrne
Balthes dann von Willaringen:
“Wenn der Gaul am Schwanz gezaumt wird,
Kann der Mann nicht auf ihm reiten,
Wenn der Bauer mit Rumoren
Recht verlangt, geht’s hinterfur stets
Und zum Schlub bekommt er Prugel,
Drum heibt’s schon seit langen Zeiten:
Seid der Obrigkeit gehorsam,
Und ich mein’ -” doch unfreiwillig
Schlob sich hier die Friedensmahnung:
“Werft hinaus den alten Balthes!
Gott verdamm’ ihn! Meint es treulos,
Will die Landessach’ verraten!”
Brullt’ es ringsum, Steine flogen,
Spiebe drohten, muhsam deckten
Wenig Freunde ihm den Ruckzug.
“Kurz und gut, was braucht’s das Reden?”
Schrie der Bergalinger Fridli,
“Wer der Landschaft alten Rechten
Treu bleibt und dafur ins Feld zieht,
Hebt die Hand auf!” und sie hoben
Hurrarufend rings die Hande.
Waffenklirren, – Fahnenschwenken, –
Kampfgeschrei, – bald schlug die Trommel,
Und desselben Tags noch zog der
Helle Haufen in das Rheintal,
Die Waldstadte zu berennen.
Draub im Forst, vom Tannenaste,
Sah der Waldgeist Meysenhartus
Hohnisch auf den Bauernheerzug.
Sprach: “Gluck auf die Reis’, ihr Herren!
Euch brauch’ ich nicht irr zu fuhren,
Seid auf einem guten Holzweg!”
Boten reiten, Wachter blasen,
Frauen jammern, Kinder schreien,
Durch das Tal ertont’ die Sturmglock’.
Burger rennen durch die Gassen:
“Schliebt das Tor, besetzt die Mauer,
Schafft zum Turme die Kartaunen!”
Vom Balkone schaut der Freiherr,
Schaut, wie sich’s im Tannwald regte,
Wie von allen Bergespfaden
Dunkle Massen niederstiegen.
“Traum’ ich oder wach’ ich?” sprach er,
“Hat der Bau’r vergessen, dab vor
Mehr als hundertfunfzig Jahren
Schon solch Spaben ihm gelegt ward?
Glaub’ wahrhaft, es blitzt vom Wald wie
Pickelhauben und Hallparten.
Gut gedacht, ihr Herrn vom Walde!
Wahrend an der Donau unten
Jetzt dem Turk’ der Kaiseradler
Seine Fang’ verspuren labt:
Glaubt ihr, konnt’ man ihm so leichthin
Hier am Rhein ‘ne Feder rupfen!
Seht euch vor, dab eure Rechnung
Sich nicht falsch zeig’, und am alten
Freiherrn soll es heut nicht fehlen,
Euch ein Supplein einzubrocken.”
Sprach’s und ging hinab zur Stube,
Warf sich um den Buffelkoller,
Ward sich um den Reiterpallasch,
Rief dann seine Hausgenossen:
“Setzt die Waffen in Bereitschaft,
Haltet Wache auf den Turmen,
Zieht die Zugbruck’ auf und labt mir
Keinen ungeladnen Gast ein!
Ihr, Herr Werner, ordnet dann das
Weitre, hutet mir mein Schloblein
Und mein Teuerstes, die Tochter.
Furcht dich nicht, lieb’ Margareta,
Mut ziemt dem Soldatenkind.
‘s sind nur ein paar schwarze Raben
Von dem Wald herabgeflogen,
Mochten an der Waldstadt Mauer
Sich das Hirn etwas erschuttern.
B’hut euch Gott! ich selber geh’ auf
Meinen Posten itzt, aufs Rathaus.”
Weinend in des Freiherrn Arme
Warf sich Margareta, dieser
Kubt’ sie freundlich auf die Stirne,
Schuttelt’ Werner dann die Rechte,
Schritt hinunter drauf zum Markt.
Klagend zogen aus dem Stifte
Dort die Damen nach dem Munster:
“Sei uns gnadig, Fridoline!”
Vor der Haustur stand der Knopfwirt,
Sprach: “Ist’s Zeit schon, gnad’ger Herre,
Dab man Gold und Silber in des
Kellers tiefste Tiefen grabt?”
Sprach der Freiherr: “Schamt der Frag’ Euch!
Zeit ist’s nur, dab Ihr vom Nagel
Eure Wehr nehmt und zum Tor geht.
Vorwarts, alter Karpfenfischer!”
In dem Rathaussaal berieten
Burgermeister sich und Stadtrat;
Mancher von den weisen Vatern
Macht’ ein bang Gesicht, als war’ der
Jungste Tag hereingebrochen;
Manchem fielen seine Sunden
Zentnerschwer aufs Herz, er seufzte:
“Schutz’ uns Gott vor dieser Landplag’,
Und ich will zeitlebens nie mehr
Geld auf hohe Zinsen leihen,
Waisengut unrecht verwalten,
Sand in das Gewurze tun.”
Einer hatt’ auch schon beantragt:
“Schickt dem Bauer Fleisch und Weines
Eine Lief’rung vor das Tor und
Ein paar Dutzend Golddublonen,
Dab er seines Weges zieht,
Die in Waldshut mogen sehen,
Wie sie fertig mit ihm werden.”
Zu dem Stadtrat trat der Freiherr:
“Nun, ihr Herrn! glaub’ schier, ihr hangt die
Kopfe – rustig an die Arbeit!
Als der Schwed’ vor euern Mauern
Lag, sah’s ernst aus; heut ist’s nur ein
Fastnachtspiel; – ihr habt ja sonst euch
An der Musica ergotzet
Und versteht euch auf den Brummbab.
Frisch, ihr Herren vom Orchester!
Labt eins spielen, – die vorm Tore
Werden schleunigst heimwarts tanzen,
Eh’ ein kaiserlich Kommando
Ihnen die Finale blast.”
Sprach’s. In Zeiten der Verwirrung
Wirkt am rechten Platz ein kraftig
Wort oft Wunder. Viele richten
An des andern Mut sich selbst auf,
Und an einem festen Willen
Kraft’gen Hunderte den ihren.
Nach des Freiherrn grauem Schnurrbart
Schaute herzgestarkt der Stadtrat:
“Ja, das ist auch unsre Meinung;
Woll’n das Stadtlein tapfer halten,
Kommandieren soll der Freiherr!
Der versteht’s; – das Donnerwetter
Schlag’ in die verfluchten Bauern!”
Durch die Straben tont’ Alarmruf.
Zu dem Stadttor, wo der schmale
Erdwall nach dem Festland fuhrt,
Schritt bewehrt die junge Mannschaft.
Auf der Bastion stand grimmig
Fludribus, der Freskomaler,
Der hatt’ ein paar junge Bursche
Dort gesammelt, und sie schleppten
Eine alte Wallkanone
Aufwarts, — lachelnd sah’s der Freiherr,
Aber Fludribus sprach wurdig:
“Wen die Kunst geweiht, den ziert ein
Schatz universaler Bildung,
Gebt ihm Raum, als Staatsmann wie als
Feldherr wird er ub’rall grob sein.
Scharfen Blicks hab’ die Gefahr ich
Hier erkannt, doch wie Cellini
Von der Engelsburg zu Rom einst
Frankreichs Connetabel totschob:
So – auf leider schlechtre Feinde –
Kanoniert hier Fludribus!”
“Bringt sie nur nicht all ums Leben!”
Sprach der Freiherr – “und verschafft euch
Vorher Pulver und auch Kugeln.
Das Geschutz, das ihr hier schleppt, wird
Schwerlich sich von selber laden!”
Draub, zum Rheinesufer, kam der
Bauern Schar jetzt; knurrend schauten
Sie des Stadtleins hohe Mauern,
Sie das wohlverschlossne Tor.
“Fuchslein sitzt in seinem Loche,
Fuchslein hat den Bau verrammelt,
Bauer wird das Fuchslein graben.”
Rief der Bergalinger Fridli:
“Vorwarts, will den Weg euch zeigen!”
Trommelwirbel schlug zum Sturme,
Schwere Hackenbuchsen krachten;
Durch den Pulverdampf, wild jauchzend,
Rannt’ ein Trupp itzt gegen ‘s Tor hin.
In der Mauer Boschung hatt’ der
Freiherr rings des Stadtleins Schutzen
Wohl verteilt, und schweigend sah er
Auf des wilden Haufens Anprall.
Schad’ ist’s, dacht er, fur die gute
Kraft, die unnutz hier verendet!
‘s lieb aus diesen Lummeln sich ein
Trefflich Regiment formieren.
“Feuer jetzt!” schallt sein Kommando.
In die Sturmer flog ein scharfer
Gutgezielter Kugelgrub, sie
Staubten fliehend auseinander
Wie die Krahn, wenn des verborgnen
Jagers Blei in ihren Schwarm schlagt.
Aber mancher lag auf kuhlem
Grund; beim Apfelbaum am Ufer
Sprach mit matter Stimme einer
Zu dem fliehenden Gefahrten:
“Grub mir meine alte Mutter,
Grub auch die Verena Frommherz,
Sag, sie konn’ getrost vom langen
Uickerhans den Trauring nehmen,
Denn der Seppli farbt mit seinem
Herzblut itzt den weiben Rheinsand!”
Wahrend so am Tor scharmutzt ward,
Spahten andre, ob das Stadtlein
Sich vom Rucken packen liebe.
Unterhalb am Rheine stand ein
Lachsfang, grobe Fischerkahne
Lagen bei der Bretterhutte.
Dorthin kam ein andrer Haufen.
Ein verwegner Bursch von Karsau
Fuhrte sie, er kannte an dem
Rheine jeden Schlich, und manchen
Fisch aus fremden Netzen hatt’ er
Nachtlich dort sich schon geholt.
In drei wohlbemannten Nachen
Fuhren diese dort stromaufwarts.
Weidenbaume, dicht Gestruppe
Und des Rheins gekrummte Stromung
Deckten sie vor fremdem Blick.
Wo des Freiherrnschlosses hoher
Garten auf gewolbter Mauer
Nach dem Rhein ragt, hielten sie die
Kahne an; leicht war die Landung.
Auf dem Dach des Gartenhausleins,
Drin einst Fludribus gemalet,
Sab der Kater Hiddigeigei.
Mit Befremden sah der Biedre
In der Tiefe Spiebe funkeln,
Sah, wie einer, mit den Zahnen
Seinen blanken Sabel haltend,
An der Mauer sich emporschwang,
Wie ein zweiter folgt und dritter.
Brummend sprach drauf Hiddigeigei:
“‘s war’ zwar billig, dab ein weiser
Kater zu der Menschen dummen
Streichen sich neutral verhielte,
Doch ich hasse diese Bauern,
Hasse den Geruch des Kuhstalle,
Dessen Sieg der europa’schen
Bildung feine Atmosphare
Ganzlich ruinieren wurde.
Seht euch vor, ihr Herren! seit am
Capitolium der Ganse
Warnruf in den Galliersturm klang,
Nimmt das Tiervolk seinen ernsten
Anteil an der Weltgeschichte.”
Zornig richtet’ er empor sich,
Zornig krummt’ er seinen Buckel
Und erhob ein grauenhaftes
Ohrzerreibendes Miauen.
An dem Erkerturm vernahm den
Zeterschrei der treue Anton,
Und er schaute unwillkurlich
Nach der Richtung: “Heil’ger Himmel,
Feind’ im Garten!” – sein Signalschub
Rief des Schlosses andre Huter.
Werner kam, mit Blitzesschnelle
Ordnet er die wen’gen Mannen;
“Hierher du – dort du – und feuert
Nicht zu fruh!” hoch wogt das Herz ihm:
“Hei, mein Degen, halt’ dich brav!”
Untief war ums Schlob der Graben,
Schier vertrocknet, aus dem Schilf jetzt
Wuchs es auf wie Spieb und Schwerter.
Trotzige Gestalten klettern
Am verwitterten Gestein auf,
Buchsen knattern, Bolzen zischen,
Axthieb drohnt an alte Pforte,
Angriff rings, Getos und Schlachtschrei:
“Herrenschlob, bald bist du unser!”
Zwischendurch manch dumpfer Fall in
Wassergraben, – blut’ge Wellen.
Hell am Tor klingt Werners Stimme:
“Brav so, Anton! – jetzt aufs Korn nimm
Links den Burschen dort, den schwarzen,
Diesen rechts besorg’ ich selbst.
Fest und drauf! – schon weicht der Haufe!”
Abgeschlagen war der erste
Angriff, blut’gen Kopfes zogen
Sich die Sturmer ruckwarts in den
Schutz der machtigen Kastanien.
Hohnisch schallt’s zum Schlob hinauf:
“Schlechte Ritter, schlechte Knechte,
Sitzen hinter festen Mauern,
Kommt zum ehrlichen Gefechte,
Wenn ihr Mut habt!” – “Tod und Teufel!
Zugbruck’ nieder!” herrschte Werner.
“Fallt die Wehre! Vorwarts! – Hohnen?!
In den Rhein jetzt mit den Hunden!”
Nieder rasselte die Zugbruck’.
Allen vorwarts sturmte Werner
In den Haufen, uberrannt’ den
Burschen, der den Weg gewiesen:
“Wenn der Degen stumpf ist, Schurke,
Kommt’s an dich, – dein harrt die Faust nur.”
Aus den Feinden tragt ein starker
Kriegsmann, trotzig schaut’ das Auge
Aus verwettertem Gesicht vor.
‘s war ein alter Wallensteiner,
Den der Spab an Kriegshantierung
In der Bauern Reihen fuhrte.
“Hier ist Stahl zu beiben, Alter!”
Rief jung Werner, seine Klinge
Sauste schneidig durch die Lufte,
Doch des Kriegsmanns Hellebarde
Fing den Hieb: “Nicht ubel, Burschlein!
Hier die Antwort!” – blutig trauften
Werners Locken; auf der Stirne
Klafft der Streich der Hellebarde,
Doch der sie geschwungen, fuhrte
Keinen zweiten, tief im Halse,
Wo der Harnisch ihn nicht deckte,
Sab jung Werners Stahl; – er wankte
Noch drei Schritte – niedersank der
Arm ihm: “Teufel, schur dein Feuer,
Hast mich bald!” Tot lag der Alte.
Werner, schirm dein junges Leben!
Tobend sturzte sich der Bauern
Haufen auf die wen’gen Manner;
An Kastanienstamm gelehnet,
Matt noch mit dem Schwert sich deckend,
Stand jung Werner, – um ihn hielten
Treu die Diener Widerpart.
Gnad’ dir Gott! die Wunde brennet,
Aus der Faust entfallt der Degen,
Auf’ umflort sich – nach der blut’gen
Brust schon zuckt der Feindesstahl.
Da – noch mag sich alles wenden,
Fernher tont, wie zur Attacke
Ein Trompetenstob vom Schlosse,
Dann ein Schub – der sturzt – jetzt eine
Salve. – “Drauf!” so kommandiert der
Freiherr, und in wildem Fluchten
Staubt zum Rhein der Bauernschwarm.
Freu dich, Werner – Freunde nahen,
Und mit ihnen Margareta!
Als der Kampf im Garten tobte,
Stieg sie auf zum Schlobbalkone,
Und sie blies – unwissend selber,
Was sie wollte, – blies, als Notschrei
Angstgeprebter Seele, jenes
Schlachtsignal der Kaiserlichen,
Das sie tandelnd unter Scherzen
In der Laube einst gelernt.
Es vernahm’s des Freiherrn Mannschaft,
Die vom Straub am Tor zuruckkam,
Und den Schritt beflugelnd bei der
Jungfrau Kampfruf, drangen jetzo
Zum Entsatz sie in den Garten.
Frauenherz, du weiches, zages,
Wer hat also dich gestahlt?
“Gott, er lebt!” sie neigte mild sich
Zu ihm nieder, der auf grunem
Gras lag im Kastanienschatten,
Strich die blonden, blut’gen Locken
Von der Stirn: “Hast brav gefochten!”
Matt noch hob sich Werners Auge,
Ist’s ein Traumbild, was er schauet?
Schlob sich dann; – auf zwei Gewehren
Trug man ihn zum Herrenhaus.