Das Lied von der verungluckten Kartoffel
Zur Nacht auf ihrem Lager lag
Eine arme, kranke Kartoffel.
Sie hob sich matt empor und sprach,
Sie sprach zu dem armen Stoffel:
“O Stoffel, unglucklicher Mann,
Ich fuhl’s, dab ich sterben werde!
Schon kommt der Tod, der schlimme, heran
Und rafft mich von der Erde.
Zwar frag ich nach mir selber nicht,
Nicht will ich mich bedauern.
Doch wenn ich schaue dein bleich Gesicht,
Da mub ich trauern und trauern.
Dir bluht kein Wein und Weizen nicht,
Hast weder Ochs noch Rinder,
O Stoffel, bist ein armer Wicht,
Du hast nur hungrige Kinder.
Was wird aus deinen Kindern nun,
Die frohlich waren noch gestern,
Wenn ich bald werde im Grabe ruhn
Mit all meinen lieblichen Schwestern?
Sie starben in Ober – und Niederland,
Sie starben mit Weh und Gewinsel,
Sie starben an Englands weibem Strand
Und auf der smaragdenen Insel.
Sie starben, und ach, ich folg ihnen nach!”
So sprach die kranke Kartoffel.
Sie schwieg, und das Herz, das Herz ihr brach –
Aufschluchzte der arme Stoffel
Und weinte die Nacht mit Weib und Kind,
Und der Hunger, der wollte nicht weichen.
Dumpf brauste der kalte Novemberwind
In den prachtigen deutschen Eichen.