Українська та зарубіжна поезія

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An Herrn Hof – und Justizrath Benemannen

Du weinst, betrubter Benemann?
O dorft ich das von dir nicht sagen!
Ja, ja dein Herz ist wund geschlagen
Dab es den Schmerz nicht bergen kann.
Du weinst? o jammervolle Pflicht!
Du herbes Opfer zarter Liebe!
Wir sehn die Macht der Vatertriebe,
Doch ihre ganze Grobe nicht.
Du weinst, und die gerechten Zahren
Kann dir die Weisheit selbst nicht wehren.

Dein Sohn erblabt, dein Sohn fallt hin!
Der hoffnungsvolle muntre Knabe,
Von dessen unverhofftem Grabe
Ich auch entfernt geruhret bin.
O! mub dein einziger Ascan,
Der Spiegel deiner Eigenschaften,
An dem so viele Gaben haften,
So zeitig auf die Todtenbahn?
So ists! Er stirbt, und wirft die Glieder
Zu fruh in kuhlen Moder nieder.

Ich seh allhier, so wie micht dunkt,
Wie deiner Gattinn seltnes Wesen,
An Geist und Korper auserlesen,
Vor Kummer fast in Ohnmacht sinkt.

Ich seh der heitern Stirne Pracht
In finstern Trauerflor verhullet;
Den Blitz, der sonst ihr Auge fullet,
Verloscht der Thranenwolken Nacht:
Ihr angenehmer Mund im Sprechen
Kann sich der Seufzer nicht entbrechen.

Ich hor ihn schon ganz bitterlich,
Mit halbgebrochnen Worten, klagen:
Ach! warum hab ich dich getragen!
Ach liebster Sohn! wie beugst du mich!
Ist denn dieb unverhoffte Leid
Der Lohn der zartsten Mutterliebe?
Ist das die Frucht der edlen Triebe,
Darauf ich mich bey dir gefreut?
Umsonst! die Hoffnung ist verlohren!
Ach! hatt ich lieber nie gebohren.

Du selber, hochgeschatzter Mann!
Du selbst kannst mit gesetztem Herzen
Den harten Schlag nicht gleich verschmerzen,
Wie jeder leicht begreifen kann.
Du sahst die wohlgerathne Frucht
In deines Ehstands Garten bluhen;
Und dein recht vaterlich Bemuhen
Gieng blob auf eine weise Zucht:
Wozu so wenig Vater Gaben,
Verstand, Geduld und Eifer haben.

Wie wubtest du das zarte Reis
Mit kluglichsanfter Hand zu beugen,
Die oftmals auch den wilden Zweigen
Den rechten Wuchs zu geben weis.
Wie hemmtest du den eitlen Trieb,
Der auch die besten Seelen reget;
Doch, da er leicht zu wurzeln pfleget,
In deinem Sohne kraftlos blieb:
Wie Gartner sonst mit scharfen Blicken
Das Unkraut schon im Keim ersticken.

Jedoch es keimte hier nicht viel;
Sein Geist war edel und erhaben,
Und jede Neigung dieses Knaben
Umschrankte kein gemeines Ziel.
Die Hand der bildenden Natur
Verschwendet selten die Geschenke;
Jedoch, wenn ich zurucke denke,
Was man von deinem Sohn erfuhr:
So konnt ein jeder leicht ermessen,
Sie hatt ihr Sparsamseyn vergessen.

Wie schleunig wuchs in seiner Brust
Der angebohrne Zug zum Wissen?
Was andre muhsam lernen mussen
Begriff sein muntrer Witz zur Lust.
Das unvergangliche Latein,
Darinn es ihm so bald gelungen,
Die Anmuth der Pariserzungen,
Schien ihm naturlich leicht zu seyn:
Ja, was vermocht er in Geschichten
Nicht gleichsam spielend auszurichten?

Wo bleibt sein offnes Angesicht,
Mit den bescheidenfreyen Minen;
Daraus der edle Geist erschienen,
Von dem die Stirn, als Herold, spricht?
Wo bleibt der hellen Augen Paar,
Die Rosenbluthe voller Wangen,
Daran ein ungekunstelt Prangen
Der schonen Mutter Abrib war?
Das alles ist in wenig Stunden
Geschwacht, verwelket und verschwunden.

Gebeugter Vater! fasse dich,
Und denk an deiner Grobmuth Starke:
Erwage deines Geistes Werke;
Was gilts, er selber fasset sich!
Du kennst ja langst den Lauf der Welt,
Natur und Ordnung aller Dinge:
Was ist so grob, was so geringe,
Das nicht zuletzt vergeht und fallt?
Hier ist dirs leicht, auf unsre Sachen,
Und auf dich selbst den Schlub zu machen.

Erhebe Sinnen und Gemuth,
Bis in des Himmels blaue Ferne;
Wo, wie du weist, in jedem Sterne,
Ein ganzer Sonnenkorper gluht.
Dreht jeder nicht um seine Glut
Ein Heer von Welten in die Runde?
Belebt sie nicht zu jeder Stunde
Der warmen Stralen Silberfluth?
Und gleichwohl hat man wahrgenommen,
Dab mancher Lichtquell schon verglommen.

Des Pobels Schrecken, ein Komet,
Mit seinem ungeheuren Schwanze,
Was ist er, in dem truben Glanze?
Ein Erdball, der zu Grunde geht!
O! gehn hier ganze Welten ein,
Wenn Frost und Hitze sie verheeret;
Und werden Sonnen auch verzehret:
Wie kann ihr Burger ewig seyn?
Wie kann der Mensch, der Wurm auf Erden,
Dem Untergang entrissen werden?

Betrachte ferner See und Land,
Und merke die verruckten Granzen:
Itzt sieht man da die Schuppen glanzen,
Wo sonst ein fester Atlas stand.
Der Abgrund reibt oft Inseln auf,
Und speyet Felsen aus dem Rachen,
Die Stadt und Dorfer ode machen:
Wie andert sich der Strome Lauf?
Auch Cedern sinken, samt den Eichen,
Von wiederholten Donnerstreichen.

Was hat des Menschen Witz erdacht,
Durch Kunst und Ehrgeiz ausgefuhret,
So stark erbaut, so schon gezieret,
Dem nicht die Zeit den Garaus macht?
Auch Babels Mauren sind schon Staub;
Aegyptens eingesturzte Seulen
Sind die Behausung wilder Eulen;
Rom selber ward der Barbarn Raub.
Sein Rest ist kaum in hohlen Grunden,
Mit Schutt und Graus verscharrt zu finden.

Wo ist der Auswurf der Natur,
Der Weltbezwinger tolle Menge,
Die triumphirend im Gedrange
Auf tausend warmen Leichen fuhr?
Wo sind die Geibeln aller Welt,
Des menschlichen Geschlechtes Plage,
Die Misgeburten ihrer Tage;
Die darinn blob ihr Lob gestellt,
Als unersattliche Tyrannen,
Den Erdkreis in ihr Joch zu spannen?

Wo sind die Fursten bebrer Art,
Die ihrer Volker Vater waren,
Und oft die Kopfe ganzer Schaaren
Durch ihr selbst eignes Blut gespart?
Wo sind die Helden alter Zeit,
Die fur der Menschen Wohl gekampfet,
Der Ungeheuer Wuth gedampfet,
Und Friedenstempel eingeweiht;
An Feinden Sanftmuth ausgeubet,
Und ihre Burger nie betrubet?

Ach dorft ich diese letzten doch
Nicht, jenen gleich, zum Beyspiel geben:
So wurd auch Friedrich August leben,
So lebte Pohlens Vater noch!
Erwag es, theurer Benemann!
Auch dieser Held hat sterben mussen,
Auch der ward uns zu fruh entrissen,
Wie Sachsens Wehmuth zeigen kann:
Sprich selber, sind wohl tausend Leichen
Mit diesem Haupte zu vergleichen?

Ich weis, du leugnest solches nicht.
Wohlan! so widme deine Thranen
Des Landes allgemeinem Sehnen,
Und eines treuen Dieners Pflicht.
Wenn Rom den Marius verehrt,
Der, da des Sohnes Asche lodert.
Weil ihn die Pflicht aufs Rathhaus fodert,
Sich nicht in seinen Aemtern stort;
Und gleichsam das gemeine Wesen
Sogleich an Sohnes statt erlesen:

So sieh einmal, was deine Kraft,
In Dampfung gleicher Trauerkerzen
Und Ueberwaltigung der Schmerzen,
Fur Beystand giebt, fur Vortheil schafft!
Ganz Sachsen braucht ja deinen Geist;
Wann in Astraens hohem Rathe
Dein Mund, nebst andern, unserm Staate
Die Mittel sichrer Wohlfahrt weist.
Soll hier das Vaterland den Leichen,
Und deine Pflicht den Thranen weichen?

Bekummerts dich vielleicht dabey,
Dab einst dein Namen sich verlieret;
Und dab der Ruhm, der ihn gezieret,
Auf keinem Erben ewig sey?
Ach! denke doch, was hilft es viel,
Dab einst die Welt die Sylben nennet,
Daran man lebend uns gekennet?
Was ist ihr Lob? Ein Gaukelspiel!
Was fuhlen wir von dem Vergnugen
Wenn wir dereinst im Staube liegen?

Dein Sohn war edel! Doch wer weis,
Vielleicht war ihm sein Sohn misrathen?
Oft schwachen schnoder Enkel Thaten,
Der Ahnherrn wohlerworbnen Preis.
Die Welt ist unser, weil wir sind!
Genug, dab dieser Punkt der Erde
Nach uns auch andre tragen werde;
Gesetzt, dab unser Lob verschwindt.
Wir selber habens ja vergessen,
Wer diesen Platz vor uns besessen.

Und was? Dein wurdigstes Gemahl
Ist dir viel mehr, als hundert Kinder;
Die macht dir allen Gram gelinder,
Durch Eigenschaften ohne Zahl.
Lebt diese nur, so fehlt es Dir,
Auch bey noch groberm Schmerz und Leiden,
Doch niemals an wahrhaften Freuden,
Denn die empfindest du bey ihr:
Nur mubt du selber ihr darneben
Ein Beyspiel wahrer Grobmuth geben.

Der Fruhling fangt mit lauer Hand
Die kahlen Fluren an zu schmucken.
Und Phobus lacht mit holden Blicken
Auf Florens buntes Brautgewand.
Darum begieb dich auf dein Feld,
Daselbst, nach Art geubter Weisen,
Den Schopfer der Natur zu preisen,
Den jedes Gras vor Augen stellt:
Da wirst du leicht, aus tausend Werken,
Die Weisheit seines Raths vermerken.

Alsdann ergreif dein Seytenspiel,
Das dir die Musen selbst gestimmet;
Und wenn dein Herz in Andacht glimmet:
So nimm dir Gottes Lob zum Ziel.
Entwirf uns, wie du kannst und pflegst,
Die wahre Hoheit weiser Geister,
Und zeige, dab du, als ein Meister,
Die Falle dieses Lebens tragst.
So wirst du dich, bey deinen Thranen,
Nicht mehr nach meinen Liedern sehnen.

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An Herrn Hof – und Justizrath Benemannen - JOHANN CHRISTOPH GOTTSCHED