Bey widriger Schifffahrt uber die Ostsee
Andrer Vater deutscher Lieder,
Edler Flemming, Phobus Sohn,
Komm, erneure doch den Ton
Deiner edlen Laute wieder!
Hast du Reuben und Circassen,
Und die wilde Tartarey,
Ja die Perser horen lassen,
Was die Kunst der Musen sey;
O so stimme, wie vorzeiten,
Meiner Zither schlaffe Seyten.
Stund nicht Liefland halb vernarret?
Stutzte nicht der kalte Belt?
War die halbe Norderwelt,
Bis zur Wolga, nicht erstarret?
Deines hohen Geistes Feuer
Schmelzte Rublands tiefsten Schnee;
Ja das Eis ward endlich theuer
An der runden Caspersee.
O wo ist von deinen Trieben
Die verglimmte Glut geblieben.
Eben die beschaumten Wellen,
Deren Spiel ich itzo bin,
Sah ja dein gesetzter Sinn
Vormals zu den Wolken schwellen.
Aber wenn sie rauschend rollten,
Und durch ihrer Fluthen Fall
Deine Lieder dampfen wollten,
Dampfte Thetis ihren Schall;
Thetis, die das Sprudeln storte,
Wenn sie dich von weiten horte.
Sagt, ihr blaulichten Tritonen!
Warum hort ihr mir nicht zu?
Warum wollt ihr meine Ruh
Nicht so wohl, als Flemmings, schonen?
Doch ich kann es leichtlich merken:
Konnt ich nur mein Seytenspiel
Recht nach seiner Laute starken,
Die euch damals wohlgefiel;
Wurdet ihr zu meinem Dichten
Williger die Ohren richten.
Raast denn, raast, ihr Wasserwogen!
Spritzt und schaumet noch so viel;
Mein verwerflich Seytenspiel
Ist mit eigner Hand bezogen.
Walzt euch, ihr gesalznen Hugel!
Schwemmt mein Schiff durch Sturm und Wind,
Dessen ausgespannte Flugel
Eure nasse Nachbarn sind;
Aber endlich legt euch wieder,
Und vernehmt auch meine Lieder.
Ich besinge mit Vergnugen
Mein verlabnes Vaterland,
Wo ich an Euterpens Hand
Den Parnab zuerst bestiegen;
Odoacers Schlob und Brucken,
Albertinens Glanz und Pracht,
Der des Pregels breiter Rucken
Alle Lander zinsbar macht;
Und wo mit geubten Zungen
Dach und Pietsch mir vorgesungen.
Dann erheb ich, ausser Preuben,
Sachsens schone Lindenstadt,
Leipzig, das nichts gleiches hat,
Und das gluckerfullte Meiben.
Leipzig, wo sich meine Floten
Etwas besser ausgespielt,
Und im Chore der Poeten
Manches Kenners Lob erzielt;
Als von Friedrich Augusts Thaten
Mir ein Heldenlied gerathen.
Nebst der klugen Philurenen,
Wo ich mich bisher befand,
Ruhm ich auch den Weichselstrand,
Und die Anmuth meiner Schonen;
Meiner dichtenden Louisen,
Welche mich so stark geruhrt,
So viel Geist und Witz erwiesen,
Als ich irgendwo gespurt;
Und durch angenehme Sitten
Mir zuerst das Herz bestritten.
Theurer Opitz! dessen Schatten,
Dessen Gruft noch Danzig ehrt,
Hast du meinen Wunsch erhort,
So wirst du mir eins verstatten.
Sang dein subes Rohr vorzeiten,
Von der langen Vandala:
O so ruhr itzt meine Seyten,
Auf mein Licht, Victoria;
Auf mein Leben, Adelgunden,
Die mich neulich uberwunden.
Sie verdients mit allem Rechte,
Sie, die Geist und Schonheit hat,
Dab sie dein unsterblich Blatt
Auf die spate Nachwelt brachte.
Doch, was braucht sie fremder Werke
Zum Gewinnst der Ewigkeit?
Ihres eignen Griffels Starke
Trotzt schon der Vergessenheit.
Konnt ich ihr nur auch entrinnen,
Furstinn deutscher Castalinnen!
Ist mir recht? die stolzen Wellen
Legen sich mit ihrer Wuth;
Und der Tiefen mude Fluth
Horet auf so sehr zu bellen.
Die begierigen Sirenen
Geben auf mein Singen acht,
Weil der Namen meiner Schonen,
Jeden Ton ganz lieblich macht.
Seht doch, wie sich die Najaden
Scherzend um mein Schifflein baden!
Ach! entzuckst du auch die Winde,
Schonste! warum strafst du mich?
Warum zurnst du, dab ich dich
Witzig, schon und artig finde?
Soll ich blinder, als die Fluthen,
Tauber, als die Sturme, seyn?
Ist mir das wohl zuzumuthen?
Selbst die Wahrheit spricht ja: Nein.
Warum soll ich denn im Schreiben
Gegen dich ganz frostig bleiben?
Warum kannst du es nicht leiden,
Dab mein Schiff die Hoffnung heibt?
Soll denn mein getreuer Geist
Deinen Wohnplatz ewig meiden?
Warum soll ich doch nicht hoffen?
Steht entweder meinem Bort
Danzigs Hafen nicht mehr offen?
Oder sperrst du selbst den Port?
Nein! Die Hoffnung und mein Glucke
Fuhrt mich doch dereinst zurucke.
Aendre kunftig die Befehle,
Zwinge meine Regung nicht.
Schilt nicht, dab ich dich, mein Licht!
Unter grobe Seelen zahle.
Ueberlab mich nur den Trieben,
Die du selbst in mir erweckt:
Denn soll ich den Werth nicht lieben,
Den dein Wesen mir entdeckt;
O so wird noch einst auf Erden
Alles Lieben strafbar werden.