An die neue Schule
Tadelt ihr mich, dab ich noch die homerischen Gotter beschwore?
Dab ich zu griechischer Form fluchtete, tadelt ihr mich?
Leider gelang mir’s nie, euch selbst zu verstehn und das Eure,
Nicht den andachtigen Sinn, nicht das Geklingel des Schalls.
Moge der Pobel sich freun an der Trommel der Janitscharen;
Aber ein feineres Ohr huldige feinerem Klang!
Labt das Volk sich erbaun am anachoretischen Wahnsinn,
Wollt ihr Marchen, so zieht frommigen sinnige vor!
Deutsche ruhmt ihr zu sein und verachtet die fremden Gebilde;
Doch wer anders als ihr habt uns die Sprache verletzt?
Fuhltet ihr nicht, dab sie stets tonlos im spanischen Halbreim,
Matt im geschraubten Sonett, leer in den Glossen an Geist?
Atmen melodisch die sudlichen Tone verstromenden Wohllaut,
Gleichen die unsrigen doch wirbelnden Wassern im Sturz.
Aber ihr nahmt den Gesangen das Mab, und der Rede die Klarheit,
Aber der herrische Keim flustert Gedanken euch zu.
Christlich verschmaht ihr und stolz die erhabene Schar des Olympus,
Reibt die Kamone hinweg von dem kastalischen Quell.
Fort mit verjahrtem Betruge! so ruft ihr, und gebt zum Ersatz uns
Gutig den monchischen Wust frommer Erfindungen preis,
Wechselt die Ilias gern um den Folioschatz der Legende,
Und die Reliquie nimmt, statt der Antike, Besitz.
Doch ihr entthront die Unsterblichen nicht; und sie werden noch heute
Zum unerschopflichen Ruhm bildender Hande verehrt.
Ewig besteht, was ein gluckliches Volk in der Blute der Zeit schuf,
Aber der finstere Wahn trauriger Tage vergeht.
Recht hat jegliche Zeit; zwar gonnen wir jeglicher Ehre,
Doch was dem Ahne geziemt, ziemet dem Enkel nicht mehr.
Kaum noch erwachte die Welt aus dumpfer Jahrhunderte Schlummer,
Lockt ihr sie wieder zuruck, wieder zur Hohle des Schlafs.
Ehrfurcht wehrt es der Kunst, zu beruhren das ewige Ratsel,
Und sie erwahlte dafur lieblicher Bilder Gewand:
Doch ihr, Frommelnde, seid’s, die den unaussprechlichen Weltgeist,
Ihn, den unendlichen Gott, nieder zum Jupiter ziehn.