Українська та зарубіжна поезія

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Morgen-Gedanken

Dieses kleine Gedicht ist das alteste unter denen, die ich der Erhaltung noch einigermaben wurdig gefunden habe. Es ist auch die Frucht einer einzigen Stunde und deswegen auch so unvollkommen, dab ich ein billiges bedenken getragen habe, es beizubehalten. Die Kenner werden deswegen und in Betracht des unreifen Alters des Verfassers es mit schonenden Augen ansehen.

Der Mond verbirget sich, der Nebel grauer Schleier
Deckt Luft und Erde nicht mehr zu;
Der Sterne Glanz erblasst, der Sonne reges Feuer
Stort alle Wesen aus der Ruh.

Der Himmel farbet sich mit Purpur und Saphiren,
Die fruhe Morgen-Rothe lacht;
Und vor der Rosen Glanz, die ihre Stirne zieren,
Entflieht das bleiche Heer der Nacht.

Durchs rothe Morgen-Thor der heitern Sternen-Buhne
Naht das verklarte Licht der Welt;
Die falben Wolken gluhn von blitzendem Rubine,
Und brennend Gold bedeckt das Feld.

Die Rosen offnen sich und spiegeln an der Sonne
Des kuhlen Morgens Perlen-Thau;
Der Lilgen Ambra-Dampf belebt zu unsrer Wonne
Der zarten Blatter Atlas-grau.

Der wache Feld-Mann eilt mit singen in die Felder
Und treibt vergnugt den schweren Pflug;
Der Vogel rege Schaar erfullet Luft und Walder
Mit ihrer Stimm und fruhem Flug.

O Schopfer! was ich seh, sind deiner Allmacht Werke!
Du bist die Seele der Natur;
Der Sterne Lauf und Licht, der Sonne Glanz und Starke
Sind deiner Hand Geschopf und Spur.

Du steckst die Fackel an, die in dem Mond uns leuchtet,
Du giebst den Winden Flugel zu;
Du leihst der Nacht den Thau, womit sie uns befeuchtet,
Du theilst der Sterne Lauf und Ruh.

Du hast der Berge Stoff aus Thon und Staub gedrehet,
Der Schachten Erzt aus Sand geschmelzt;
Du hast das Firmament an seinen Ort erhohet,
Der Wolken Kleid darum gewelzt.

Den Fisch, der Strome blast und mit dem Schwanze sturmet,
Hast du mit Adern ausgeholt;
Du hast den Elephant aus Erden aufgethurmet
Und seinen Knochen-Berg beseelt.

Des weiten Himmel-Raums saphirene Gewolber,
Gegrundet auf den leeren Ort,
Der Gottheit grobe Stadt, begranzt nur durch sich selber,
Hob aus dem nichts dein einzig Wort.

Doch, dreimal grober Gott! es sind erschaffne Seelen
Fur deine Thaten viel zu klein;
Sie sind unendlich grob, und wer sie will erzahlen,
Mub, gleich wie du, ohn Ende sein!

O Unbegreiflicher! ich bleib in meinen Schranken,
Du, Sonne, blendst mein schwaches Licht;
Und wem der Himmel selbst sein Wesen hat zu danken,
Braucht eines Wurmes Lobspruch nicht.

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Morgen-Gedanken - ALBRECHT VON HALLER