Der Kamin
“Wenn der Morgen in dem May mit der Bluthen
Erstem Geruch erwacht;
So begrubet ihn entzuckt vom bethauten
Zweige des Waldes Lied;
So empfindet, wer in Hutten an dem Walde
Wohnet, wie schon du bist,
Natur! Jugendlich hellt sich des Greises
Blick, und dankt! lauter freut
Sich der Jungling; er verlabt mit des Rehes
Leichterem Sprung den Busch,
Und ersteigt bald den erhohteren Hugel,
Stehet, und schaut umher,
Wie der Wecker mit dem rothlichen Fub
Auf die Gebirge tritt,
Und den Fruhling um sich her durch das Wehn
Der fruhen Luft sanft bewegt.
Wenn der Morgen des Dezembers in des Frostes
Duften erwacht, und glanzt;
So begrubet ihn mit Hupfen von dem Silber-
Zweige der Sanger Volk,
Und ersinnet fur den kunftigen May
Neue Gesange sich;
So empfindet, wer in Hutten auf dem Lande
Wohnet, wie schon du bist,
Natur! Munter erhellt sich des gestarkten
Greises Blick! mehr noch fuhlt
Sich der Jungling; er enteilt mit des Rehes
Leichterem Sprung dem Heerd’,
Und im Laufe zum besternten Landsee
Blickt er umher, und sieht,
Wie der Wecker mit dem rothlichen Fub
Halb im Gewolke steht,
Und der Winter um sich her das Gefilde
Sanft schimmernd bedeckt, und schweigt.
O ihr Freuden des Dezembers! er rufts,
Saumt nicht, betritt den See,
Und beflugelt sich mit Stahle den Fub.
Ein Stadter, sein Freund, verlieb
Den Kamin fruh. Er entdeckt von dem hohen
Rob in der Ferne schon
Den Landmann, wie er schwebt, und den Krystall
Hinter sich tonen labt.
O ihr Freuden des Dezembers! so ruft
Der Stadter nun auch, und springt
Von dem Rosse, das in Wolken des Dampfes
Steht, und die Mahne senkt.
Jetzt legt auch die Befluglung des Stahls
Der Stadter sich an, und reibt
Durch die Schilfe sich hervor. Sie entschwingen,
Pfeilen im Fluge gleich,
Sich dem Ufer. Wie der schnellende Bogen
Hinter dem Pfeil’ ertont,
So ertonet das erstarrte Gewasser
Hinter den fliegenden.
Mit Gefuhle der Gesundheit durchstromt
Die frohe Bewegung sie,
Da die Kuhlungen der reineren Luft
Ihr eilendes Blut durchwehn,
Und die zarteste des Nervengewebs
Gleichgewicht halten hilft.
Unermudet von dem fluchtigen Tanze,
Schweben sie Tage lang;
Und musiklos gefallt er. Wenn am Abend
Rauchender Winterkohl
Sie gelezt hat, so verlassen sie schnell
Die sinkende Glut des Heerds,
Und beseelen sich die Ferse, die Ruh
Der schimmernden Mitternacht
Durch die Freuden des gewagteren Laufs
Zu storen. Sie eilen hin,
Und verlachen, wer noch jetzo bey dem Schmause
Weilet, und schlummernd gahnt.
Die gesunderen, und froheren wunschet
Der kennende Zeichner sich,
Und vertauschte das gelohnte Modell
Gern mit dem freyeren.”
Da der Weichling Behager so gesprochen,
Gurtet er fester noch
Sein Rauchwerk! und die Flamme des Kamins
Schwinget noch lermender
In dem neuen Geholze sich empor!
Dicker und hoher steigt,
Aus der vollen unermeblichen Schale,
Duftend von weissem Rak,
Der Punschdampf! An des schwatzenden Stahlen
Naget indeb der Rost.