2. Ode
1. Strophe.
Ein neues Lied, o Friedrich! soll Dich preisen:
Ein zweyter Lobgesang erhebet Deinen Ruhm.
O mochte Pindars Geist sich heute wirksam weisen!
O war er jetzt mein Eigenthum!
Du bist es werth, du Preis der Prinzen!
Die das Geschick zu Kron und Thron ersehn:
Wenn nur ihr, Volker und Provinzen!
Es auch verdient, dab solches kann geschehn.
Allein, o weh! Die Tochter des Verstandes,
Womit die Tugend ihn beschenkt;
Dieb edle Kind des treusten Ehebandes,
(Gewiben heibt das Wort des reinen Liebespfandes)
Das, das hat unser Heil umschrankt!
Der Himmel wies in Ihm, uns ein sehr nahes Glucke:
Wir huldigten Ihm froh; doch, Gott nahm Ihn zurucke.
1. Antistrophe.
Wie mancherley sind die gewohnten Triebe,
Wovon das edle Herz der Fursten-Kinder brennt!
Den reizt von Jugend auf der grunen Walder Liebe,
Darinn das Wild bey Schaaren rennt.
Ein stolzer Hirsch wird kuhnen Hunden
Ein Gegenstand der eingepflanzten Wuth:
Bald wird ein Eber ausgefunden,
Bald reizet ihm ein fluchtig Reh den Muth.
Bevor sich noch in hellen Silbertropfen
Der Thau, Aurorens Augen zeigt,
Sieht man ihm schon vor Lust das Herze klopfen,
Ja vor Sirenen auch sein mannlich Ohr verstopfen,
Dab er der Lagerstadt entweicht.
Des lauten Hifthorns Schall lockt in bekannten Fluren,
Den jungen Herkul frisch auf wilder Hauer Spuren.
1. Epistrophe.
Seht den andern dort erhitzt,
Auf der rauhen Bahn der Helden!
Wo Bellonens Lanze blitzt,
Lander schreckt, verheert und schutzt;
Dab man seinen Muth soll melden.
Tag und Nacht auf den Gefilden,
Wo des Mavors Kunste bluhn,
Sieht man ihn die Streiter bilden,
Die dereinst zu Sturme ziehn.
Morser speyen Graus und Tod,
Zu der Sterblichen Erstaunen;
Und das Wetter der Karthaunen,
Hauft der Erdenburger Noth.
Verdienen solch ein Prinz, und seine tapfern Heere,
Nicht Lorbern, Tempel und Altare?
2. Strophe.
Noch andre giebts, die gleich der Cypris Sohne,
Der Gratien Gefolg, der Schonheit Sklaven sind.
Der Tanze Gauckelspiel lockt sie durch weiche Tone,
Dahin wo jedes Herz zerrinnt.
Rinaldo schmilzt ja bey Armiden,
Entkraftet, zart, und zu Geschafften matt;
Vergibt, wozu man ihn beschieden,
Wozu ihn Gott der Welt geschenket hat.
Nur Scherz und Spiel, des Mubigganges Kinder,
Umnebeln den gedampften Geist,
Er irrt vermummt, im Dunkeln, wie ein Blinder,
Die wilden Nachte durch, wann sich Tancred gesunder,
Dem Feinde dort im Panzer weist.
Bey vollen Bachern weicht die Gabe des Verstandes;
Und schwerer Tafeln Pracht erdruckt den Flor des Landes.
2. Antistrophe.
Weit edler war, des Prinzen, den wir ehren,
Erhabnes Furstenherz, von fruher Jugend auf.
Von zarter Kindheit an erwahlt Er weise Lehren,
Fur seines ganzen Lebens Lauf.
Was Xenophon Mandanens Sohne
Fur Kranze wand, durch sein unsterblich Buch;
Die allerbeste Bahn zum Throne,
Nach Telemachs und Fenelons Versuch;
Was Gracians und Saavedrens Blatter,
Und Bilderwitz die Prinzen lehrt;
Was Seckendorf zum Nutz der Erdengotter,
Und Ramseys edles Buch von Asiens Erretter,
Erdacht, erlautert und gemehrt;
Was Tacitus, Plutarch und ein Schich-Sady schrieben,
Das ward Prinz Friedrichs Lust, und ist an Ihm beklieben.
2. Epistrophe.
Phobus und sein kluges Chor
Wurden seine Zunftgenossen:
Alles was nur je zuvor,
In der klugsten Volker Ohr,
Und geweihte Schrift geflossen;
Wie die Helden grauer Zeiten,
Philipps Sohn und Scipio,
An Gedichten sich erfreuten;
So ward auch Prinz Friedrich froh,
Edler Geister Augenmerk,
Was August und Casar liebten,
Wenn sie Witz und Dichtkunst ubten,
War des Churprinz liebstes Werk.
Auf gallisch und latein, in deutsch und walscher Zungen
Ward um die Wett’ Ihm vorgesungen.
3. Strophe.
Wie reizend hob nicht in den Pleibenauen,
Der Helikon voll Stolz sein muntres Haupt empor!
Wie glanzend war damals der Churprinz anzuschauen!
Wie gnadig lieh er uns Sein Ohr!
Ihr Lichter unsrer Philurene!
Erinnert euch, mit was fur Herrlichkeit,
Umringt durch tausend Musensohne,
Ihr dazumal bestralt gewesen seyd?
Halb Deutschland sah, hier vom Merkur vereinet,
Wie schon der Purpur Kunste hebt;
Wann, wie man sonst im Alterthum gemeynet,
In sterblicher Gestalt ein Gott bey uns erscheinet;
Und neben uns nach Weisheit strebt.
Und kam auch Prinz Xaver, auf seines Bruders Spuren:
So wie Prinz Karl; so sah man neue Dioscuren.
3. Antistrophe.
Ein neu Gestirn schien Sachsen aufzugehen,
Als Churprinz Friedrichs Herz sich hochst erwunscht verband:
Und was vermochte wohl Sein Glucke zu erhohen?
Ein Kaiserkind aus Bayerland.
Antonia ward Seine Schone;
Ein edler Zweig aus Karls erhabnem Stamm.
Wie laut erscholl das Lustgetone,
Um den mit Recht erfreuten Brautigam!
Minerva selbst erschien durch Sie in Meiben,
Und jede Muse noch zugleich.
In jeder Kunst, darauf sie sich befleiben,
Davon sie einzeln gar Beschirmerinnen heiben,
War Sie vor allen doppelt reich.
Gesang und Saitenspiel, Gedichte, Geist und Wissen,
Hatt’ Ihre Fahigkeit allein an sich gerissen.
3. Epistrophe.
Bild uns nur mit klugem Rohr,
Grober Leibnitz! durch dein Wissen,
Jenen Priester Theodor,
Und die Gottin Pallas vor,
Die ihm Zweifel losen mussen.
Lab ihn matt in Ohnmacht sinken,
Wenn er Jovis Kind erblickt;
Weil ihr himmlisch Augenwinken
Ihn voll Majestat entzuckt.
Hier in unserm Tempelbau
Sahn wir Die mit Gotterblicken,
Und mit hundert edlern Stucken,
Zehnfach reich begabte Frau!
Wie reizend war uns nicht Ihr gnadigstes Bezeigen?
Kurz, wer sie sah, der ward Ihr eigen.
4. Strophe.
Sprecht, habt ihr Sie verwundernd nicht verehret,
Die ihr euch damals theils der Wissenschaft ergabt;
Und theils der Weisheit Kern, die Er so gern gehoret,
Dem Prinzen vorgetragen habt?
Wer gab seitdem Ihm das Geleite,
Wenn man ihn oft bey uns erscheinen sah?
Wer wars, der sich den Kunsten weihte?
Wars nicht sein Herz und Licht Antonia?
Ich war begluckt, zuerst Sie zu empfangen:
Wie zauberreich war Ihre Huld?
Wie aufmerksam, wie lockend Ihr Verlangen?
Wie konnt ein Helikon mit weisern Horern prangen?
Wer hort’ uns doch mit mehr Geduld?
Noch mehr! Ihr Erbprinz war bereits erwunscht gebohren,
Gleichwohl gieng noch ihr Trieb zum Wissen nicht verlohren.
4. Antistrophe.
Die ihr so gern Zenobien bekranzet,
So gern Eudoxien aus Griechenland verehrt:
Sagt, hat im Alterthum wohl eine so geglanzet,
Als diese, so uns angehort?
Der Palmyrener Haupt war weise,
Von Einsicht stark, und grob von gutem Rath;
Allein, wer liest zu Ihrem Preise,
Dab Sie auch schrieb, und Weisen Gutes that?
Die Kaiserinn war fromm und aufgeklaret;
Als Philosophinn herrschte sie;
Doch welche Schrift hat sie der Welt gewahret?
Welch Musenchor geneigt ermuntert und genahret?
Nein, selber dichtete sie nie!
Kurz, was wir ganz erstaunt zu unsrer Zeit gesehen,
War vor Antonien in Wahrheit nie geschehen.
4. Epistrophe.
Und wo bleibt Thaliens Kunst,
Nebst Euterpens subem Singen?
Wo der Trauerspiele Gunst?
Die mit stets erneuter Brunst,
Selbst der Fursten Herzen zwingen?
In Prinz Friedrichs Nebenstunden,
Fanden alle gleichen Platz;
Was die Buhne nur erfunden,
Ward der klugen Augen Schatz.
Ermelindens eigner Fleib
Zeigte sich hier oft aufs neue;
Ihr Triumph der Schafer-Treue,
Brach Ihr manches Lorberreis.
So reizend, so vergnugt entflohn dem groben Paare,
Acht ruherfullte Friedensjahre.
5. Strophe.
Doch wahnet nicht, ihr Volker spater Zeiten!
Wir hatten hier Verstand und Witz allein verehrt:
Nein, dieser schwache Grund daurhafter Seeligkeiten
Ist keines Landes Opfer werth.
Rom sieht den Nero auf dem Throne,
Der wie Apoll, die Leyer schlagt und singt;
Er dichtet gar um Daphnens Krone,
Da ihm der Sieg, so, wie er glaubt, gelingt.
Doch weit gefehlt, dab blobe Geistes-Gaben
Des Raths und Reiches Gluck gebaut!
Hat er nicht Rom in Schutt und Graus begraben;
Um Trojens alten Brand recht vorgestellt zu haben?
Und was fur Wuth ward sonst geschaut?
Nein! fehlt ein fuhlbar Herz voll sanfter Menschenliebe,
Was hulfen doch der Welt des grobten Geistes Triebe?
5. Antistrophe.
Seyd weiser noch, als hundert Salomonen!
Denkt philosophischer, als Kaiser Julian!
Des bosen Herzens Schmutz erniedrigt auch die Kronen;
Mehr, als der Geist sie adeln kann.
Des Himmels Oberherrn verspotten,
Noch heydnischer, als Gotzendiener seyn:
Gehort fur ungeschlachte Rotten,
Die sich verkehrt den niedern Lusten weihn.
Ein Antonin war tugendhaft in Sitten,
Verehrte Wissenschaft und Gott,
Ward nie vom Gift des Epikurs bestritten;
Hat sclavenahnlich nie des Lasters Joch erlitten!
Vertrug auch nie der Tugend Spott.
Ein seichter Philosoph kann leicht ein Zweifler werden;
Ein wahrer ehrt den Gott des Himmels und der Erden.
5. Epistrophe.
Sieh Dein Bild, o Friederich!
Das der Wahrheit Griffel malte;
Wo aus jedem Pinselstrich,
Der Dir selber vollig glich,
Gottesfurcht und Sanftmuth stralte.
Deines Geistes edle Triebe
Blieben stets dem Schopfer treu:
Und Dein Herz voll Menschenliebe
Wubte nichts von Haucheley.
Wohlthun und Gerechtigkeit,
Die der Himmel vorgeschrieben,
Nach den strengsten Regeln uben;
Sanftmuth und Gelassenheit;
Das waren Deines Thuns, und furstlicher Gedanken,
Zweck, Leitstern, Augenmerk und Schranken.