An Vaters Sterbebett
Ich sab an meines Vaters Sterbebett
und sah sein stilles bleiches Angesicht.
Im Zimmer dunkelte die Mitternacht.
Ein schwacher Schimmer kam vom kleinen Licht.
Den Blick nach oben und die Lider zu,
so rochelte, der da im Bette lag,
und bleich und grob und hehr schien das Gesicht,
und einsam, totenstumm war das Gemach.
Und ich – ich grub im Ratselgrund:
“Wer ist es, der hier stohnt? – Was schwindet hin?
Wer ist, der um den letzten Atem ringt?”
Und rang, umnachtet von dem Ratselsinn,
Und Tausend – Ungezahlte sah’n mich an
aus fremden Zugen, die ich Vater nannte,
ein ewiger Zug war’s, der gestorben war,
ewig der eine doch, der herzverwandte.
Der Vater und des Vaters Vater war’s,
der noch im Bilde blickte von der Wand.
Und jeder hatte einmal so erschaudernd
gegriffen nach des Vaters Sterbehand;
und einmal auch im Leben hatte jeder
die Hand nach seines Sohnes Liebe ausgestreckt;
und alle stummen Trauertranen hatten
den finstern Gast, den Tod nicht fortgeschreckt.
Du warst es ewig, du, der Ich sich nannte,
und der doch immer nur der eine ist,
der ewig ruhelos in die Ewigkeit verbannte,
und den der Todmann sanft zur Ruhe kubt,
damit er fort und fort im Staube schreite,
am Ratsel lose und am Schauen webe.
Damit er allen Erdentiefen Sinn,
damit er tiefsten Gottesgrund erlebe -.
Ich bin es, der hier stohnt und der hier sinnt,
ich reiche selbst im Leid mir Liebe zu,
ich schlob die Augen langst, – immer weiter
fuhrt mich mein Ratsel weg aus ew’ger Ruh’.