Українська та зарубіжна поезія

Вірші на українській мові






Trutz, blanke Hans

Heut bin ich uber Rungholt gefahren,
die Stadt ging unter vor funfhundert Jahren.
Noch schlagen die Wellen da wild und emport,
wie damals, als sie die Marschen zerstort.
Die Maschine des Dampfers zitterte, stohnte,
aus den Wassern rief es unheimlich und hohnte:
Trutz, blanke Hans.

Von der Nordsee, der Mordsee, vom Festland geschieden,
liegen die friesischen Inseln im Frieden.
Und Zeugen weltenvernichtender Wut,
taucht Hallig auf Hallig aus fliehender Flut.
Die Mowe zankt schon auf wachsenden Watten,
der Seehund sonnt sich auf sandigen Platten.
Trutz, blanke Hans.

Im Ozean, mitten, schlaft bis zur Stunde
ein Ungeheuer, tief auf dem Grunde.
Sein Haupt ruht dicht vor Englands Strand,
die Schwanzflosse spielt bei Brasiliens Sand.
Es zieht, sechs Stunden, den Atem nach innen,
und treibt ihn, sechs Stunden, wieder von hinnen.
Trutz, blanke Hans.

Doch einmal in jedem Jahrhundert entlassen
die Kiemen gewaltige Wassermassen.
Dann holt das Untier tiefer Atem ein
und peitscht die Wellen und schlaft wieder ein.
Viel tausend Menschen im Nordland ertrinken,
viel reiche Lander und Stadte versinken.
Trutz, blanke Hans.

Rungholt ist reich und wird immer reicher,
kein Korn mehr fabt selbst der grobte Speicher.
Wie zur Blutezeit im alten Rom
staut hier taglich der Menschenstrom.
Die Sanften tragen Syrer und Mohren,
mit Goldblech und Flitter in Nasen und Ohren.
Trutz, blanke Hans.

Auf allen Markten, auf allen Gassen
larmende Leute, betrunkene Massen.
Sie ziehn am Abend hinaus auf den Deich:
“Wir trutzen dir, blanker Hans, Nordseeteich!”
Und wie sie drohend die Fauste ballen,
zieht leis aus dem Schlamm der Krake die Krallen.
Trutz, blanke Hans.

Die Wasser ebben, die Vogel ruhen,
der liebe Gott geht auf leisesten Schuhen.
Der Mond zieht am Himmel gelassen die Bahn,
belachelt der protzigen Rungholter Wahn.
Von Brasilien glanzt bis zu Norwegs Riffen
das Meer wie schlafender Stahl, der geschliffen.
Trutz, blanke Hans.

Und uberall Friede, im Meer, in den Landen.
Plotzlich wie Ruf eines Raubtiers in Banden:
Das Scheusal walzte sich, atmete tief
und schlob die Augen wieder und schlief.
Und rauschende, schwarze, langmahnige Wogen
kommen wie rasende Rosse geflogen.
Trutz, blanke Hans.

Ein einziger Schrei – die Stadt ist versunken,
und Hunderttausende sind ertrunken.
Wo gestern noch Larm und lustiger Tisch,
schwamm andern Tags der stumme Fisch.
Heut bin ich uber Rungholt gefahren,
die Stadt ging unter vor funfhundert Jahren.
Trutz, blanke Hans?

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Trutz, blanke Hans - DETLEF VON LILIENCRON