Wo
Wo liegt dein Heil? Liegt es in deinem Leibe,
fur den du dich und tausend Andre plagst?
Denkst du, dab er dein Mittelpunkt verbleibe,
um den du dich im Kreise treibst und jagst?
Du widmest ihm fast jeden der Gedanken,
und deine Plane, deine Wunsche ranken
sich nur um dieses teure Gotzenbild,
das dir als Krone aller Schopfung gilt.
Schau dir ihn an! Sieh krank und siech ihn liegen
zu seiner eignen und des Nachsten Pein!
Der winzigste Bazill kann ihn besiegen,
der kleinste Fehltritt ihm verderblich sein.
Betrachtest du sein Kommen und sein Gehen,
so wirst du’s nicht begreifen, nicht verstehen,
dab dieser Schwachling dir als fester Halt
fur deinen Geist, fur deine Seele galt.
Nun denke nach! Er selbst wird ja gehalten
anstatt dab er zu stutzen je verstand:
Die Liebe will das Kind zum Mann gestalten;
sie tut es freundlich durch die Elternhand.
Die Gattenliebe fuhrt ihn dann durchs Leben,
um Festigung und Reife ihm zu geben,
und wenn er scheiden geht, sagt ihm das Weh
der Liebe seiner Kinder noch Ade.
Weibt du es nun? Es geht und strahlt die Liebe
fur alle Welt von Gottes Himmel aus,
und ob sie lange, ob sie kurz nur bliebe,
sie kommt und weilt und wirkt in jedem Haus.
Sie ist die einzge Stutze jedes Lebens;
ein Leben ohne Liebe ist vergebens,
denn wo sie fehlt, da flieht das innre Gluck,
und dann bleibt freilich nur der Leib zuruck.
Wo liegt dein Heil? O, lab dich doch belehren;
die Leibessorge bietet dir es nicht,
du hast fortan nach innen dich zu kehren,
wo Gott durch deine Seele zu dir spricht.
Und diese Stimme wird auf deine Fragen
dir jederzeit die rechte Antwort sagen.
Nur sie, nur sie verkundet dir dein Heil,
und folgst du ihr, so wird es dir zu teil.