Lieder eines Sunders. 53. Offenbarung
Zur Nacht, zur Nacht an den Wassern ich ging –
Die Nacht lag schwarz, zerlastend, schwьl. . .
Und meiner Seele Angstgefьhl
Mit zuckendem Finger die EngniЯ umfing. . .
Von den Wassern herauf erklang es, erscholl,
Als orgelte drunten ein Sturmchoral,
Und doch war die Welt des Schweigens so voll –
Nur in mir schrie die Qual. . .
Die Nacht zerdrьckte mich und zerschmolz
Mit brьnstigem Atem, was einst empor
In mдrzigen Trдumen sich reckte so stolz –
Draus aber kroch Angst nur und Furcht hervor. . .
Nur Furcht vor dem hellen, dem harten Licht,
Das Alles in zwingende Nдhe schiebt,
Dran meiner Seele harmonisch Gedicht
In tausend Fetzen und Splitter zerstiebt. . .
Der Wind strich feucht und die Flut lief sacht –
Mich deckte der Nacht blauschwarzer Schild –
Da hat es sich mir in Gnaden enthьllt
Und satte Genesung mir eingebracht. . .
Wohl trцstet die Nacht und zдrtlich giebt
Sie der Einsamkeit Brust dem Verirrten hin –
Sie hat die Verlassenen immer geliebt
Und den wundenzerfolterten Duldersinn.
Sie dдmpft das Weh und blendet den Blick
Vor des Tages zerkrьmelter Vielheitswelt –
Doch wenn sich der Himmel im Osten erhellt,
Bescheert sie sterbend das reichste Glьck. . .
Wie der Tag allmдhlich zur Erde kehrt
Und langsam wдchst zu hellerem Schein:
So reife mein Herz, von Neuem bewehrt,
Gemach in seine Bezirke hinein. . .
Zur Nacht, zur Nacht mein Auge hing
An der schwarzen Flut – die Nacht lag schwьl –
Doch meiner Seele Kraftgefьhl
Frohlockend dem Frьhrot entgegenging.