Fragment einer Verserzahlung
Die Sonne war in Westen,
schon von den hohen Bergen,
das Gold der Abendrothe,
erblabte an dem Himmel
des Mondes schwachre strahlen,
besilberten die Erde.
Alb Amor schon bewaffnet,
in jennem dustern waldchen,
durch dunkle Schatten irrte,
wo ofters zwey verliebte,
in grunen Schatten scherzen,
wo manches schones Madchen,
in Blumen ausgestreket,
den ihm getreuen Hirten,
mit Ungedult erwartet,
wo Kleiner Vogel Chore,
der Liebe Lob besingen.
In mitte dieses Waldchens,
versameln alle Bache,
die sich durchs waldchen schlangeln,
in einem See die wellen
ihr feuchtes Uffer kussend
Hier, hier sah er ein Madchen,
ein nakend badend Madchen,
drum schlich er an das Uffer,
das Madchen zubesehen.
Die weibgewolbte Stirne,
umkranzten schwarze Locken,
mit denen Zephir scherzte,
und sie um Halb und Bruste,
mit sanftem sauseln schwang,
Es gluhte auf den Wangen,
der purpur junger Roben,
die Kleinen zarten Lippen,
umflatterte die Anmuth,
der schwarzen Augen Feuer,
war reitzend und entzundend,
der Leib war schon und prachtig,
geschlank, und weib wie Lilgen,
wie man die Venus bildet.
Die wallen hupften freudig,
umschwangen ihre Knie
und stiegen in die Hohe,
– – – – – – – – – –
und hupfeten in Kreyben,
in silberfarbnen Zirkeln.
Das Madchen sah den Amor,
den es noch nie gekennt,
Es sprach, du kleines knabgen,
Geh, oder, wann ich komme,
so spriz ich dich mit Wasser.
Doch Amor lachelt schalkhaft,
lahnt sich auf seinen bogen,
und bleibt am Uffer stehen;
Das Madchen klatscht ins wasser,
bib Amor ganz betreufelt,
so, wie die Rose glanzte,
die ganz beperlet glanzet,
wenn sie bey hellem Morgen,
das frische Tau befeuchtet.
So wie die kleine Lerche,
wann sie die Regentropfen,
von bunten Federn schutelt,
so schutelte sich Amor
die Tropfen abzusprizen.
Drauf sagt er freundlich lachelnd,
Mein kind du kannst im sprizen,
gewib sehr artlich treffen,
doch sieh, kann ich im schieben,
dich auch so artlich treffen.
Drauf langt er in den Kocher,
und legt auf seinen Bogen,
ein glanzend scharffes pfeilchen,
kaum zischt es durch die Lufte,
so staks schon in dem Herzen;
des Schreken vollen Madchens
das eilends aus dem wasser,
ans nahe Uffer flohe
und in dem dustern Waldchen,
geheim den orth besah,
wo ihns der pfeil getroffen.
Was, sprach es, fuhlt mein Herz,
Es ist kein rechter Schmerz,
Er schmerzt, doch ist er sub,
Ein plagendes vergnugen,
was ist nun dieses alles?
Ich horte diese Worte,
Dann ich stak im Gebusch,
wo dieses Madchen klagte,
komm, sez dich auf die Blumen,
sprach ich mein schonstes Madchen,
ich heil dir deine wunde.
Die Schaam mahlt seine Wangen,
mit reizend schonem purpur,
alb es mich reden horte,
es wollte schuchtern fliehen,
allein ich hielts zuruke,
und fieng es an zukussen,
da fieng es an zulacheln,
und foderte durch kusse,
von mir noch ville kusse,
wir kubten bis wir sinkend,
uns auf die blumen legten, etc.