Die Gute Gottes
Wie grob ist des Allmachtgen Gute!
Ist der ein Mensch, den sie nicht ruhrt?
Der mit verhartetem Gemute
Den Dank erstickt, der ihm gebuhrt?
Nein, seine Liebe zu ermessen,
Sei ewig meine grobte Pflicht!
Der Herr hat mein noch nie vergessen;
Vergib, mein Herz, auch seiner nicht.
Wer hat mich wunderbar bereitet?
Der Gott, der meiner nicht bedarf.
Wer hat mit Langmut mich geleitet?
Er, dessen Rat ich oft verwarf.
Wer starkt den Frieden im Gewissen?
Wer gibt dem Geiste neue Kraft?
Wer labt mich so viel Gluck genieben?
Ist’s nicht sein Arm, der alles schafft?
Schau, o mein Geist! in jenes Leben,
Zu welchem du erschaffen bist;
Wo du, mit Herrlichkeit umgeben,
Gott ewig sehn wirst, wie er ist.
Du hast ein Recht zu diesen Freuden;
Durch Gottes Gute sind sie dein.
Sieh, darum mubte Christus leiden,
Damit du konntest selig sein.
Und diesen Gott sollt ich nicht ehren?
Und seine Gute nicht verstehn?
Er sollte rufen; ich nicht horen?
Den Weg, den er mir zeigt, nicht gehn?
Sein Will ist mir ins Herz geschrieben;
Sein Wort bestarkt ihn ewiglich.
Gott soll ich uber alles lieben,
Und meinen Nachsten gleich als mich.
Dies ist mein Dank, dies ist sein Wille.
Ich soll vollkommen sein, wie er.
So lang ich dies Gebot erfulle,
Stell ich sein Bildnis in mir her.
Lebt seine Lieb in meiner Seele:
So treibt sie mich zu jeder Pflicht.
Und ob ich schon aus Schwachheit fehle,
Herrscht doch in mir die Sunde nicht.
O Gott! lab deine Gut und Liebe
Mir immerdar vor Augen sein!
Sie stark in mir die guten Triebe,
Mein ganzes Leben dir zu weihn.
Sie troste mich zur Zeit der Schmerzen;
Sie leite mich zur Zeit des Glucks;
Und sie besieg in meinem Herzen
Die Furcht des letzten Augenblicks.