1901
Schlieb auf das Tor; lab seine Flugel springen;
zund deine Leuchte an in allen Landen!
Mir ist, als horte ich den Ruf erklingen,
es sei der Tod zum Leben auferstanden.
Breit deine Fluren aus und deine Pfade;
lab deine Wasser klar und freundlich flieben,
und von dem Himmel moge sich die Gnade
auf Alles, was die Erde tragt, ergieben.
Schlieb auf das Tor; es tritt die Menschheit ein;
o, lab ihr diesen Schritt gesegnet sein!
Schlieb auf den Schrein, vor dem wir betend knien,
dem wir die Liebe, die Verehrung zollen,
die wir auf seinen Inhalt doch beziehen
und nicht dem Menschenwerke widmen sollen!
Lab uns erkennen, was wir nicht erkannten,
weit uns der Geist die Seele stets verhehlte;
lab uns verstehen, was wir nicht verstanden,
weil uns die wahre Liebe nicht beseelte.
Schlieb auf den Schrein, und zeig, was er enthalt,
dab mit dem Schleier auch der Irrtum fallt!
Schlieb auf die Herzen; nirgends stehn sie offen,
denn jedes will nur fur sich selbst empfinden,
und doch ist es ihr eignes, schonstes Hoffen,
dab sie in Liebe sich zusammenfinden!
Lab diese Liebe endlich doch erwachen
und aus dem Ich heraus ins Leben steigen,
die Menschen zur gesamten Menschheit machen
und sich als Seele dieses Leibes zeigen.
Schlieb auf die Herzen; lehre sie verstehn,
dab alle Pulse nur als einer gehn!
Schlieb auf das Paradies; gib es uns wieder!
Wir wollen heim; wir wollen Frieden halten.
Der Vater ist das Haupt; wir sind die Glieder;
nur seine Gute soll im Hause walten.
Sei du die Zeit, die uns um ihn versammelt,
zeig uns der Worte kostlichstes auf Erden,
das unsre Bitte um Versohnung stammelt,
dann wirst du eine Zeit des Edens werden.
Schlieb auf das Paradies, das Gottesland,
und sei uns zur Erleuchtung zugesandt!