Im Hafen
Glucklich der Mann, der den Hafen erreicht hat
Und hinter sich lieb das Meer und die Sturme
Und jetzo warm und ruhig sitzt
Im guten Ratskeller zu Bremen.
Wie doch die Welt so traulich und lieblich
Im Romerglas sich widerspiegelt,
Und wie der wogende Mikrokosmos
Sonnig hinabfliebt ins durstige Herz!
Alles erblick ich im Glas,
Alte und neue Volkergeschichte,
Turken und Griechen, Hegel und Gans,
Zitronenwalder und Wachtparaden,
Berlin und Schilda und Tunis und Hamburg,
Vor allem aber das Bild der Geliebten,
Das Engelkopfchen auf Rheinweingoldgrund.
O, wie schon! wie schon bist du, Geliebte!
Du bist wie eine Rose!
Nicht wie die Rose von Schiras,
Die hafisbesungene Nachtigallbraut;
Nicht wie die Rose von Saron,
Die heiligrote, prophetengefeierte; –
Du bist wie die Ros im Ratskeller zu Bremen!
Das ist die Rose der Rosen,
Je alter sie wird, je lieblicher bluht sie,
Und ihr himmlischer Duft, er hat mich beseligt,
Er hat mich begeistert, er hat mich berauscht,
und hielt mich nicht fest, am Schopfe fest,
Der Ratskellermeister von Bremen,
Ich ware gepurzelt!
Der brave Mann! wir saben beisammen
Und tranken wie Bruder,
Wir sprachen von hohen, heimlichen Dingen,
Wir seufzten und sanken uns in die Arme,
Und er hat sich bekehrt zum Glauben der Liebe –
Ich trank auf das Wohl meiner bittersten Feinde,
Und allen schlechten Poeten vergab ich,
Wie einst mir selber vergeben soll werden –
Ich weinte vor Andacht, und endlich
Erschlossen sich mir die Pforten des Heils,
Wo die zwolf Apostel, die heilgen Stuckfasser,
Schweigend predgen, und doch so verstandlich
Fur alle Volker.
Das sind Manner!
Unscheinbar von auben, in holzernen Rocklein,
Sind sie von innen schoner und leuchtender
Denn all die stolzen Leviten des Tempels
Und des Herodes Trabanten und Hoflinge,
Die goldgeschmuckten und purpurgekleideten –
Hab ich doch immer gesagt,
Nicht unter ganz gemeinen Leuten,
Nein, in der allerbesten Gesellschaft,
lebte bestandig der Konig des Himmels!
Halleluja! Wie lieblich umwehen mich
Die Palmen von Beth El!
Wie duften die Myrrhen vom Hebron!
Wie rauscht der Jordan und taumelt vor Freude! –
Auch meine unsterbliche Seele taumelt,
Und ich taumle mit ihr, und taumelnd
Bringt mich die Treppe hinauf, ans Tageslicht,
Der brave Ratskellermeister von Bremen.
Du braver Ratskellermeister von Bremen!
Siehst du, auf den Dachern der Hauser sitzen
Die Engel und sind betrunken und singen;
Die gluhende Sonne dort oben
Ist nur eine rote, betrunkene Nase,
Die Nase des Weltgeists;
Und um diese rote Weltgeistsnase
Dreht sich die ganze betrunkene Welt.