Einschlafen
Der Tag ist aus, und nun – wie himmlisch wohl wird’s tun,
Vergessend seine Muh’n in sanftem Schlaf zu ruhn.
– Es war ein harter Tag. Voruber und vorbei!
Gott gebe, dab, der kommt, ein minder harter sei;
Wenn nicht – nun denn, nun denn! – zu leiden und zu streben,
Ob mit, ob ohne Lohn, das nennen wir ja leben.
Die oft ersehnte Stund’, sie bleibt nicht aus am Ende,
Da man zu ew’ger Rast darf kreuzen seine Hande.
Erlosungbringer Tod! wer hat nicht dein gedacht,
Als er sich hingestreckt zum Schlaf in stiller Nacht?
Der Schlaf ist kurzer Tod, wir konnen Probe halten
Vom dunkeln Schicksalsstuck, darin als Held zu walten
Jedwedem einst bestimmt. – War’s jedem auch beschieden,
Mit sich und mit der Welt dahinzugehn in Frieden.
In sel’gem Frieden… Ach, braucht’ ich zu wunschen nur,
Die Menschen hatten ihn, ihn hatte die Natur,
Kein Wesen fuhlte Qual, selbst nicht der kleinste Wurm,
Ich schafft’ auch Ruh dem Meer, der Wolke und dem Sturm…
Ein sonderbares Wort hab’ ich dereinst vernommen
Und konnt daruber nie zu voller Klarheit kommen.
– Nirwana war das Wort. Das heibt… o Mudigkeit! –
Nicht denken jetzt, nicht mehr – es ist ja Schlafenszeit,
Willkommen, holde Zeit; sei gnadig mir, entrucke
Mich allem Leid.
Ich wollt’, ich fand’ einmal die Brucke,
Die aus dem wachen uns, dem vollbewubten Sein
Ins halbbewubte Reich des Traumes fuhrt hinein.
Ein zarter Wunderbau, ein ratselhafter Steg,
Nur das geschloss’ne Aug’ entdeckt zu ihm den Weg. – – –
Ei horch, wie’s summt und klingt: – die Spieluhr regt sich wieder
Und bringt ihr Liedchen vor vom muntren Seifensieder…
Der es so gerne hort, mein ferner Liebling, du,
Wann endlich kehrst du heim? wann jauchzt dein Grub mir zu? …
Viel Zeit mub noch vergehn, und Sommer mub es sein,
Und linde Luft mub wehn durch unsern Fichtenhain…
Da steht er ja, er selbst – umhaucht von Harzesduft,
Die Wipfel ragen schlank und schimmernd in die Luft. –
Ich seh’ die Wiesen rings im Fruhlingsglanz sich breiten
Und durch das junge Grun ein junges Kindlein schreiten.
So komm! – wo bist du nun? … gar nirgends zu entdecken –
Beim ersten Wiedersehn spielt schon das Kind Verstecken – –
Mit ihm verschwand der Tag; schneeweibe Nebel wallen,
Die qualmend sich zerstreun, die sich zusammen ballen –
Und jetzt – o Seligkeit – o Himmelsblumen: Sterne!
Erhebt sichs wie Gesang so mild und rein –
Ich schlafe nicht, noch lange nicht – o nein –