Das golt im stab Cydiae
Gedicht von Hans Sachs
Im kreuzton Ludwig Marners.
24. juli 1551.
1.
Es schreibt Johannes Stobaeus,
wie das in Kriechenlant
ein reicher man, Archetimus,
gabe zu treuer hant
goldes ein grobe sume
Cydia, seinem wirt;
Als er nun uber etlich zeit
das wider haben wolt,
Cydias doch mit listikeit
verlaugnet im das golt.
Archetimus, der frume,
in fur gericht zitirt.
Cydia wurt von dem gericht
der eide aufgeleget,
das er het dises goldes nicht,
ging heim, sein list sich reget,
und macht im einen holen stab,
tet das gold als darein;
am driten tag kam er hinab
zum tempel Jovis fein
am stab ging hinkent krume,
sam in grob krankheit irt;
2.
Und gab sein stabe in die hant
mit dem verborgen golt
dem Archetimo obgenant,
der im den halten solt;
und er hub auf beid hende,
sprach laut vor iederman:
“Das gold ich wol entpfangen hab
von dir, Archetimo,
das ich dir kurzlich widergab;
darauf schwer ich also
den eid an disem ende,
das ich das golt nicht han.”
Mit disem liste und betrug
vermeint er zu betriegen
menschen und auch die gotter klug,
der warheit obzusiegen,
der geiz in gar verblendet het;
aber der gotter schar
in balt zu schanden machen tet,
macht sein tuck offenbar.
Archetimus ellende
da uberwunden stan.
3.
Als er hort die unbillikeit,
so Cydias furgab,
warf er von im in tempel, weit
von im, den holen stab
gleich vor dem altar nider,
das er brach in zwei stuck,
Das golt fiel heraus auf die ert,
darbei wart der betrug
Cydia offentlich bewert;
zu hant das gericht klug
gab Archetimo wider
sein gold und schalt die tuck.
Cydias stund in grober scham,
verlor zum gut sein ere
nachdem ein boses ende nam.
aus der gschicht ein man lere
und handel treulich und stathaft
mit herzen, mund und hant.
wan got die untreu entlich straft
mit schaden und mit schant.
lab bnugen sich ein ieder,
was got bschert und das gluck.