3. Ode
1. Strophe.
Hilf Gott! was walzen sich von weiten
Fur schreckliche, fur wilde Zeiten
Aus der umwolkten Nacht der truben Zukunft her?
Von was fur grauser Wellen Wogen
Wird Sachsens Horizont bezogen?
Es braust nach Norden zu, wie ein besturmtes Meer.
Der Tag wird schwarz, wie Mitternacht;
Der Himmel blitzt, die Wolke kracht:
Und nun schiebt Stral auf Stral, auf Hutten und Palaste.
Der Berge tiefer Grund erbebt;
Es zittert alles, was nur lebt:
Ihr Sachsen! rettet euch! denn Fliehn ist hier das Beste.
1. Antistrophe.
Hier tobet Mars; doch von Bellonen
Erwartet gleichfalls kein Verschonen,
Die gegen Suden herrscht, und hinter Bergen sitzt.
Zwey Wetter treffen hier zusammen;
Sie drohen beyde Sturm und Flammen,
Sie brechen wutend los, und Meiben wird durchblitzt.
Es donnern Nord und Sud zugleich:
August begiebt sich in sein Reich,
Um dort, als wie im Port, den Sturmen zu entgehen.
Nur Friedrich und Antonia
Verbleiben, uns zum Troste, da,
Bereit, Gefahr und Noth mit uns zu uberstehen.
1. Epistrophe.
Theureste Beyde! welch zartlich Erbarmen
Regt sich in Eurer mitleidigen Brust!
Furstliche Regungen bringen uns Armen
Mitten im Jammer die trostliche Lust.
Gluhende Kugeln, Karcassen und Balle,
Schwerer als Zentner, zerschmettern die Walle;
Zunden so Schlosser, als Wohnungen an:
Tempel und Thurme, nebst niedrigen Hutten,
Sieht man durch Kohlen und Asche verschutten,
Weil man die Gluthen nicht bandigen kann,
Theurung und Kummer zerstreuen die Burger,
Vor den Bedruckungen wuthender Wurger.
2. Strophe.
Weh uns! Entfernt euch, Theure Beyde!
Verdoppelt nicht in unserm Leide,
Des Schicksals, das uns trifft, unendliche Gefahr.
Wie mancher Ort wird noch besturmet!
Seht? wie sich schon das Wetter thurmet,
Und schwarzer wiederkehrt, als es von Anfang war.
Welch ein unnennbarer Verlust
War es, fur treuer Sachsen Brust:
Wenn unser Haupt – – – o: flieht, in weit entlegne Lande!
So seufzet Sachsens bange Flur,
Und bey der Angst, so uns durchfuhr,
Empfangt das grobe Prag dieb Paar zum Unterpfande.
2. Antistrophe.
Besorgt, geschehn! Der Sturm erwachet.
Die aufgestiegne Wolke krachet;
Und schlagt mit neuer Wuth in Dresdens Gassen ein.
Gottlob! der Churprinz ist gedecket:
Das Ungewitter, so uns schrecket,
Wird Ihm und seinem Stamm nicht mehr verderblich seyn.
Die halbe Stadt zerfallt in Graus,
Wohl uns, dab unser Furstenhaus
Am Muld und Iserstrom in stolzer Ruhe wohnet.
Wohl uns! dab Sachsens Augenlust,
Der dritte Friederich August,
Nebst seinem Aelternpaar in sichern Mauren thronet.
2. Epistrophe.
Himmlische Vorsicht, erhalte das Leben,
Derer, die du uns zu Herrschern bestimmt:
Sollen wir langer im Ungemach schweben;
Wenn nur der Churprinz kein Theil daran nimmt.
Horen wir Ihn und die zartlichen Seinen
Nicht auch in Bayern, das Ungluck beweinen,
Welches das achzende Sachsen bedruckt?
Fuhr Ihn, o Himmel! auf sicheren Wegen;
Fuhr Ihn zuruck, und dem Frieden entgegen;
Welcher uns nach dem Zerstoren erquickt.
Lab Ihn, in langen, begluckteren Jahren,
Lauter geseegneten Ruhstand erfahren.
3. Strophe.
Er kommt und kann sein Erbland langer
Nicht leiden sehn! O! wie viel banger
Wirds ihm um Brust und Herz, wenn ers von ferne schaut.
Er kommt! durch was fur Ehrenbogen
Von Herzen, kommt Er eingezogen;
Die treuer Volker Gunst mit tausend Freuden baut.
Sein grobes Herz ist Kronen werth:
Bey allem, was uns wiederfahrt,
Geubt seine Sorgfalt Oel in die geschlagnen Wunden.
August, der dieb bemerket hat,
Stellt Ihn erfreut an seine Statt,
Zum Troste seines Volks, das so viel Noth empfunden.
3. Antistrophe.
In kurzem hebt durch sein Bemuhen,
Des Friedens Oelzweig an zu bluhen.
Der wilde Mars wird selbst des langen Wuthens satt.
Prinz Friedrich beut vergnugt die Hande,
Und ruft der langen Trubsal Ende
So kraftig wieder her, bis Ers errungen hat.
Komm, komm, Irene! lab uns nun
Nach so viel Unruh, wieder ruhn,
Und unser gutig Haupt, den Konig wieder sehen.
Mit Ihm kommt unser Heil zuruck:
Sein gnadenvoller Vaterblick
Ist niemals ohne Frucht auf Land und Volk geschehen.
3. Epistrophe.
Aber wie kurz sind die menschlichen Freuden!
Seit wir Ihn wieder in Sachsen gesehn!
Wenige Monden bereiten ein Leiden,
Herber, als irgend im Kriege geschehn.
Plotzlich wird Vater Augustus zur Leichen:
Alles, was um Ihn steht, scheint zu erbleichen;
Kinder und Hofstatt, die Stande, das Heer!
Doch die Betaubung verliert sich bey allen:
Friederich Christian, hort man erschallen;
Ist unser Churfurst! Was wunschen wir mehr?
Alles, was Sachsen im Vater verlohren,
Wird uns im Sohne von neuem gebohren.
4. Strophe.
Nun zeigen sich im hellsten Lichte,
Der weisen Einsicht reife Fruchte,
Die uns Prinz Friedrichs Geist, vor langer Zeit versprach.
Was die Verderbnib schlechter Jahre,
Und, mit dem Krieg’ in einem Paare,
Die Bosheit aufgebaut, das neigte sich und brach.
Er sieht es ein, und sein Entschlub
Setzt alles auf den besten Fub,
Und Hof und Stadt und Land gewinnen neues Leben.
Der Stande lange Gegenwart,
Der jede Last erleichtert ward,
Kann seiner Mabigung das schonste Zeugnib geben.
4. Antistrophe.
So lachelnd waren hier die Blicke
Der besten Hoffnung zu dem Glucke,
Das uns in Friedrichs Huld die Vorsicht selbst verhieb.
Doch ach! ihr reizerfullten Stunden!
Wie plotzlich seyd ihr auch verschwunden!
Wie fluchtig war das Gut, das uns der Himmel wies!
Verborgner Krankheit schleichend Gift,
Das sonst nur zarte Jugend trifft,
Hat hier ein mannlich Blut, unheilbar angestecket.
Es wuthet stark, nimmt uberhand;
Kaum wird es Hof und Stadt bekannt:
So liegt das Theure Haupt entseelt dahin gestrecket.
4. Epistrophe.
Schrecklicher Zufall, betaubende Schmerzen!
Welche der Himmel uns eingeschenkt hat.
Wie viel erstaunten hier zartliche Herzen,
Theurer Geschwister, des Hofes, der Stadt!
Und wer erkuhnt sich mit wurdigen Bildern,
Den unaussprechlichen Jammer zu schildern,
Der die Gemahlinn in Ohnmacht versenkt?
Wehmuth und Kummer besturmen die Krafte,
Reiben Sie von dem erhabnen Geschaffte,
Wozu die Staatskunst ihr Herze gelenkt.
Tausend Geruchte vom Tode des Prinzen,
Stromen voll Schreckens durch Sachsens Provinzen!
5. Strophe.
Verhangnib! welch ein strenges Fugen
Raubt uns so plotzlich das Vergnugen,
Das wir so lang gehofft, das uns so kurz erfreut?
Ach! hatten wir in so viel Jahren
Nicht Ungemachs genug erfahren?
Hatt’ uns die bittre Noth nichts sanfters prophezeiht?
Vertrauten wir zu stark auf Ihn,
Der uns zu retten fahig schien?
Und nicht auf deinen Arm, Erhalter unsers Lebens!
Drum reibest du den Rohrstab hin,
Und uberzeugst den bloden Sinn:
Ohn deinen Beystand sey auch Furstenmacht vergebens.
5. Antistrophe.
Beschirme, nach so fruhem Sterben
Des Vaters, den noch zarten Erben,
Den Folger in der Chur, Prinz Friederich August!
Er sey des Rautenstammes Ehre!
Des Vaters Ruhm dien’ Ihm zur Lehre:
So wird er gleich wie der, dereinst der Volker Lust.
Antonia sey in der That,
Was dort dem jungen Theodat,
Amalasuntha war, an Staatskunst, Geist und Tugend,
Wie Prinz Xaver, der kluge Held,
Der itzt des Landes Wohl bestellt,
An Muth und Tapferkeit, das Vorbild Seiner Jugend!
5. Epistrophe.
Burger, in jenen umstirneten Kreisen!
Theuerster Churfurst! sey ewig verklart!
Nennt die Geschichte Dich kunftig den Weisen,
Bist Du es wahrlich vor tausenden werth.
Lab mich mein Dichten, Dich preisend vollenden;
Mich, dem die Stunden mit bebenden Handen,
Taglich die Scheitel mit Flocken bestreun.
Hab ich Dich funfzigmal lebend erhoben,
Soll Dich, erblabt auch, dieb Schwanenlied loben;
Welches Dir Wehmuth und Dankbarkeit weihn.
Selber die spateste Nachwelt soll lesen,
Dab du ein Muster der Prinzen gewesen.