Auf einem Bahnhofe
Aus einer Riesenstadt verirrt’ ich mich
Auf einen weit entlegnen kleinen Bahnhof.
Ein Stadtchen wird vielleicht von hier erreicht
Von Mannern, die vom Morgen an viel Stunden
Am Pult, in Laden und Kanzlei gesessen,
Und nun den Abend im Familienkreise
Den Staub abschutteln wollen vom “Geschaft”.
Ein gluhend heiber Sommertag schlob ab.
Es war die Zeit der Mitteldammerung.
Der neue Mond schob wie ein Komma sich
Just zwischen zwei bepackte Guterwagen.
Im Westen lag der stumme Abendhimmel
In ganz verblabter milchiggelber Farbe.
Und diesem Himmel stand wie ausgeschnitten
Ein Haufen Schornsteinturme vor der Helle.
Aus allen Schloten qualmte dicker Rauch,
Erst grad’ zur Hoh’, dann wie gebrochen bald,
Beinah im rechten Winkel, einem Windzug
Nachgebend, der hier Oberhand gewonnen.
In wunderlich geformten Öfen dort,
Die offne Stellen zeigten, lohte ruhig,
Ganz ruhig, ohne jeden Flackerzug,
Ein dunkelblauer starker Flammenmantel…
Und aus der groben Stadt klang dumpf Gerausch,
Ein brodelnd Kochen, das ich einmal schon
Gehort, als vor Paris wir Deutschen ruhten,
Indessen drinnen die Kommune sich
Im Hollenlarme blutige Wangen wusch.
Das fiel mir ein in diesem Augenblick.
Und wie auch damals, kam ein Bild von neuem:
Scharf, wie geputztes Messing blank, erglanzte
Hoch uber allem Zank der Jupiter.
Und heut wie einst: Der Jupiter stand oben,
Von allen Sternen er allein zu sehn,
Und schaute auf den ewigen Erdenkampf,
Der mir so wust in dieser Stunde schien –
Und wie bezwungen sprach ich vor mich hin
Mit leiser Lippe: Zwanzigstes Jahrhundert.
Um mich war’s leer; ein letzter Zug hielt fertig,
Die letzten Arbeitsmuden zu erwarten.
Ein Bahnbeamter mit knallroter Mutze
Schob mir vorbei mit Eilgutformularen.
Sonst nichts – nur oben stand der Jupiter.
Die blauen Flammen lohten geisterhaft,
Und aus der Stadt her drang verworrner Ton.