Українська та зарубіжна поезія

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An Se. Hochedelgeb. Herrn Doctor Schon

Theurer Freund! den in den Rechten
Selbst Astraa Lehrer nennt,
Dem die Musen Kranze flechten,
Wenn sein Geist im Dichten brennt;
Lab mich doch nur frey gestehen,
Dab dein Klagen mich geruhrt,
Und mich selbst zu jenen Hohen,
Wo dein Schatz itzt lebt, gefuhrt.

Dein Betruben, Aechzen, Flehen
Scheint mir gar nicht ungerecht;
Freylich ist dir Weh geschehen,
Da der Tod dein Wohl geschwacht.
Mariette ward begraben,
Aller Schonen Schmuck und Preis,
Der dein Herz, an Witz und Gaben
Keine zu vergleichen weis.
So viel Schonheit, so viel Tugend,
So viel Lust zur Wissenschaft,
Ward in gar zu fruher Jugend
Durch den Tod dahin gerafft!
Dieses regt schon mein Erbarmen;
Doch das klingt mir doppelt hart,
Dab sie gar aus deinen Armen,
Werther Freund! gerissen ward.

Sprich, wie war dir bey dem Raube
Deiner schonsten Braut zu Muth?
Thatst du nicht, wie eine Taube
Bey des Gatten Falle thut?
Ja du girrtest, weintest, riefest,
Du verweyster Brautigam!
Dab das Lager, da du schliefest,
Oft von deinen Thranen schwamm.

Du bist von den edlen Seelen,
Die kein schnoder Trieb entzundt,
Aber die, so bald sie wahlen,
Zartlich und bestandig sind.
Deine Brust war schwer zu zwingen,
Aber da sie Fessel trug,
Wollte sie vor Gram zerspringen,
Weil der Tod dieb Band zerschlug.

Doch du hast dieb Leid ertragen,
Als ein Weiser, als ein Christ:
Der auch bey den zartsten Klagen
Standhaft und gelassen ist.
Ja, ich seh dein starkes Wesen
Gleichsam mit Erstaunen an,
Weil es das, was du erlesen,
So gesetzt bedauren kann.

Freund und Gonner! darf ichs wagen,
Und dir, zwar mit Vorbedacht,
Aber im Vertrauen sagen,
Was mich so empfindlich macht?
Blob die Fuhlung eigner Triebe
Hat mich so geschickt gemacht,
Dab ich deiner zarten Liebe
Mehr, als andre, nachgedacht.

Ich hab auch ein Herz gefunden,
Das durch Tugend und Verstand
Meine zarte Brust gebunden,
Wie dich Mariette band.
Pallas ziert sie durch ihr Wissen,
Denn sie spricht und schreibt gelehrt:
Wenn an Hippokrenens Flussen
Phobus selbst sie singen lehrt.

Doch sie lebt in grober Ferne,
Wir sind leider! sehr getrennt:
Wie das Licht der Nebelsterne
Weit von unsern Augen brennt.
Nur ein Blatt voll kluger Zeilen
Stellt mir ihren Geist oft dar,
Seit ein Weg von achtzig Meilen
Grobrer Lust zuwider war.

Sprich nun selbst, wer von uns beyden
Billiger bekummert sey?
Zwar die Trennung und das Scheiden
Ist hier vollig einerley:
Aber deiner Schonen Freude
Macht auch dich allhier vergnugt;
Wenn dir gleich, bey tiefem Leide,
Noch ihr Bild im Sinne liegt.

Mich hingegen nagt der Kummer,
Der die treue Seele qualt,
Wenn ihr oftmals Ruh und Schlummer
Blob um meinetwegen fehlt.
Wenn sie oft, bey spaten Nachten,
An den frohen Tag gedenkt,
Der ihr einst den Kranz wird flechten,
Welchen ihr die Unschuld schenkt.

Aber noch ist nichts zu hoffen,
Seufzt und fleht sie noch so viel!
Steht mir gleich die Rennbahn offen,
Schreckt mich doch das ferne Ziel.
An Bestand wird mirs nicht fehlen,
War es auch noch einst so weit:
Aber meiner Freundinn Qualen
Zwinget mich zur Traurigkeit.

Wurde doch das Grab ihr Bette!
Ruf ich oftmals uberlaut.
Sturbe sie, wie Mariette,
Unsers Schons geliebte Braut!
Wahrlich, ihre Todtenkammer
Wirkte nicht so viel Verdrub,
Als voritzt der lange Jammer,
Den ich ihr erwecken mub.

Hege Mitleid bey den Schmerzen,
Die du glucklich ubermannst,
Wo du bey verletztem Herzen
Fremden Gram empfinden kannst.
Stunde Mariettens Leben
Noch fur Blut zu kaufen dar;
Wollt ich gern das meine geben,
Weil sie deine Liebste war.

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An Se. Hochedelgeb. Herrn Doctor Schon - JOHANN CHRISTOPH GOTTSCHED