Reicher Zins
Das Zugenglockchen tont durchs Tal,
Herr Kurt liegt in des Sterbens Qual;
Er ringt die magern Hande
Und stohnet in der letzten Not:
“Nimmt denn, du lieber Herre Gott,
Das Ding nicht bald ein Ende?!”
Der Schweib ihm von der Stirne trauft,
Ein Schauer um den andern lauft
Ihm frostelnd uber ‘n Rucken,
Es stehet das Gesinde bang;
Wie zogert doch der Tod so lang,
Als schlich er h’ran auf Krucken.
Er schrecket an des Todes Schwell’
Zurucke wohl des Herren Seel’
Und find’t sich unberaten;
Es hauste wild der Graf im Land,
Und Streit und Raub und Mord und Brand
Das waren seine Thaten.
Er zeigt wohl Angst, doch keine Reu’:
Es drangen sich die Diener scheu
Nach des Gemaches Ecken,
Den Lippen kein Gebet entflieht,
Und nur ein einzig Dirnlein kniet
Am Bettfub, bleich vor Schrecken.
Sie war die Tochter einer Magd,
Der einst der Graf es zugesagt,
Weil sie gedient in Treuen,
Zu wachen ob der Dirne Ehr’,
Und dachte die zu kranken wer,
Den sollte es gereuen!
Einmal durch trunkner Soldner Schar
Das Magdlein in Bedrangnis war,
Da sturzt’ mit gluh’nder Stirne
Herr Kurt hinzu, die Wehr’ in Hand:
“Der Mundel Schimpf, des Vormunds Schand’!
Ihr gebt mir frei die Dirne!”
Die Soldner fochten toll und blind,
Dieweil Herr Kurt gemach bedient
Die ungebetnen Gaste;
Die hatten bald vollauf genug
Und zogen hinkend und mit Fluch
Aus der verwunschten Feste.
Und nun in seines Todes Nah’
Geschieht der Dirne hart und weh,
Sie spricht mit Handefalten:
“Wenngleich, ob seiner Sunden Zahl,
Du ihm verwehrst den Himmelssaal,
O Herr, lab Gnade walten!
O gib, was er auch andern that,
Doch meiner Unschuld Flehen statt,
Das werd’ ihm zum Gewinste.
Verdamm ihn nicht zur Holle Glut,
O glaub, das Fegefeuer thut
Gewib dieselben Dienste!”
Da seufzt der Ritter: “Welch ein Schwank!
Ein Tropflein That, ein Meer voll Dank!
Bei meiner armen Seelen,
Ich wubt’ nicht, vor’s zu Ende ging,
Dab Gutthat so ein grobes Ding,
Sonst wurd’ ich mehre zahlen.
Doch tragt uns wie auf Engelsarm
Zum Himmel guter Thaten Schwarm,
Dann wiegt im Hollenschrecken
Auch eine einz’ge That noch viel,
Es kann kein Flammenzungenspiel
Sie je zunichte lecken.
Dab ich vor heiber Gierde dich
Beschutzte, Maid, das wird nun mich
Dort unt’ gelinde facheln…”
Da sinkt sein Haupt, er streckt sich lang.
Was pragt dir auf die starre Wang’,
Du grauer Schuft, ein Lacheln?