Der alten frauen gebet fur Dionysium
Gedicht von Hans Sachs
In der blutweis Stollen.
20. april 1544.
1.
Als Dionysius mit tiranneie,
spricht Plutarchus, vergob vil blutes rot,
Das iederman feint was der wutereie
und wunschten im teglich den gehen tot,
Bis an ein alts weib, bat fur in all morgen
ganz offenbar vor dem altar,
das die gotter versorgen
solten des kungs leben vor aller not.
2.
Der tirann schicket nach der alten frauen
sprach: “warum bittstu fur das leben mein?
Weil sonst iederman hat ab mir ein grauen,
begeren auch all meins todes allein.”
Die frau sprach: “in meinen kintlichen tagen
regirt gar stark ein tirann ark,
und als er wurd erschlagen,
kam vil ein ergerer tirann herein.
3.
Und als der selbig auch mit tot abschide,
dein tirannei auch angefangen hat;
Bist erger, dan vor die zwen, mit unfride,
wie man teglich spurt an deiner untat;
Darum tu ich um frist deins lebens werben
mit bit furwar der gotter schar;
ich furcht, so du tust sterben,
mocht noch ein ergrer kumen an dein stat.”