Auf Seiner Hochreichsgrafl. Excell. Herrn Ernst Christophs
… Cui Pudor et Iustitiæ Soror,
Incorrupta Fides, Nudaque Veritas,
Quando ullum invenient parem?
Horatius.
Du Kind der ewigen Vernunft!
Beherrscherinn der kleinen Zunft
Der Weisen, die dich gottlich ehren;
Erhabne Wahrheit! starke mich,
Mein bloder Mund erkuhnet sich
Dein himmelhohes Lob zu mehren;
Dein Lob, das der erfreuten Welt
Jetzt doppelt stark ins Auge fallt.
Wirf aus dem blaugewolbten Saal,
Vom Thron der Gottheit einen Stral,
In meines Geistes enge Schranken:
Erheitre mir so Witz als Sinn,
Und gieb mir, der ich irdisch bin,
Die Kraft zu himmlischen Gedanken.
Lab Einfall, Sinn und Wort so rein,
Als dein hochst lautres Wesen seyn.
Du kommst; ich seh dein gottlich Bild!
Dein Auge, das gleich Sternen gilt,
Blitzt von dem hellsten Himmelslichte.
Die Sonne stralt auf deiner Brust,
Ihr Glanz macht, nebst des Irrthums Wust,
Der schnoden Thorheit Dunst zunichte:
Der Vorurtheile Dampf zerfleucht,
Wie Nebel, die der Wind verscheucht.
Wer ist das gottergleiche Paar,
Das, dir zur Seiten, eifrig war,
Der Finsternisse Macht zu schwachen?
Wer stund dir so geschafftig bey,
Des Aberglaubens Raserey,
Mit sieggewohnter Hand zu brechen?
Er weicht, wie vor des Tages Pracht
Die sonnenscheue Brut der Nacht.
Die Weisheit ists, das Himmelskind,
Das edle Herzen leicht gewinnt,
Und das nur blode Seelen scheuen.
Die Tugend beut ihr selbst die Hand,
Und hilft der Thorheit Widerstand
Mit Grobmuth und Geduld zerstreuen.
Wer zweifelt, ob die Wahrheit siegt,
Wenn dieses Paar sich zu ihr fugt?
Willkommen auf der Unterwelt!
Wo sich die Einfalt fertig halt,
Der Vorurtheile Joch zu kussen:
Wo stets die Thorheit Sklaven macht,
Wenn Tyranney und finstre Pracht,
Die Heiligthumer schmucken mussen;
Wo nichts, als Herrschsucht, Fluch und Bann
Den niedern Pobel lenken kann.
Getrost! das Reich der Einfalt sinkt,
Die Hand der hohen Vorsicht winkt,
Der Weltkreis sieht schon bebre Zeiten.
Komm, Wahrheit! komm, du findest Schutz!
Komm, komm, zu deiner Feinde Trutz,
Die Palmen weiter auszubreiten.
Es schutzt dich selbst der Groben Hand,
Und was die schutzt, dem folgt das Land.
Wie sonst des Nordens trube Luft,
Gleich einer schwefelreichen Kluft,
Bald weib, bald rothe Stralen quillet;
Wie da ein wallend Licht sich zeigt,
Bald langsam fahrt, bald flatternd steigt,
Und fast den ganzen Himmel fullet;
Doch so, dab dieser Aftertag
Die Schatten nicht vertilgen mag:
So hat, gepriesnes Alterthum!
Auch deiner Weisen hoher Ruhm
Die oft getauschte Welt betrogen.
Ein falscher Glanz, ein blasser Schein
Schien oft ein Morgenroth zu seyn,
Das vor der Wahrheit hergezogen:
Allein dein ungewisses Licht
Versprach sehr viel, und hielt es nicht.
Was Thales und Lykurg erkannt,
Was Anaxagoras erfand,
Was Pythagor und Plato lehrten;
Was Epikur und Zeno sprach,
Was Pyrrho zweifelnd unterbrach,
Und was die Stagiriten mehrten:
Hat unsrer Zeiten Glanz erreicht,
Wie jenes Nordlicht Sonnen gleicht.
Gesegnet sey die neue Zeit!
Da sich die Finsternib zerstreut,
Die den verhullten Weltkreis deckte;
Da Deutschland und der Britten Reich,
Der Franz und Walsche fast zugleich,
Den muntern Kopf zur Arbeit streckte.
So ward nun, nach verstrichner Nacht,
Der Wahrheit Licht hervor gebracht.
In Deutschland hub die Klarheit an;
Copernik war der grobe Mann,
Dem Keplers Fleib bald nachgekommen:
Bis Gerke, Scheiner, Marius,
Und Tschirnhaus, und Hevelius,
Thomas’ und Leibnitz Platz genommen:
Daraus das heitre Licht entspringt,
Das itzt in aller Augen dringt.
O Graf! Den selbst der Allmacht Ruff
In so erwunschten Zeiten schuff,
Ernst Christoph, Zierde deines Standes!
Erhabner Geist, an Witz und Muth,
Du Zweig aus altem Heldenblut,
Der besten Ritter Pommerlandes;
Als deren Preis der Zeiten Macht,
Der Faulnib und des Moders, lacht.
Bewahrt nicht Leipzig noch den Held
Der Lutzens hochberuhmtes Feld
Durch sein so tapfres Blut besprutzet?
Den Vatter, der so muthig starb,
Als Gustavs Arm den Sieg erwarb,
Der unsern Glauben noch beschutzet;
Auf dessen Gruft, vor kurzer Zeit,
Du, Graf, des Helden Ruhm erneut.
Was der durch Faust und Stahl gethan,
Das hubst Du bey den Musen an,
Als ihre Reizung Dich bezwungen.
Durch Witz und Feder hast Du Dich,
Bey Sachsens August Friederich
In kurzem hoch empor geschwungen:
Weil Treue, Staatskunst, Mund und Kiel
Dem weisen Fursten wohl gefiel.
Stolziert nur, Eitle, wie ihr wollt,
Auf grauer Ahnen Ehrensold,
Auf alte Lorbern fremder Starke;
Des deutschen Reiches Grafenstand,
Des weiben Adlers Ritterband,
Sind hier der eignen Tugend Werke:
Mein Graf erhob des Stammes Preis,
Den mancher kaum zu stutzen weis.
Wie Lalius, der Romer, that,
Wenn er, zwar offentlich den Staat,
Doch ins geheim die Musen liebte;
Und wie sein Freund, Karthagens Fall,
Nach uberwundnem Hannibal,
Auch Wissenschaft und Dichtkunst ubte:
Des Rathes Kern, der Poner Trutz
Ward so der Kunste Schild und Schutz:
So, theurer Graf! hat Dein Verstand,
Dein edles Herz, mit weiser Hand,
Zwar ganzer Volker Heil gelenket:
Da weist Dein schones Kummerfrey,
Dein Tusculum, wie wahr es sey,
Dab Du der Weisheit Dich geschenket.
Wo Lustwald, Schlob und alles zeigt,
Sein Herr sey jeder Kunst geneigt.
Dein Lusthaus und den Buchersaal,
Darinn des groben Geistes Wahl
Mehr, als die stolze Menge waltet;
Den grunen Hayn, den mancher Gang,
Von Anmuth reich, von Aussicht lang,
In mehr als vierzig Theile spaltet:
Ja Teich und Garten und Parnab,
Wer lehrt mich, wer beschreibt mir das?
Der Weisen und der Helden Bahn
Erwahnt man billig oben an,
Wo sich so manches Schnitzbild zeiget;
Wo Friedrich Wilhelm und Eugen,
Und Kulicham beysammen stehn,
Vor denen Ost und West sich neiget:
Und was man sonst in Griechenland
Fur sieben weise Manner fand.
Der Dichter Gang zeigt den Homer,
Virgil, Horaz und andre mehr,
Die Deutschland, Franzmann, Britte preisen.
Wer macht die Namen alle kund,
Vor welchen ich wie starrend stund,
Als Pommern mich da durch sah reisen;
Als ich die angenehmste Nacht
In diesem Irrhayn zugebracht.
Jungst griff die Einfalt Manner an,
Die sich bisher hervorgethan,
Und Deutschlands Ruhm so sehr erhoben.
Der Wahrheit Priester ward verdammt.
Die Bosheit nahm ihm Ruh und Amt,
Und horte doch nicht auf zu toben:
Der blinden Gleibnerey Bemuhn
War, auch sie selbst ins Grab zu ziehn.
Hier kommst Du, Retter der Vernunft,
Und stiftest die belobte Zunft,
Der unerschrocknen Wahrheitfreunde.
Der Pallas Helm machts offenbar,
Was ihres Sohnes Absicht war:
Und bald verschwand die Wuth der Feinde!
Minerva ruft, wie Flaccus sprach:
Man strebe kuhn der Weisheit nach!
O edler Ruff! wer fabt nicht Muth,
Der schnoden Einfalt blinde Brut
Mit regem Eifer zu verlassen!
Der Graf geht vor! wer folgt nicht gern?
Er kennt und liebt der Weisheit Kern?
Wer wollte nicht die Thorheit hassen?
Wenn gleich ihr allzufrecher Schritt
Die Wahrheit noch mit Fuben tritt.
Umsonst! sie steht und bleibt wohl stehn,
Und wird nicht eher untergehn,
Bis selbst der Himmel unterlieget.
Die Folgezeit wird dankbar sehn,
Was hier, mein Graf! durch Dich geschehn;
Und wie Du vielen vorgesieget:
Seitdem der Wahrheit helles Licht
Nun taglich mehr die Nebel bricht.
So lange bey der spaten Welt
Die Weisheit Werth und Glanz behalt,
Die Deutschlands Fleib noch hoher treibet;
So lange das, was Leibnitz fand,
Und Wolf aufs grundlichste verband,
Zu vieler Volker Heil bekleibet:
Wird auch Dein Nachruhm ungemein,
Wirst Du, o Graf! unsterblich seyn.