Das Kind der Sorge
Einst sab am murmelnden Strome
Die Sorge nieder und sann:
Da bildet im Traum der Gedanken
Ihr Finger ein leinernes Bild.
“Was hast du, sinnende Gottin?”
Spricht Zeus, der eben ihr naht.
“Ein Bild, von Tone gebildet!
Beleb’s! ich bitte dich, Gott.”
“Wohlan denn! Lebe! – Es lebet!
Und mein sei dieses Geschopf!” –
Dagegen redet die Sorge:
“Nein, lab es, lab es mir, Herr!
Mein Finger hat es gebildet,” –
“Und ich gab Leben dem Ton,” –
Sprach Jupiter. Als sie so sprachen,
Da trat auch Tellus hinan.
“Mein ist’s: Sie hat mir genommen
Von meinem Schobe das Kind.”
“Wohlan”, sprach Jupiter, “wartet!
Dort kommt ein Entscheider, Saturn.”
Saturn sprach: “Habet es alle!
So will’s das hohe Geschick.
Du, der das Leben ihm schenkte,
Nimm, wenn es stirbet, den Geist;
Du, Tellus, seine Gebeine,
Denn mehr gehoret dir nicht.
Dir, seiner Mutter, o Sorge,
Wird es im Leben geschenkt.
Du wirst, so lang’ es nur atmet,
Es nie verlassen, dein Kind,
Dir ahnlich wird es von Tage
Zu Tage sich nahern in’s Grab.”
Des Schicksals Spruch ist erfullet,
Und Mensch heibt dieses Geschopf:
Im Leben gehort es der Sorge,
Der Erd’ im Sterben und Gott.