An Frau Karolina S. in Zurich
Nur zagend lass’ ich meinen Worten
Vor andern Menschen ihren Lauf;
Dir schlieben sich die letzten Pforten
Von meinem Herzen klingend auf;
Mir ist, dir durf’ ich alles sagen,
Die tiefste Seele wird mir flott;
Wie ich mag in die Saiten schlagen,
Um deine Lippen blitzt kein Spott.
Die Welt will, dab man sie betruge
Durch ein erheuchelt fromm Gefuhl,
Mit Anstand einen Frieden luge,
Wenn’s in der Brust uns dumpf und schwul;
Du horest, seltenste der Frauen,
Den kecken Schwarmer ohne Groll,
Du weibt, man mub ihn selber bauen,
Den Himmel, dran man glauben soll. –
Gleichwie am stillen Abend schmettert
Durch heitre Luft Trompetenklang,
Gleichwie’s um Rosenbusche wettert
Ein bluhendes Gestad’ entlang,
Gleichwie zum Sturme ruft die Glocke,
Indes noch Beter am Altar,
Wie neben eines Kindes Locke
Ein graues, ernstes Greisenhaar, – –
So tont zu meinem stillen Volke
Mein zurnend, freiheitheischend Lied;
Ich bin die schwere, schwarze Wolke,
Der Gott den Donner nur beschied;
Ich bin kein froher, freud’ger Buhle,
Des Wappen Rose und Pokal,
Ich sitz’ als Gast auf Bankos Stuhle
Bei jedem frechen Konigsmahl.
O konnt’ im finstern Rat der Alten
Mein Lied ein zundend Feuer sein!
Doch ach! die Nuchternen, die Kalten
Verlangen abgelegnen Wein.
Im Zorn oft druckt’ ich auf die Flasche
Den Kork – es offnet sich dein Haus,
Auf deinem Herde schlagt die Asche
Zu neuen kuhnen Flammen aus.
Du bist des schwachen Samenkornes
Getreue, stille Pflegerin,
Den ganzen Fruhling meines Zornes –
Ich leg’ ihn dir als Opfer hin.
Wohl waren manche Perlen fertig,
Doch noch der echten Taucherhand,
Noch deiner lieben Hand gewartig;
Nimm sie – und wirf sie in den Sand!