Weihnachtslied
Zur Bescherung der Waisenkinder
in Soest, und von ihnen gesungen.
Wenn traulich mit schimmernden Flocken
Der Winter die Erde bestreut,
Und rings die metallenen Glocken,
Sich regen zum Weihnachtsgelaut;
Dann senkt sich auf goldigem Wagen
Das Christkind zur Erde herab,
Von rosigen Wolken getragen,
Im Handchen der silberne Stab.
Von purpurnem Samt ist sein Rockchen,
Das Kronlein von edlem Gestein,
Und uber den wallenden Lockchen
Glanzt blendend ein Heiligenschein.
Und Engel mit farbigen Schwingen
Umringen das liebliche Kind,
Und zitternde Glockchen erklingen,
Und huldigend flustert der Wind.
So naht es der Erde Revieren
Mit strahlendem, bunten Gespann;
Es offnet von selbst sich die Turen,
Pocht leise ein Fingerchen an.
Und springen die Pforten, die Riegel,
Bewaltigt vom himmlischen Schein,
Dann schwebt es mit leuchtendem Flugel
In Hauser und Hutten hinein.
Es sieht nach den schlafenden Kindern,
Und kusst sie voll Inbrunst und spricht:
“Schlaft ruhig, ihr mochtet mich hindern!
Schlaft ruhig und storet mich nicht.”
Drauf tragt es in jegliches Zimmer
Den prangenden, duftenden Baum.
Wie schmucken mit leuchtendem Schimmer
Die Kerzen der Zweiglein Saum!
Wie funkeln die herrlichen Gaben!
Wer hat sich wohl Schonres gedacht!
Es weib was die Kinder gern haben,
Das hat es denn alles gebracht!
O freut euch! Zu uns auch die Rader
Des Wagleins hat es gelenkt!
O juble und freue sich jeder!
Wie reich sind auch wir heut beschenkt!
Ertone melodisch, in leisen
Akkorden, o Weihnachtsgesang!
Christkindchen, empfange der Waisen,
Der glucklichen, innigen Dank!