Die Liebe der Feinde
Nie will ich dem zu schaden suchen,
Der mir zu schaden sucht.
Nie will ich meinem Feinde fluchen,
Wenn er aus Hab mir flucht.
Mit Gute will ich ihm begegnen,
Nicht drohen, wenn er droht.
Wenn er mich schilt, will ich ihn segnen;
Dies ist des Herrn Gebot.
Er, der von keiner Sunde wubte,
Vergalt die Schmach mit Huld,
Und litt, so viel er leiden mubte,
Mit Sanftmut und Geduld.
Will ich, sein Junger, widerschelten,
Da er nicht widerschalt?
Mit Liebe nicht den Hab vergelten,
Wie er den Hab vergalt?
Wahr ist’s, Verleumdung dulden mussen,
Ist eine schwere Pflicht.
Doch selig, wenn ein gut Gewissen
Zu unsrer Ehre spricht!
Dies will ich desto mehr bewahren;
So bessert mich mein Feind,
Und lehrt mich, weiser nur verfahren,
Indem er’s bose meint.
Ich will mich vor den Fehlern huten,
Die er von mir ersann;
Und auch die Fehler mir verbieten,
Die er nicht wissen kann.
So will ich mich durch Sanftmut rachen,
An ihm das Gute sehn,
Und dieses Gute von ihm sprechen;
Wie konnt er langer schmahn!
In seinem Hab ihn zu ermuden,
Will ich ihm gern verzeihn,
Und als ein Christ bereit zum Frieden,
Bereit zu Diensten sein.
Und wird er, mich zu untertreten,
Durch Gute mehr erhitzt:
Will ich im stillen fur ihn beten,
Und Gott vertraun; Gott schutzt.