Lieder eines Sunders. 38. Kaum dunkelts
Kaum dunkelts – und die nackte Schande wьrmt
Goldhungrig wieder durch die Gassen. . .
In mir war’s still. als hдtt’ es ausgestьrmt –
Als hдtt’ ich allen Zwiestreit eingethьrmt –
Nun wдhn’ ich wieder mich so gottverlassen. . .
In’s Abendrot, das kaum die Nacht verschlang,
Hatt’ ich ein Mдrchen kьhn von Gott getrдumt. . .
Und der Begeistrung Flammenьberschwang,
Des heil’gen Geistes heiЯer Gipfeldrang,
Hatt’ himmelцffnend mir die Welt verschдumt. . .
Auf stillen Pfaden, wo vom lauten Markt
Nur selten ein verirrtes Klingen tцnt,
War ich in Gott gewachsen und erstarkt,
Hatt’ alle Unrast tapfer eingesargt,
Und in mir war der Geist, der da versцhnt! . .
Nun schweif’ ich wieder durch das Stadtgewьhl. .
Kaum dunkelts, und der Frьhlingshimmel hat
Noch keine Sterne. . . Und mein Kraftgefьhl
Zerschellt an dieser Thoren seichtem Spiel –
Die Schwingen meiner Seele sinken matt. . .
Das alte Lied! . . Auf allen Lippen liegt
Nach Gold, nach rotem Gold der wilde Ruf. .
Die Sьnde hat jedwedes Herz besiegt,
Und wie ein Schrei durch alle Lьfte fliegt:
Wir sind die Frucht, die Kains Same schuf! . . .
Mit frechem Blick lдdt sich die Schande ein,
Im Winkel hockt das Elend, ein Fragment. .
Und drьber nun ein heller Sternenschein – –
Ich treibe brьtend durch der Menschen Reih’n. . .