Українська та зарубіжна поезія

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Das Andenken des vor 100 Jahren in Leipzig gebohrnen Freyherrn Gottfried Wilhelms von Leibnitz

O Geist der Weisheit! dessen Zug
Den Sinn der Sterblichen von wilder Thiere Toben,
Zur Einsicht und Vernunft erhoben,
Die Wahn und Einfalt niederschlug.
Du Geist der Wissenschaft und Kunst!
Der durch ein hoher Licht die Barberey gestoret,
Und Menschen Menschen seyn gelehret;
Belebe mich vorjetzt mit deines Triebes Gunst,
Und lab es diebmal mir gelingen
Von deinem Heiligthum und liebsten Sohn zu singen.

Es hort mich ein Durchlauchtes Paar,
Des Rautenstammes Preis, die Hoffnung der Provinzen,
Ein Muster kronenwerther Prinzen,
Das langst den Kunsten gnadig war.
Ihr heitres Antlitz starkt die Kraft
Der Musen, die sonst leicht bey Furcht und Gram erliegen:
Ihr edler Geist sucht sein Vergnugen,
In dem was andre schreckt, in Kunst und Wissenschaft.
O mocht ein Stral von Ihren Blicken,
Nach oft gespurter Huld, mich selber mir entrucken!

Da, wo der Pleibe feuchter Rand,
Die fette Meibnerflur mit sanfter Fluth erfrischet,
Da wo sie sich mit Wellen mischet,
Die ihr die Baare zugesandt;
Wo sonst ein slavisches Geschlecht,
Der Daleminzer Schwarm, die Mysier bezwungen,
Ja bis in Thuringen gedrungen,
Bis ihn der grobe Karl durch Tapferkeit geschwacht:
In wilden Wend – und Sorben-Landen
Ist Leipzig, Meibens Kern und Kleinod, erst entstanden.

Wer will im dunkeln Alterthum
Der grobten Stadte Grund und Stiftung recht erfahren?
Wuchs doch Athen erst mit den Jahren,
Zu dem erlangten Flor und Ruhm.
Der Berge Moob und tiefer Schacht,
Versteckt den ersten Keim, die Wurzeln junger Eichen;
Doch wenn sie an die Wolken reichen,
Erstaunt ein Wandersmann vor ihrer Zweige Pracht.
Kein Wunder, wenn wir gleichfalls lesen,
Dab Leipzig vormals auch ein schlechtes Dorf gewesen.

Kein Schimpf fur dich, beruhmte Stadt!
Die Vorsicht hatte dich schon damals ausersehen
Zu allem was hernach geschehen,
Und dich empor gehoben hat.
So weit der Saal und Muldenflub,
So weit die Elster sich in krummen Ufern schleichet,
Bluht keine Stadt die dir nicht weichet,
Dir nicht in Demuth selbst den Vorzug geben mub.
So hoch hast du durch tausend Proben,
Von Witz und Wissenschaft und Handel dich erhoben!

Wodurch Karthago sich erhob,
An Reichthum Tyrus sonst, Korinth an Pracht gestiegen,
Dadurch kannst du, o Leipzig! siegen,
Das alles grundet auch dein Lob!
Hat sich im Adriater Meer
Venedig durchs Gewerb, aus kleinen Fischerhutten,
Den Preis der schonsten Stadt erstritten;
Stammt Amsterdams Gewalt allein vom Handel her:
Was Wunder? dab auch deine Mauren
Durch kluger Burger Fleib, erwachsen, stehn und dauren.

Zinst dir kein weiter Ocean,
Kein tief und breiter Strom durch Segel, Flagg und Masten,
Der Peruaner goldne Lasten,
Und Kostbarkeiten aus Japan;
Siehst du hier keine Wimpel wehn,
Und sinkt kein Anker gleich in deinem Hafen nieder;
Ja labt dein Flub gleich hin und wieder,
Kaum einen schmalen Kahn bey zwanzig Muhlen sehn:
So ward dir doch Mercur gewogen;
Denn Kunst und Witz ersetzt, was die Natur entzogen.
Ihr Platze! die der Stifter Witz,
Vieleicht der Zufall blob, an Strom und See gebauet;
Wo ihr in stolzer Nahe schauet
Neptuns beschaumten Muschelsitz.
Seyd nicht zu frech auf euer Gluck!
Das Meer scheint freylich euch den Reichthum aufzuthurmen:
Doch ofters schreckt es auch mit Sturmen,
Und schickt die Flotten krank, zerlechzt und leer zuruck.
Wo nicht der Schatz von vielen Jahren,
Durch ein zerscheitert Schiff dem Abgrund zugefahren.

Das alles schrecket Leipzig nicht,
Das seine Frachten nicht den Wellen anvertrauet;
Dem nie vor Sturm und Wetter grauet,
Davon oft Mast und Ruder bricht.
Hier bebt kein Mensch vor Syrt und Strand,
Kein Algier und Salee macht unserm Kaufmann Kummer;
Er liegt in unbesorgtem Schlummer,
Die Guter, die er hofft, bringt ihm das sichre Land.
Bey zehnfach leidlichern Gefahren,
Versorgt der Rosse Kraft ihn mit den schonsten Waaren.

Wie sich bey voller Fruhlingszeit
Ein arbeitsamer Stock voll junger Bienen reget;
Wie alles sich vor Fleib beweget,
Wenn Sonn und Luft die Kraft verleiht:
Dieb muntre Volk durchfliegt das Feld,
Und kommt durchaus beschwert mit suber Beute wieder;
Es legt der Blumen Balsam nieder,
Und fullt die Zellen an, die es dazu bestellt:
So pflegen Leipzigs rege Gassen
Dreymal im Jahre sich beschafftigt sehn zu lassen.
Wo bin ich? zeigt sich Walschland mir?
Seh ich Pannonien und Achmets weite Staaten?
Ja! Siebenburgen und Sarmaten,
Und Stambols Burger handeln hier.
Armenien schickt Kaufer her:
Die aus dem Nevastrom und aus der Duna trinken,
Erscheinen auf der Kramer Winken;
Ihr weiter Wagen wird von tausend Lasten schwer.
Der Dan und Schwed im rauhen Norden,
Ja Donau, Rhein und Mayn, sind Leipzig zinsbar worden.

Noch mehr! auch Weisheit steht hier feil,
Mercur verhandelt sie in Millionen Bogen,
Apollo selbst kommt hergezogen,
Und Pallas nimmt am Handel Theil.
Was ihrer Priester wacher Fleib,
So weit Europa geht, ersonnen und geschrieben,
Das alles wird hieher getrieben,
Wo kluger Kaufer Blick es auszuspahen weis.
Der Walschen Geist, der Franzen Kunste,
Der Britten tiefer Sinn, dient Leipzig zum Gewinnste.

Was sag ich? Salems Wissenschaft,
Phoniciens Verstand, Aegyptens Wunderwerke,
Erblickt man hier in voller Starke,
Mit jahrlich neu verjungter Kraft.
Was sonst Ionien erfand,
Arabien getraumt, und Indien gelehret,
Was Peking vom Confuz gehoret,
Der Perser Sonnendienst, und der Mogollen Tand;
Womit sich Mandarinen affen,
Und Bucher aus Byzanz, die sind hier anzutreffen.
Wo bleibt Athens Vernunft und Geist?
Bewahrter Dichter Witz, der Redner Zauberworte;
Davon die Kraft an diesem Orte,
Sich ofters noch lebendig weist.
Wo bleibt der alten Weisen Mund;
Was Sokrates gelehrt, was Plato aufgeschrieben;
Was uns vom Zeno noch geblieben;
Was jener Stagirit, und Theophrast verstund;
Was Rom im Tullius gebohren,
Am Antonin verehrt, im Seneca verlohren?

Das alles, und was Flaccus war,
Was Maro und Ovid und Livius gewesen,
Das bluht allhier, das hort man lesen,
Das stellt uns Leipzig schoner dar.
Der Buchersale grobe Zahl
Hebt Seltenheiten auf, die in verflobnen Jahren,
Bey fernen Volkern heilig waren;
Besonders von Geschmack, und ungemein an Wahl.
Hier leben grober Kunstler Werke,
Ja Sachsens Fursten selbst, in Bildern voller Starke.

Verklarter Friedrich! tapfrer Held!
Der Du den Musensitz am Pleibenstrom erbauet,
Auch Dein Gemald wird hier geschauet,
Wo es die Ehrfurcht aufgestellt.
Dir weis es Leipzig ewig Dank,
Dab Du der Wissenschaft den Aufenthalt gegrundet:
So lange sich der Witz hier findet,
Verehrt, o Churfurst! Dich der Musen Lobgesang.
Du warest streitbar in den Kriegen;
Und gleichwohl ist durch Dich die Wissenschaft gestiegen.

Dir folgt der Helden ganze Reih,
Die Deinen Zweck erfullt, der Weisheit Flor geheget,
Und jede Wissenschaft verpfleget;
Die alle sind vom Tode frey!
Vor andern prangen auber Dir,
Ein Moritz und August, zween ewig theure Helden,
Von welchen Pfllicht und Wahrheit melden:
Sie mehrten Leipzigs Flor, der freyen Kunste Zier.
Durch ihre Sorgfalt ists geschehen,
Dab wir noch Priester gnug in Pallas Tempeln sehen.

Hier steht im schonsten Purpurschmuck,
Der Lehrer kleine Zahl, die solchen gleich getragen,
Als sie in ihren letzten Tagen
Des Todes Sichel niederschlug.
Die Nachwelt ehrt noch ihre Gruft,
Und Leipzig wird ihr Lob, so lang es steht, bekronen;
Man zeigt ihr Beyspiel muntern Sohnen,
Indem man ihren Fub zum Weisheitpfade ruft.
Denn nichts entzundet mehr die Jugend,
Als Muster edler Art an Wissenschaft und Tugend.

Was prangt nicht dort fur manches Licht,
Das die gelehrte Welt, gleich hellen Sternen schmucket,
Wird nicht Reines’ allda erblicket?
Seh ich den groben Bembus nicht?
Da stralt ein kluger Grotius,
Cujaz und Lipsius, die Wunder ihrer Zeiten;
Auch Daum und Barth stehn ihm zur Seiten,
Wie Preubens Archimed und Schmuck, Copernicus.
Noch funfzig andre sieht man prangen,
Die uns, wie Sannazar, in Kunsten vorgegangen.

Nur einer fehlt, der hier nicht steht!
Und doch an Ruhm und Glanz und Grobe keinem weichet;
Ein Mann, der alles langst erreichet,
Wodurch man ewig sich erhoht.
Ein Wunder tiefer Wissenschaft,
Durchdringend an Vernunft, an Einsicht auserlesen,
Ein Geist von allgemeinem Wesen,
Von unumschranktem Witz und unerschopfter Kraft;
Der alles das in eins gebunden,
Was je der Mensch erfand; doch selbst noch mehr erfunden.

Wer ists? O Leipzig! sollte man
Bey dir noch allererst nach dessen Namen fragen?
Den doch dein eigner Schoob getragen,
Als er das erste Licht gewann?
Ist dir dein Sohn so schlecht bekannt,
Den halb Europa so, wie Deutschland, hochgeachtet,
Den Albion voll Neid betrachtet,
Den Frankreich uns misgonnt, so wie das walsche Land?
Wie? Leipzig, kannst du den verkennen,
Um den die Volker dich begluckt und selig nennen?

Dein Leibnitz wars, durch dessen Ruhm
Der deine gleichfalls wuchs, dieweil du ihn gebohren!
Denn hast du ihn gleich jung verlohren;
So blieb er doch dein Eigenthum.
Der Mantuaner Stolz ist grob:
Warum? des Maro Geist entsprang aus seinen Mauren.
So lang ein Padua wird dauren,
Ruhmt sichs des Livius, des Sohns von seinem Schoob.
So lange Rotterdam wird stehen,
Wird auch dein Ehrenmaal, Erasmus, nicht vergehen.

Wenn sieben Stadte den Homer,
Aus reger Eifersucht einander abgestritten:
Was hatte Leipzig nicht erlitten,
Wenn hier ein Zweifel moglich war?
Der stolzen Tyber breiter Rand
Wurd eifrig um den Ruhm von dieser Wiege kampfen.
Die Seyne, solchen Stolz zu dampfen,
Wurd streiten, dab man ihr dieb hohe Lob entwandt.
Und an der Themse feuchten Flachen,
Wurd London eifern, sich den Vorzug zuzusprechen.

Doch Leibnitz war was bessers werth:
Homer hat erst erblabt dieb seltne Gluck erfahren;
Da ihn in seinen Lebensjahren
Kein Reich und keine Stadt begehrt.
Um des von Leibnitz edlen Geist
Hat manch gekrontes Haupt, vorlangst eh er gestorben,
Durch Gnad und Wohlthun sich beworben,
In Landern, wo er noch verehrungswurdig heibt;
Wo sein Verdienst und Rath und Schriften,
Ihn lebend grob gemacht, ihm todt manch Denkmaal stiften.

Der Britten Haupt hat ihn erhoht,
Moskoviens Osir vertrieb nach seinem Rathen,
Die Barbarey aus seinen Staaten;
Wo noch sein Ruhm im Segen steht.
Der sechste Karl, der Romer Haupt,
Sein Feldherr, Prinz Eugen, ein Held an Geist u. Schwerte,
Vernahmen kaum was er begehrte;
So ward ihm selbst in Wien der Zutritt bald erlaubt.
Lutetien war ihm gewogen,
Und hatt auf Lebenslang ihn gern zu sich gezogen.

Besoldung, Aemter, suchten ihn,
Des Reiches Freyherrnstand, (ein seltner Lohn vom Wissen,
Seit ihn das Gold zu sich gerissen!)
Vergalten sein gelehrt Bemuhn.
Bey zweenen Kaisern Rath zu seyn,
Und so viel Konigen mit Werk und That zu dienen,
Hat billig jedem viel geschienen,
Heibt wirklich ehrenvoll, bleibt ewig ungemein;
Seit Gattungen geringrer Gaben,
Die strenge Wissenschaft vom Hof entfernet haben.

An Witz und Einsicht reich und satt,
Hat er der Wahrheit sich zum Priester eingeweihet:
Hier hat er keine Muh gescheuet,
Davor ein Trager Abscheu hat.
Der tiefsten Weisheit ersten Grund,
Die Schatze der Natur, der Zahlen Seltenheiten,
Der Mebkunst hohe Trefflichkeiten,
Das alles sah er ein; das that er andern kund.
Er war ein Meister in Geschichten,
Im Alterthume stark, und ein Lucrez im Dichten.

Wer kennt die Wunderrechnung nicht,
Die Archimed ersann, den Weltraum zu ergrunden?
Was grobers war kaum auszufinden,
In dem, was Menschenwitz verspricht.
Nur Leibnitz hat noch mehr versucht;
Er fand die Rechenkunst in dem unendlich Kleinen:
Hier konnt er doppelt grob erscheinen,
Und ganzer Volker Neid war seines Witzes Frucht.
Die Eifersucht der stolzen Britten
Hat die Erfindung ihm aufs heftigste bestritten.

Wie dort den neuen Theil der Welt,
Columbus erst entdeckt, Vespuz hernach erfunden,
Dab beyder Ruhm zwar nicht verschwunden;
Ob jener gleich den Preis behalt.
Hatt kein Columbus sich gewagt,
Und seinen kuhnen Mast dem Ocean vertrauet,
Den noch kein Schiffer je geschauet:
Wem hatt Americus so herzhaft nachgejagt?
So war auch Newton nie entglommen,
War unsers Leibnitz Geist ihm nicht zuvor gekommen.

Gebrauchte sonst Pythagoras
Die Kunst, zehn Ziffern nur im Rechnen anzuwenden;
Und doch das schwerste zu vollenden;
So that zwar Weigel mehr als das.
Vier Ziffern langten vollig hin,
Die unermebne Reih der Groben zu erreichen:
Doch dieser Kunstgriff selbst mub weichen,
Was grobers noch erfand des Leibnitz scharfer Sinn.
Das ungeheure Heer der Zahlen
Labt durch zwo Ziffern sich, durch Null und Eins schon malen.

Ihr Volker! deren letzten Strand,
Das Japonesermeer durch seine Fluth benetzet,
Die ihr nur euch fur weise schatzet,
Bewundert dieses Manns Verstand!
Ihr, die ihr sonst Europen kaum
Ein Auge zugesteht, die Wahrheit zu erkennen:
Hort auf, euch noch so klug zu nennen,
Und gebt hinfort nicht mehr dem alten Stolze Raum:
Seitdem ein Deutscher euch erklaret,
Was eures Stifters Witz euch rathselhaft gelehret.

Des groben Fohi tiefer Sinn
Vertraute seine Kunst geheimnisvollen Strichen;
Die Kraft davon war euch entwichen,
Und was man vorgab, fiel dahin.
In mancher lockenden Figur
Gebrochner Linien mit ganzen untermenget,
Lag ein verborgner Sinn gedranget,
Und dieb versteckte Werk erreichte Leibnitz nur.
Was China seit vier tausend Jahren
Gesucht und nicht entdeckt, hat es durch ihn erfahren.

Der Preuben erster Friederich,
Der jede Wissenschaft auf seinen Thron erhoben,
Und den noch alle Musen loben,
Weil unter Ihm ihr Kummer wich;
Der weise Held empfand den Trieb,
Der Weisheit in Berlin ein eignes Haus zu grunden.
Hier war ein Leibnitz nur zu finden,
Der dieser neuen Zunft die ersten Regeln schrieb.
Und der Gesellschaft Grund geleget,
Die Deutschland itzt noch ziert und reichlich Fruchte traget.

Wie hoch erhob die Weisheit dich,
Minerva Deiner Zeit, verklarte Caroline!
Du prangst zwar an der Sternenbuhne;
Doch auch Dein Ruhm verewigt sich.
Hat Leibnitz nicht durch Deine Hand
Mit Clarkens tapfern Kiel den edlen Kampf gefuhret,
Davon das Lob nur Dir gebuhret;
Ob Deutsch – und England gleich den Nutz davon empfand?
Wie bey Turnieren alter Zeiten,
Warst Du die Richterinn gelehrter Zwistigkeiten.

Es regte sich der Spotter Wuth
Durch Schlusse voller Trug den Glauben zu bekampfen,
Vernunft und Schrift durch das zu dampfen,
Was beyden Lichtern Eintrag thut.
Man scharft des Pyrrho Waffen auf;
Was Marcion geschwarmt, und Manes ausgesonnen,
Wird noch verschmitzter angesponnen;
Ein neuer Firnib giebt verlegner Waare Lauf.
Man glaubt in Zoroasters Grunden
Mehr Nachdruck, Stark und Kraft als in der Schrift zu finden.

Dieb wirkte Baylens frecher Kiel
Der Glauben und Vernunft mit Zweifeln uberhaufte,
Und sich auf lauter Blendwerk steifte,
Das Bloden sehr ins Auge fiel.
Der wilden Jugend rohe Brust
Ergreift mit voller Lust den Scheingrund, nichts zu glauben;
Labt sich Verstand und Sinne rauben
Und braucht der Zweifler Traum zum Vorwand arger Lust.
Kein Wunder dab dergleichen Schriften,
Mehr Schaden, als Vanin, Spinos und Hobbes stiften.

Wer hat nun dieser Hydra sich
Mit glucklichem Erfolg am starksten widersetzet?
Wer hat sie auf den Tod verletzet,
Dab sie, wie jene Herkuln, wich?
Viel grobe Manner stritten hier,
Die Glauben und Vernunft geschickt und scharf verfochten:
Doch keinem ward der Kranz geflochten;
Der Sieg in diesem Kampf, gebuhrt, o Leibnitz, dir.
Das Buch so man von dir gelesen,
Ist ein Triumph der Schrift und der Vernunft gewesen.

Tragt nicht der Pallas Helm dein Bild,
Die unlangst das Panier von dem beruhmten Orden,
Der Wahrheitliebenden geworden,
Und jedes Glied mit Muth erfullt?
Erkuhnt euch, ruft sie, klug zu seyn!
O mehr als guldnes Wort, das vom Horaz entsprungen,
Doch itzt noch tiefer eingedrungen,
Seit edle Geister sich der Wahrheitliebe weihn;
Seit uns ein grober Graf will treiben,
Mit Eifer nachzusehn, was Wolf und Leibnitz schreiben.

Beglucktes Leipzig! sey erfreut,
Dab deinem Sohne nur dieb grobe Werk gelungen;
Der hier ein starker Heer bezwungen,
Als der des Xerxes Macht zerstreut.
Als Rom und Alba zwistig war,
Erfocht ein tapfrer Held, nach zweener Bruder Leichen,
Der Vaterstadt die Siegeszeichen,
Und Rom gewann dadurch die Oberherrschaft gar.
Durch das, was Leibnitz ausgesonnen,
Hat Glaub und Wahrheit mehr, als vormals Rom gewonnen.

Sey stolz auf deines Burgers Preis!
Beruhmtes Pleibathen, sey stolz auf seine Werke!
Weil seines Kiels bewahrte Starke
Kaum irgend ihres gleichen weis.
Lab dieses Jahr dir heilig seyn,
Das hundertste nach dem, daran du den gebohren,
Den selbst die Vorsicht auserkohren,
Zu ihrer Rechte Schutz, Verstand und Kiel zu weihn.
Sey stolz, und lab in deinen Mauren
Ein Denkmaal deiner Pflicht aus Dank und Ehrfurcht dauren.

Dir fehlts gewib an Marmor nicht,
Wie sonst Athen gethan, die Weisen zu verehren:
Versuchs an dem, von dessen Lehren
Die Wahrheit dir viel Glanz verspricht.
Wie kraftig wird sein Ehrenbild
In deiner Sohne Brust den Weisheittrieb erhitzen!
Wie mancher Kopf wird dir noch nutzen.
Den Leibnitz und sein Ruhm mit Eifer angefullt!
Du selber wirst dadurch auf Erden,
In aller Volker Mund der Weisheit Mutter werden.

Durchlauchtster Churprinz! hat sein Werk
Nicht seit zwey Jahren schon auch Deinen Schutz erlanget?
Seit es mit Deinem Namen pranget,
Ward es der klugsten Augenmerk.
Die Gnad und Huld so ich empfand,
Hat Leibnitz zehnfach mehr, als mein Bemuhn verdienet:
Drum hab ich mir dieb Lob erkuhnet,
O traf ein gleiches Gluck des Dichters Gegenstand?
So wurd einmal die Nachwelt lesen,
Wie hold Prinz Friedrichs Geist der Wissenschaft gewesen.

Die Welt erkennts, erhabnes Paar!
Wie sanft das Musenvolk bey Sachsens Schwertern sitzet;
Wenn Mars gleich auch allhier geblitzet,
Und selbst dem Pindus schrecklich war.
Des Himmels Schild beschirm forthin
Der Wittekinden Stamm nebst den Durchlauchten Zweigen!
Sein Wohlstand wird uns allen eigen;
Ihr unverruckter Flor ist unsers Chors Gewinn.

Wo kann das Wissen schoner bluhen,
Als wo die Fursten selbst sich um sein Wohl bemuhen?

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Das Andenken des vor 100 Jahren in Leipzig gebohrnen Freyherrn Gottfried Wilhelms von Leibnitz - JOHANN CHRISTOPH GOTTSCHED